Der traditionelle Konjunkturausblick der WAZ Herne steht unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Das sagen Firmen und Verbände.

Der traditionelle Konjunkturausblick der Herner WAZ steht diesmal naturgemäß unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. So blicken Unternehmen, Kammern und Wirtschaftsförderung auf das neue Jahr.

Isap

"Nach dem herausfordernden Geschäftsjahr 2020, speziell nach dem ersten Lockdown im März mit der Absage aller wichtigen Messen und Präsenzveranstaltungen und einem damit verbundenen starken Rückgang des Investitionsverhaltens, vermerken wir seit Spätsommer wieder eine gewisse Normalität bei unseren Interessenten und Kunden", so Isap-Chef Norbert Assen. Das Thema Digitalisierung habe im Geschäftsprozess erheblich an Wichtigkeit zugenommen. Die Verfügbarkeit von Daten im Prozess sei unabdingbar. Assen: "Wir gehen daher verhalten optimistisch in das neue Jahr 2021 und planen ein Ergebnis auf dem guten Niveau von 2019."

Vulkan-Gruppe

"Corona hat uns als Katalysator unsere Hausaufgaben noch einmal vor Augen geführt, welches wir zum Anlass genommen haben, noch aktiver an diesen zu arbeiten", so Vulkan-Geschäftsführer Sebastian Meise. Brasilien und China entwickelten sich aktuell sehr gut, und auch die hohen Investitionen der vergangenen Jahre, unter anderem am Stammsitz Herne, zeigten ihre Wirkung. Die Projektlage sei gut, es gehe vielmehr darum, die durch Corona geprägten Unsicherheiten zu überwinden und gemeinsam mit neuen Erfahrungen gestärkter als zuvor aus dieser Phase herauszukommen. Die Zeichen dafür seien positiv.

Fläkt Group

"Das Jahr 2020 war getrübt von Corona-bedingtem Umsatzrückgang von etwa zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr", so Fläkt-Finanzvorstand Jens Heymann. "Für 2021 erwarten wir grundsätzlich eine Erholung der Auftragslage, allerdings erst im zweiten Halbjahr." Angespannt sei noch der Absatzmarkt für das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Tourismus. Wie sich der Neubau von Büroflächen entwickelt, werde sich zeigen. Heymann: "Wir rechnen jedoch mit einer eher schleppenden Nachfrage für 2021 und in Folge dessen mit einer Belebung in 2022."

Allerdings könnten sich in 2021 auch positive Sondereffekte ergeben durch: Investitionen in Infrastruktur sowie in den Pharma- und Gesundheitsbereich; Wachstum von Data-Zentren, die Fläkt schon jetzt bediene; hinzukommen könne eine wachsende Nachfrage nach Fläkt Groups Belüftungssystemen und den neuartigen Luftreiniger AP-BIO zur keim- und virenfreien Belüftung. Heymann: "Auch sehen wir bereits jetzt einen Anstieg der Sanierungen bestehender Anlagen in Hotels und Büros sowie Neuanschaffungen in öffentlichen Gebäuden, Schulen oder Restaurants." Insgesamt geht die Fläkt Group von einer recht positiven Entwicklung für 2021 aus.

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Heitkamp-Unternehmensgruppe

Das Jahr 2020 sei trotz Corona ordentlich gelaufen, so Jörg Kranz, Chef der Heitkamp-Unternehmensgruppe. Man habe mit einer reduzierten Bauleistung kalkuliert, und diese werde auch erreicht. Auf 2021 blickt Kranz verhalten. Da Heitkamp sehr stark von Aufträgen der öffentlichen Hand abhängig sei, habe er die Sorge, dass die Planungen dort angesichts von Corona nur langsam voranschreiten. Die Zahl der Ausschreibungen sei spärlich. Eine reduzierte Bauleistung fürchtet er auch wegen der neu geschaffenen Autobahngesellschaft des Bundes. Diese werde zunächst viel mit sich selbst zu tun haben. Das Geschäft mit Flughäfen - Heitkamp ist Spezialist bei der Sanierung von Startbahnen - sei ein Totalausfall. Zwar entwickle Heitkamp Flächen im Ruhrgebiet auf eigene Rechnung, doch dies könne das andere Geschäft nicht ausgleichen.

IHK Mittleres Ruhrgebiet

Eric Weik, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet, geht davon aus, dass 2021 ein gutes Jahr für Herne und die Menschen in Herne wird: „Herne hat nicht nur die Spitzenposition im IHK-Bezirk bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen inne, sondern setzt schon länger mit spürbarem Erfolg auf die Karte Zukunft. Herne ist zu einem Synonym für Aufbruch geworden", so Weik. Erfolgversprechende Projekte von Wirtschaft bis Wissenschaft seien angestoßen. Der Realisierung der International Technology World auf Zeche Blumenthal werde Herne 2021 wichtige Schritte näherkommen. Weitere Neuansiedlungen stünden im Raum, die Arbeitsplätze und Mehrwerte schafften.

Kreishandwerkerschaft

Kreishandwerksmeister Hans-Joachim Drath sieht unterschiedliche Aussichten für die Betriebe. Es komme auf die Branche an: Alle Gewerke rund um den Bau seien noch in einer gute Lage. Viele Menschen steckten auf Grund der Situation Geld in ihre Immobilien. Doch die Corona-Pandemie könnte später auf die Bau-Gewerke durchschlagen, weil Unternehmen weniger Geld für Investitionen hätten. Bei anderen Gewerken sei die Lage alles andere als rosig. So seien Friseure erneut im Lockdown, aber auch für Fleischereien und Bäckereien seien Aussichten nicht besonders gut. Zwar dürfte sie noch verkaufen, doch die Umsatzbringer wie Catering oder Café seien weggefallen. Drath fürchtet, dass es einige Betriebe nach der Pandemie nicht mehr geben wird. Daneben gelte es, die Kreishandwerkerschaft selbst zukunftssicher zu machen. Die Pandemie habe gezeigt, dass es bei der Struktur Nachholbedarf gebe.

Wirtschaftsförderung

Für Holger Stoye, Chef der Herner Wirtschaftsförderung, waren die Aussichten nie ungewisser als in der jetzigen Situation. Man könne nicht über den Lockdown - der ja möglicherweise verlängert wird - hinausschauen. Stoye sieht in der Unternehmenswelt eine Drittelung: Einem Drittel, etwa im Bau- und der Gesundheitswirtschaft sowie in der Industrie, gehe es trotz Pandemie verhältnismäßig gut. Diese Unternehmen stellten sogar Personal ein. Das zweite Drittel sei angesichts der Lage sehr vorsichtig, doch mit der begonnenen Impfkampagne steige die Wahrscheinlichkeit, dass diese Unternehmen durch die Krise kommen. Das dritte Drittel habe gravierende Probleme, der ein oder andere Betrieb werde wohl nicht durchhalten. Gerade für den Einzelhandel und die Gastronomie sei die Zukunft ungewiss.