Herne. In der Tagespflege des Arbeiter-Samariter-Bundes in Herne können die Gäste eine sogenannte Tovertafel testen. Wie das Spielgerät ankommt.

Es ist ein Freundschaftsspiel der etwas anderen Art: Auf dem Tisch ein virtuelles Spielfeld, der animierte Ball wird nicht mit den Füßen, sondern mit den Händen gespielt. Die Spielerinnen und Spieler sind längst keine 19 mehr, aber in Sachen Kampfgeist stehen sie dem Nachwuchs aus den Profiligen in nichts nach. Wolfgang Bloch - in seinen besten Jahren selbst leidenschaftlicher Fußballer - beweist Gefühl für das virtuelle Leder und trifft gleich zweimal hintereinander. „Wir beide sind schnell“, freut sich seine Teampartnerin Hilde Knittel. „Das sind Schummler!“, hält das gegnerische Team lautstark dagegen.

So hitzig geht es mitunter im Aufenthaltsraum der Tagespflege des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Herne-Baukau zu, seit dort vor kurzem eine sogenannte Tovertafel installiert wurde. Über einem Tisch angebracht, projiziert das Gerät virtuelle Spielfelder auf die Tischplatte. Die Spieler können aus über dreißig Spielen mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden wählen. Die Bedienung ist denkbar einfach, denn die Tafel erkennt über einen Sensor Handbewegungen. Durch bloßes Streichen oder Tippen auf dem Tisch können die Nutzer durchs Spiel navigieren.

ASB Herne: Spielgerät trainiert Gedächtnis, Reaktionsfähigkeit und mehr

Das Spielgerät wird über einem Tisch angebracht. Die Auswahl der Spiele läuft über eine Fernbedienung. Im Spiel selbst ist diese nicht mehr nötig - das Gerät erkennt die Handbewegungen der Spieler.
Das Spielgerät wird über einem Tisch angebracht. Die Auswahl der Spiele läuft über eine Fernbedienung. Im Spiel selbst ist diese nicht mehr nötig - das Gerät erkennt die Handbewegungen der Spieler. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

„Mit der Tafel können wir sowohl orientierten Menschen eine Beschäftigung anbieten, aber eben auch Menschen, die kognitiv eingeschränkt sind“, erklärt Tobias Ahrens, Geschäftsführer des ASB-Regionalverbandes Herne-Gelsenkirchen. Berührungsängste gebe es von Seiten der Senioren keine. Ganz im Gegenteil: Viele seien sehr neugierig gewesen, was es wieder neues gebe. „Alleine durch die Gemeinschaft gewöhnen sich die Gäste schnell daran“, so Ahrens. „Die Spiele machen Spaß und trainieren Dinge, die im Alter nicht mehr so ganz selbstverständlich sind.“

Der Experte erklärt: Während klassische Gesellschaftsspiele wie Memory als Gedächtnistraining dienen, könnten Spiele wie „Schlag den Maulwurf“ die Reaktionsfähigkeit fördern. Musikspiele, so Ahrens weiter, eignen sich besonders für Demenzkranke, die oft gut auf musikalische Reize reagieren. Noch dazu stärke das gemeinsame Spielen das Gemeinschaftsgefühl der Senioren, betont Ahrens Mitgeschäftsführer Andreas Reifschneider. Besonders die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass viele ältere Menschen unter Vereinsamung litten. Dem wolle man mit der Betreuung in der ASB-Tagespflege entgegenwirken - auch mithilfe der Tovertafel.

Herner Verein stellt Tovertafel zur Verfügung

Das moderne Spielgerät gehört aber nur vorübergehend zum Inventar der ASB-Tagespflege. Zur Verfügung gestellt wird die Tafel vom Verein Vielfalt e.V. Dieser ist schwerpunktmäßig in Herne und Castrop tätig und unterstützt mit Geld- und Sachspenden Heime und Pflegeeinrichtungen, insbesondere in der Palliativbetreuung. Die Tovertafel solle aber nicht nur einer Einrichtung zugute kommen. „Mit dem ASB haben wir schon immer gut zusammengearbeitet“, so der 1. Vorsitzende des Vereins, Anton Preißig. „Deshalb haben wir uns entschieden, die Tafel zuerst der Tagespflege zur Verfügung zu stellen.“ In ein paar Wochen werde sie dann an eine andere Einrichtung weitergegeben. Das Interesse sei groß, so Preißig, einige Einrichtungen hätten sich schon gemeldet.

Die beiden ASB-Geschäftsführer Andreas Reifschneider (l.) und Tobias Ahrens (r.) freuen sich, die Tovertafel in der ASB-Tagespflege testen zu dürfen. Gestellt wird die Tafel vom Verein Vielfalt e.V., hier vertreten durch den 1. Vorsitzenden Anton Preißig (2.v.l.) und Vorstandsmitglied Rainer Burg (2.v.r.).
Die beiden ASB-Geschäftsführer Andreas Reifschneider (l.) und Tobias Ahrens (r.) freuen sich, die Tovertafel in der ASB-Tagespflege testen zu dürfen. Gestellt wird die Tafel vom Verein Vielfalt e.V., hier vertreten durch den 1. Vorsitzenden Anton Preißig (2.v.l.) und Vorstandsmitglied Rainer Burg (2.v.r.). © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Entwickelt und hergestellt werden die Tovertafeln von einer holländischen Firma. „Holland ist im Bereich Behinderten- und Demenzpflege weiter als wir“, erklärt Rainer Burg, Vorstandsmitglied im Verein. Bei unseren Nachbarn werde das Gerät schon jahrelang bei der Betreuung von Demenzkranken eingesetzt. In Deutschland seien die Tovertafeln noch nicht so weit verbreitet, so Burg. Das hänge auch mit den hohen Anschaffungskosten zusammen. Die liegen pro Tafel zwischen 6000 und 8000 Euro. „Wir Träger versuchen immer, solche Dinge zu ermöglichen“, betont Tobias Ahrens vom ASB. „Aber das ist oft kaum finanzierbar.“ Umso dankbarer sei man beim ASB, die Tafel zuerst testen zu dürfen. Die Spiele seien eine tolle Ergänzung zu den sonstigen Aktivitäten in der Tagespflege und hätte unter den Gästen schon für „große Begeisterung“ gesorgt.

>>> WEITERE INFORMATIONEN: ASB-Tagespflege und Tovertafel

  • Die Tagespflege des ASB an der Kaiserstraße 93 in Herne-Baukau hat 2021 eröffnet. Die Einrichtung bietet Seniorinnen und Senioren mit Pflegegrad eine ganztägige, individuelle Betreuung, die gemeinsame Mahlzeiten und – von Gleichgewichtsübungen bis Rollatortraining – verschiedene Aktivitäten umfasst.
  • Neben Aufenthaltsräumen, Küche und Terrasse gibt es in dem Neubau auch Spiel- und Ruheräume. Ein Teil des Gebäudes beherbergt barrierefreie Wohnungen, die der ASB vermietet. Mehr zur Tagespflege unter www.asb-tagespflege-herne.de.
  • Die Tovertafel des Vereins Vielfalt soll noch für eine Weile in der ASB-Tagespflege bleiben, dann wird sie weitergegeben. Interessierte Einrichtungen können sich per Mail (info@vielfalt-herne.de) oder telefonisch (0800 22200085) an den Verein wenden. Weitere Infos unter www.vielfalt-herne.de.