Herne. Auch in Herne werden Menschen anonym und ohne Trauerfeier bestattet. Wie ein Gedenkgottesdienst einen würdigen Rahmen für diese Menschen schafft.
Anonym und ohne Trauerfeier bestattet, aber nicht vergessen: In einem ökumenischen Gottesdienst ist am Dienstagabend in der Herze-Jesu-Kirche 40 Hernerinnen und Hernern gedacht worden, die zuvor im Auftrag der Stadt beigesetzt worden waren.
Für jeden dieser Menschen zündete Diakon Robert Prüßner von St. Dionysius auf dem Altar des Gotteshauses an der Düngelstraße eine Kerze an, während die evangelische Pfarrerin Katja Lueg (Kreuzkirchengemeinde) die Namen der zwischen 53 und 96 Jahre alten Verstorbenen verlas. „Wir nennen sie ,die Unbedachten’“, sagte Prüßner. Und: Jede Kerze stehe für eine einmalige Geschichte, so Lueg.
Krankenhausseelsorgerin gab 2012 den Anstoß
Die Würdigung dieser „einmaligen Geschichten“ geht auf einen neun Jahre zurückliegenden Anstoß der evangelischen Krankenhausseelsorgerin Katharina Henke zurück. Seitdem finden in Herne alle drei Monate ökumenische Gedenkgottesdienste für die nach sogenannten „ordnungsbehördlichen Verfahren“ beigesetzten Menschen statt.
„Was ist mit alleinstehenden Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben und irgendwann aus der Kurve geflogen sind? Bei denen es keine Angehörigen gibt oder bei denen der Partnerin oder der Partner von Hartz IV lebt und die Bestattungskosten nicht zahlen kann“, fragt Henke. Diese Menschen müssten auch nach ihrem Tod genauso anständig und würdevoll behandelt werden wie alle anderen, sagt die Pfarrerin.
Zahl der ordnungsbehördlichen Bestattungen stieg an
Für rund 110 Menschen seien 2012 Gedenkgottesdienste durchgeführt worden, erinnert sie sich. Die Zahl ist inzwischen deutlich gestiegen. In diesem Jahr habe die Stadt bisher 183 ordnungsbehördliche Bestattungen durchgeführt, berichtet Michael Habon vom Fachbereich Öffentliche Ordnung. 2020 seien es insgesamt 186 Sterbefälle gewesen.
Die Sachkosten für Beerdigungen durch die Stadt lägen zwischen 1100 und 1700 Euro plus Gebühren, so Habon. Die Beisetzungen fänden überwiegend auf dem Herner Friedhof an der Wiescherstraße statt, darüber hinaus würden unter besonderen Umständen aus Kostengründen auch der Bochumer Hauptfriedhof und der Kommunalfriedhof in Lüdenscheid genutzt. Grundsätzlich wird feuer- bzw. urnenbestattet. Selbstverständlich würden religiöse Besonderheiten berücksichtigt, betont die Stadt.
Zurück zum Gedenkgottesdienst: 15 Menschen fanden sich diesmal in der Herz-Jesu-Kirche ein, um Abschied zu nehmen. Nach dem knapp 40-minütigen Gottesdienst bestand - wie üblich - die Gelegenheit, sich am Ausgang in ein Trauerbuch einzutragen. Während sich nach früheren Gottesdiensten auch schon mal Kinder („Tschüss Papa“) oder Kegelbrüder („Ein letztes ,Gut Holz’!“) darin verewigt hatten, blieb es diesmal bei einem an alle „Unbedachten“ gerichteten Eintrag: „Wir haben Eurer gedacht. Ruht in Frieden“.
>>> WEITERE INFORMATIONEN: Im Wechsel in zwei Kirchen
Die ökumenischen Gedenkgottesdienste finden alle drei Monate im Wechsel in der evangelischen Christuskirche (Wiescherstraße) oder in der katholischen Kirche St. Konrad statt.
Aufgrund der steigenden Infektionszahlen wichen die Kirchen diesmal von der St. Konrad-Kirche in die größere Herz-Jesu-Kirche aus.