Herne. Todkranke Menschen leiden meist unter starken Schmerzen und Angstzuständen. Wie in Herne sogenannte Notfallboxen Sterbenden nun helfen sollen.
Palliativmedizin setzt dort an, wo Krankheiten unheilbar sind und der Tod unausweichlich wird. Um schwerkranken Patientinnen und Patienten den letzten Lebensabschnitt so angenehm wie möglich zu gestalten, haben sich der Palliativ-Medizinische Konsiliardienst (PKD) und das Palliativnetzwerk Herne, Wanne-Eickel, Castrop-Rauxel zusammengetan und die sogenannte Notfallbox auf den Weg gebracht.
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„So ermöglichen wir den Patienten eine angemessene Versorgung zu Hause, auch in einer Notsituation“, sagt Karin Blome. Sie ist eine der vier Krankenschwestern, die beim PKD als Koordinatorin tätig ist. Ihre Aufgabe ist es, Menschen, die zu Hause palliativ behandelt werden, zu besuchen und zu betreuen. „Die häufigsten Symptome bei unseren Patienten sind Übelkeit, starke Schmerzen, Luftnot und Unruhe“, sagt sie. Damit den Todkranken überflüssige Krankenhausaufenthalte erspart bleiben, ermögliche die Notfallbox den Angehörigen, in akuten Fällen Medikamente selbst zu verabreichen.
Herner Arzt: Angehörige stehen unter maximalem Stress
Hat der Hausarzt erstmal die Notwendigkeit der palliativ-medizinischen Behandlung festgestellt, legen die PKD-Koordinatorinnen in engem Austausch mit den Palliativ-Medizinern fest, ob der Einsatz einer Notfallbox in Frage kommt. Dr. Axel Münker, Leitender Arzt des PKD, erklärt den Ablauf: „Die Medikamente werden verschrieben und in unseren Partner-Apotheken in der Box zusammengestellt. Die Koordinatorinnen erklären den Angehörigen dann den Einsatz der Medikamente.“
Wichtig sei es dabei, die Angst vor der Medikamentengabe zu nehmen und eine gewisse Ruhe zu vermitteln. „Wir vermitteln die Medikamentengabe ganz niederschwellig“, so Münker. Im Falle eines akuten Notfalls stehe der PKD über eine Hotline 24 Stunden zur Verfügung, tagsüber die Koordinatorinnen, nachts der diensthabende Palliativarzt. „So geben wir den Patienten und ihren Familien etwas mehr Sicherheit und können sie in dieser maximalen Stresssituation anleiten“, sagt sagt Dr. Samuel Uecker, Palliativarzt des PKD.
150 Notfallboxen in Herne und Castrop-Rauxel verteilt
Im ersten Durchgang sind 600 Notfallboxen produziert worden, einfache Pappkartons mit einem Flyer, der die wichtigsten Informationen und Telefonnummern bündelt. „In Herne und Castrop-Rauxel haben wir seit Ende Januar 150 Boxen im Einsatz“, sagt Apotheker Christian Wald, Vorstand des Palliativnetzwerks. Neben Morphinampullen beinhalteten die Boxen meist Medikamente gegen Angstzustände, Cortison oder auch Abführmittel. Die meisten Medikamente werden durch Spritzen verabreicht, einige aber auch oral oder rektal. „Nicht alle Patienten sind in der Lage zu schlucken“, so Wald.
„Das Feedback bislang ist durch und durch positiv“, sagt Dr. Axel Münker. Die Zusammenarbeit mit dem Palliativnetzwerk werde von der Stadt Herne und der Kassenärztlichen Vereinigung unterstützt. „Damit grenzen wir uns von anderen Anbietern ab.“ Die Box sei bewusst schlicht gehalten worden, um zum einen die Herstellungskosten (pro Karton 60 bis 80 Cent) gering und die Anwendung möglichst einfach zu halten. „Neben den regulären Kosten für die Rezepte fallen für die Patienten keine Mehrkosten an“, sagt Münker. „Damit möglichst viele Menschen davon profitieren können.“
>>> Der Palliativ-Medizinische Konsiliardienst (PKD)
- Im Palliativ-Medizinische Konsiliardienst (PKD) haben sich speziell qualifizierte Ärzte und Pflegefachkräfte (Koordinatoren) zusammengeschlossen, um schwerkranke Menschen und deren Angehörige zu Hause, in Pflegeeinrichtungen oder im Hospiz zu begleiten.
- Weiterführende Informationen zu den beiden Organisationen gibt es online unter www.palliativ.ruhr sowie www.palliativ-netzwerk.de. Die Nummer der PKD-Hotline lautet: 08 00 / 88 11 400.