Herne. Ein Schrotthaus hat in Herne jahrelang ein Quartier verschandelt. Die Wewole-Stiftung hat es gekauft. Nun kommt dort ein ungewöhnlicher Neubau.
Knapp zehn Jahre lang hat ein „Schrotthaus“ auf der Castroper Straße in Herne erst die Nachbarn, dann halb Holthausen und später auch die Stadt und die Politik beschäftigt. Der Ärger über das Gebäude, das immer mehr verwahrloste, wuchs ständig. Nun gibt es doch noch ein Happy-End: Die Wewole-Stiftung baut dort ein futuristisches Wohnheim.
Einen „echten Schandfleck“ habe die Wewole-Stiftung, die ehemaligen Werkstätten für Behinderte, da vor einem Jahr gekauft, bekannte Wewole-Chef Rochus Wellenbrock am Mittwoch bei der Vorstellung der Pläne. Das ehemalige Wohn- und Geschäftshaus an der Castroper Straße 282, in dem früher unter anderem auch eine Taxi-Zentrale und ein Getränkemarkt untergebracht waren, lag nicht nur den direkten Nachbarn schwer im Magen. Auch viele Autofahrer, die dort entlang fuhren, schüttelten über die Jahre nur noch mit den Köpfen über den Anblick. Bis zum Sommer 2019: Da kam die Abrissbirne, später wurde das Gelände umzäunt, dann eine Wiese gesät. Und nun sollen im Sommer 2020 die Bagger anrollen.
Die ersten Bewohner sollen im April 2021 einziehen
Die Wewole will dort für 2,5 Millionen Euro ein dreigeschossiges Wohnheim für 24 Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen bauen – als Ersatz für einen anderen Standort, sagte Stiftungschef Wellenbrock. Zum Haus gehörten auch Begegnungsräume, Teeküchen und Betreuungsräume. Geplant sei der Einzug der ersten Bewohner im April kommenden Jahres. Auffällig: Das Gebäude nach den Plänen des Herner Planungsbüros Wallmeier und Stummbillig (WS) sieht Blöcke in quadratischer Bauweise vor – „futuristisch“, nannte sie Wellenbrock, „spannend“ oder schlicht „moderne Kästen“. Es sei architektonisch ein Bruch zu den benachbarten Häusern – bewusst. „Es passt richtig gut ins Quartier“, meint er.
Mit dem Neubau könne die Wewole endlich auch in Holthausen Fuß fassen, sagt der Wewole-Chef: „Dort sind wir bislang nicht präsent.“ Das Gelände passe, deshalb habe die Stiftung zugegriffen. Nicht zuletzt habe die Wewole aber auch helfen wollen, besagten Schandfleck zu beseitigen: „Wir wollten etwas für die Stadtgesellschaft tun.“
SPD-Ortsverein Börnig-Holthausen war aktiv beteiligt
In diesem Zusammenhang erinnerte Wellenbrock an den langen Weg, der zurückgelegt wurde, um das verwahrloste Gebäude zu kaufen und abzureißen: „Da waren echte Wirrungen des Lebens im Spiel.“ Gemeint ist: Es war der SPD-Ortsverein Börnig-Holthausen rund um das Mitglied Heinz Letat, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Schandfleck zu beseitigen.
Er nahm Kontakt zu dem in den Niederlanden lebenden türkischstämmigen Eigentümer der Immobilie auf, fuhr sogar mit SPD-Ratsherr Muzaffer Oruc zu Gesprächen mit dem Eigentümer nach Rotterdam. Nach mehreren Runden waren sich am Ende alle einig – und das abbruchreife Haus wurde verkauft. „Das war ein Husarenstück“, bilanzierte Jörg Högemeier, Ortsvereinschef der SPD in Börnig-Holthausen, vor einem Jahr, als die Wewole das Haus übernahm.
Die Stadt zeigt sich sehr zufrieden mit der Entwicklung. Die Verwaltung sei der Wewole „sehr dankbar“, dass sie den Schandfleck beseitigt habe, sagte Stadtsprecher Christoph Hüsken. Die Stiftung nehme mit dem Neubau „sehr positiv Einfluss“ auf die Entwicklung im Quartier. Kurz: Die Pläne seien eine „sehr runde Sache.“
Wewole informiert die Nachbarn
Bevor gebaut wird, muss der Gestaltungsbeirat der Stadt noch grünes Licht geben, außerdem steht noch die Baugenehmigung aus. Die Nachbarn werden bei einer Bürgerveranstaltung über die Pläne informiert: am Mittwoch, 25. März, 18 Uhr, im Saal der Gemeinde St. Dreifaltigkeit (Börsinghauser Straße 60).
Mieter, betont Wewole-Chef Wellenbrock, werden aber nicht mehr gesucht. Die Bewohner stünden schon fest und zögen nur in den Neubau um. Das Interesse scheint groß. Als bekannt wurde, dass die Wewole dort bauen will, „haben bei uns tagelang die Telefone geklingelt“, sagte er.