Herne. Wie steht es um das Angebot an Pflegeplätzen in Herne? Ein neuer Pflegeplan liefert eine Bestandsaufnahme und einen Blick in die nahe Zukunft.

Der Rat der Stadt hat am Dienstag die Pflegeplanung für die Jahre 2022 bis 2024 in Herne beschlossen. Das Ergebnis auf den Punkt gebracht: Das Angebot der stationären Pflegeplätze deckt in diesem Zeitraum den Bedarf, die Zahl der Pflege-Wohngemeinschaften nimmt zu. Es gibt allerdings noch kleine Fragezeichen.

Die Pflegeplanung

Zum vierten Mal seit 2018 hat die Verwaltung einen verbindlichen Pflegeplan vorgelegt - mit dem Ziel, die Versorgungsstruktur für pflegebedürftige Menschen sicherzustellen. Außerdem soll ein Überangebot an Pflegeplätzen verhindert werden. Die Methodik: Für den Zeitraum von 2022 bis 2024 wird die vom Land prognostizierte Zahl der Herner Pflegebedürftigen mit den Kapazitäten verglichen. Erstmals wurden dabei auch Pflegewohngemeinschaften in den Blick genommen.

Das sagt der Dezernent

„Wir sind derzeit gut aufgestellt“, erklärt Sozialdezernent Johannes Chudziak. Es stünden einige Neubauten von stationären Einrichtungen an, mit denen es statistisch sogar eine leichte Überversorgung bei den Pflegeplätzen geben würde. Selbst wenn sich eines der bis 2024 geplanten neuen Seniorenheime nicht realisieren lasse, seien Dank der zusätzlichen Kapazitäten in Pflegewohngemeinschaften keine Engpässe zu erwarten.

Hernes Sozialdezernent Johannes Chudziak erwartet bis 2024 keine Engpässe bei den Kapazitäten in Pflegeeinrichtungen.
Hernes Sozialdezernent Johannes Chudziak erwartet bis 2024 keine Engpässe bei den Kapazitäten in Pflegeeinrichtungen. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Die Zahlen

In Herne gibt es nach Angaben der Stadt aktuell 22 vollstationäre Pflegeeinrichtungen mit insgesamt 1889 beziehungsweise 1729 Plätzen (ohne Kurzzeitpflegeplätze). Vier Träger betreiben gleich mehrere Heime: das Deutsche Rote Kreuz (3), der Arbeiter-Samariter-Bund (3), die Arbeiterwohlfahrt (2) und Protea Care (2). Fünf vollstationäre Heimen mit 615 Plätzen sollen bis 2024 neu gebaut werden, so die Stadt. Gemessen an der Prognose des Landes - Herne benötige bis 2025 insgesamt 2300 Pflegeplätze - stünde unterm Strich ein leichtes Plus von 44 Plätzen.

Geplante Einrichtungen

Fünf konkrete Neubauvorhaben hat die Stadt auf der Rechnung, im Einzelnen: ein Senioren- und Pflegezentrum des ASB an der Germanenstraße in Baukau (80 Plätze), ein Pflegeheim des privaten Trägers Belia an der Baumstraße in Herne-Mitte (135 Plätze), eine weitere Belia-Einrichtung an der Roonstraße/Albert-Klein-Straße - ehemaliges Kreiskirchenamt - in Horsthausen (80), ein Pflegeheim von Protea Care im Shamrockpark/Brunnenstraße in Holsterhausen (80) und eine neue Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt an der Karlstraße in Wanne (80).

Die Pflege-Wohngemeinschaften

Erstmalig finden Pflege-Wohngemeinschaften Berücksichtigung in der kommunalen Planung. Diese böten Pflegebedürftigen ein Zuhause, in dem sie selbstbestimmt bis zum Lebensende verbleiben könnten, beschreibt die Stadt dieses Angebot. Das Engagement Angehöriger und die Einbindung von Ehrenamtlichen gehörten zum Konzept. Insgesamt neun Einrichtungen listet die Verwaltung auf: zwei selbstverantwortete Wohngemeinschaften mit insgesamt 16 Plätzen in Wanne-Mitte sowie sieben Wohngemeinschaften von Anbietern mit 113 Plätzen, darunter vier Demenz-WGs. Vier weitere Projekte unterschiedlichster Art mit insgesamt 57 Plätzen seien darüber hinaus in Planung, berichtet die Verwaltung.

Die Fragezeichen

Still geworden ist es um die bereits 2017 vorgestellten Pläne für den Neubau eines Seniorenzentrums am ehemaligen BMW-Procar-Standort Baumstraße in Herne-Mitte. Ein Vertreter des Investors Cureus (Hamburg) erklärt auf Anfrage, dass zunächst mehreren Gutachten für den erforderlichen (und inzwischen vorliegenden) Bebauungsplan hätten erstellt werden müssen. Im Juni 2021 habe die Cureus GmbH einen Bauantrag bei der Stadt Herne eingereicht; die Baugenehmigung stehe aber noch aus. „Geplant ist eine moderne Seniorenresidenz mit zwei vollstationären Bereichen: einmal als klassisches Pflegeheim mit 80 Einzelzimmern und einmal als Hausgemeinschaft mit 55 Wohneinheiten“, so der Cureus-Sprecher. Darüber hinaus soll eine Tagespflege mit 28 Plätzen entstehen.

In der Ratssitzung am Dienstag überraschte Oberbürgermeister Frank Dudda mit der knappen Ansage, dass es hinsichtlich des geplanten Seniorenzentrums von Protea Care im Shamrockpark eine neue Entwicklung gebe. Auf Nachfrage stellt Stadtsprecher Christoph Hüsken am Mittwoch klar, dass sich diese Aussage nicht auf eine grundsätzliche Umsetzung, sondern allein auf die Standortfrage bezogen habe.

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Nichts Neues gibt es derweil beim Else-Drenseck-Seniorenzentrum in Börnig. Zur Erinnerung: Das in die Jahre gekommene Heim der Awo sollte eigentlich bereits 2018 abgerissen und an selber Stelle neu aufgebaut werden. Die schon sehr konkreten Plänen wurden allerdings - auch im Zuge des Scheiterns eines Kita-Neubaus an diesem Standort - zurückgezogen. Und was nun? Sie warteten zunächst die voraussichtlich im November erfolgende Eröffnung des neuen Berta-Schulz-Seniorenzentrums an der Karlstraße in Wanne ab, so Katrin Mormann vom Awo-Bezirk Westliches Westfalen zur WAZ. „Erst dann wird eine Neubewertung der Situation und der Planungen für das Else-Drenseck-Seniorenzentrum erfolgen.“ Vor Mitte 2023 sei nicht mit einer Entscheidung zu rechnen.

WEITERE INFOS: Mehr Angebote in den Quartieren

Die Stadt will mittel- und langfristig stärker Wohnangebote in den Quartieren für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf fördern.

Es sollten deshalb künftig nicht ausschließlich solitäre Pflegeeinrichtungen oder große Seniorenzentren entstehen, so die Verwaltung, „sondern auch Formen generationenübergreifenden Wohnens im Viertel oder Mehrgenerationenhäuser, die einen Mix aus unterschiedlichen Angeboten bereitstellen“.