Herne. Der Gestaltungsbeirat, der in Herne vor fünf Jahren seine Arbeit aufgenommen hat, hat nun eine Bilanz seiner Arbeit gezogen. So fällt sie aus.
Die erste „Legislaturperiode“ ist vorüber: Vor fünf Jahren hat der Gestaltungsbeirat seine Tätigkeit aufgenommen. Seine Aufgabe: Beratung bei städtebaulichen Projekten. Am Dienstag zogen Stadt und Prof. Andreas Fritzen als Vorsitzender des Beirats eine Bilanz.
„Das war eine gute Idee aus dem Fachbereich Stadtplanung, so einen Beirat einzuberufen“, so Oberbürgermeister Frank Dudda. Dies sei zuvor ein blinder Fleck gewesen. Als sich die Stadt vor einigen Jahren dazu entschlossen habe, Herne in weiten Teilen zu erneuern, sie dieser Beitrag ein wichtiger Baustein gewesen, um einen Qualitätsanspruch in Herne zu erfüllen. Dudda erinnerte an die Zeit davor: Herne habe sich in Sachen Stadtentwicklung in einer defensiven Rolle befunden. „Es ging eher um die Frage, ob jemand bereit ist, in Herne zu investieren, die Frage der Qualität stand nicht im Vordergrund.“ In den vergangenen fünf Jahren habe Herne gute Erfahrungen mit dem Beirat gemacht, er habe die Stadt nach vorne gebracht. „Herne sieht einfach besser aus als vor fünf Jahren.“
Das Ziel: Den Lebensraum der Menschen mit Neubauten verbessern
Auch Andreas Fritzen, Professor für Städtebau und Entwerfen an der Hochschule Bochum, zieht ein positives Fazit. Die Zielsetzung habe sich bewährt. „Wir setzen uns vorrangig für Baukultur ein. Wir kümmern uns um die Frage, wie sich die Baugestaltung auf den öffentlichen Raum auswirkt.“ Es gehe nicht nur darum, ein geplantes Gebäude zu verschönern, sondern auch darum, wie der Lebensraum für die Menschen mit den Neubauten verbessert werden kann.
Als konkretes Beispiel nannte Fritzen den Neubau, den die Wewole an der Castroper Straße plant. Der Standort befindet sich gegenüber der Siedlung Teutoburgia. Deshalb müsse man die räumliche Wirkung zwischen der denkmalgeschützten Siedlung und dem Neubau betrachten. Es hätten sich in zwei Beratungen Fragen ergeben wie: Wie sitzt das Gebäude an der Ecke? Wie weit greift das Gebäude in den Straßenraum ein? Wie führt es die Dachform weiter? Wie sieht der Eingang aus? Welche Materialien werden verwendet? Man habe sich in zwei Sitzungen mit den Plänen beschäftigt.
Der Beirat gibt nur Empfehlungen und fällt keine Entscheidungen
Der Beirat sei von vornherein so aufgestellt worden, dass mehrere Disziplinen vertreten sind: Architektinnen und Architekten, aber auch ein Landschaftsarchitekt gehören ihm an. Fritzen selbst vertritt den Bereich der Stadtplanung. Durch diesen Austausch ergebe sich eine fundierte Beratungsleistung. Wobei Fritzen betont, dass der Beirat keine Entscheidung fälle, sondern lediglich berate. „Wir können nicht sagen: So soll es sein. Aber wir kommen mit den vielen Beteiligten an einem Projekt oft in einen produktiven Austausch.“
Der Gestaltungsbeirat in Herne sei im Vergleich zu anderen Städten ungewöhnlich groß. Dadurch ergänze sich das Fachwissen über die Stadt mit dem Fachwissen der externen Mitglieder. Deshalb gebe es nicht nur die wissenschaftliche Sicht auf Projekte.
In fünf Jahren wurden rund 100 Projekte diskutiert
Auch die Verwaltung empfinde die unabhängige Beratung von außen für Projekte als sehr nützlich, so Achim Wixforth, Fachbereichsleiter Planung. Einen Perspektivwechsel für ein Projekt von unabhängigen Fachleuten aufgezeigt zu bekommen, helfe der Stadt weiter. Mehr als die Hälfte der Projekte habe durch die Beratung im Gestaltungsbeirat einen anderen Verlauf genommen. In den fünf Jahren seien rund 100 Vorhaben im Beirat vorgestellt worden.
Wixforth verschwieg nicht, dass es in der Anfangsphase Vorbehalte bei Architekten und Projektentwicklern gegeben habe. Es habe das Gefühl gegeben, dass man statt einer Einladung eine Vorladung bekomme. Dies sei selbstverständlich nicht der Fall. Wixforth bestätigte auf Nachfrage der WAZ, dass man die Einladung auch ausschlagen könne und die Empfehlungen berücksichtigen kann, aber nicht muss, wenn etwa andere Sachzwänge bei einem Vorhaben Vorrang haben.
Es werde im Beirat auch zunehmend breiter diskutiert. Der Beirat sei mit dem Fokus auf Hochbauprojekte gestartet, bei denen Fassadengestaltung, Dachkonstruktion oder Materialien diskutiert worden sind, inzwischen sei das Spektrum breiter, von Wettbewerben bis hin zu Fragen der Klimafolgenanpassung.
>>> EXPERTEN FÜR FÜNF WEITERE JAHRE BERUFEN
■ In der Sitzung des Planungsbeirats am Dienstag sind die bisherigen fünf externen Experten für eine zweite Amtszeit berufen worden.
■ Neben Prof. Andreas Fritzen sind dies: Frank Flor, club L94 Landschaftsarchitekten GmbH; Ursula Pasch, Brüchner-Hüttemann Pasch Architekten + Generalplaner GmbH; Annette Paul, Lorber Paukl Architekten; Professor Oskar Spital-Frenking, Professoren Spital-Frenking und Schwarz.
■ Außerdem gehören dem Beirat an: der Vorsitzende des Planungsausschusses, je ein Mitglied aus einer Ratsfraktion, der Planungsdezernent, der Baudezernent und ein Vertreter der Wohnungswirtschaft.