Herne. Die Wohnungsbaugesellschaft HGW in Herne verkauft Anteile. Warum die Stadt deshalb vielleicht auf die Erhöhung der Grundsteuer verzichten kann.
Die HGW, die Herner Gesellschaft für Wohnungsbau, wird neu aufgestellt. Davon profitiert auch der marode städtische Haushalt. Am Ende, sagt Kämmerer Hans Werner Klee, könnte dadurch die geplante Erhöhung der Grundsteuer B möglicherweise verschoben oder sogar vermieden werden.
Aber der Reihe nach. Es waren nur wenige Worte des städtischen Finanzchefs Klee ganz am Ende des öffentlichen Teils der knapp zweistündigen Ratssitzung am Dienstag, die aufhorchen ließen. Die HGW, kündigte er an, werde neu geordnet. Durch diesen Schritt gebe es „drei Gewinner“, nicht zuletzt die städtische Wohnungsbaugesellschaft selbst, die ein Garant sei „für preiswerten sozialen Wohnungsbau in der Stadt.“ Nähere Einzelheiten, so Klee, würden im nicht-öffentlichen Teil der Ratssitzung bekannt gegeben.
Herne: HGW will Millionen in den maroden Haushalt abführen
Auf Anfrage der WAZ nennt der Kämmerer Details. Die HGW, die noch selbst einen Anteil von 15,6 Prozent am eigenen Unternehmen halte, verkaufe diesen an die Herner Sparkasse – für einen „niedrigen zweistelligen Millionenbetrag“. Die restlichen Anteile blieben wie gehabt bei der Stadt und ihrer Tochter VVH, der Vermögensverwaltungsgesellschaft Herne. Gleichzeitig erkläre sich die HGW bereit, einen Teil der Einnahmen – die Rede ist von einem „hohen einstelligen Millionenbetrag“ – an die Stadt abzuführen, „als Beitrag zum notwendigen Haushaltsausgleich“. Das Ganze, so Klee, sei eine „Win-win-win-Situation“: Alle Beteiligten profitierten, am Ende sogar die Bürgerinnen und Bürger.
Zuallererst: die HGW. Die städtische Tochter, die rund 3000 Wohnungen und Gewerbeobjekte besitzt und vermietet, bekomme durch den Verkauf deutlich mehr Eigenkapital, mehr Rücklagen und stehe finanziell insgesamt besser da, sagt HGW-Chef Thomas Bruns auf WAZ-Anfrage. „Das gibt uns viel mehr Spielraum“, erklärt er. Durch die bessere finanzielle Ausstattung könne das Unternehmen mehr investieren, also mehr Wohnungen bauen und mehr sanieren. Im Übrigen: Dass Wohnungsbauunternehmen keine eigenen Anteile besitzen, sei kein Ausnahmefall, sondern der Regelfall.
Auch die Herner Sparkasse profitiere. In Zeiten niedriger Kapitalmarktzinsen sei das Kreditunternehmen auf der Suche nach neuen Geschäftsbereichen, die Gewinne erwirtschafteten, sagt Sparkassenchef Antonio Blanquez auf WAZ-Anfrage. Die HGW habe sich zuletzt positiv entwickelt und stehe nun gut da. Deshalb sei der Kauf der HGW-Anteile eine Investition, die gute Rendite verspreche. Nicht zuletzt könne sich die Sparkasse nun noch stärker im Bereich Immobilien betätigen, einem Geschäftsfeld, das erfolgversprechend sei.
Kämmerer schlug dem Rat im September eine Erhöhung der Grundsteuer B vor
Und die Stadt? Die kann ihr Millionenloch zumindest für das kommende Jahr, Stand jetzt, weitgehend schließen. In seiner Haushaltsrede Anfang September berichtete Kämmerer Klee im Rat von einem Minus von 9,3 Millionen Euro, das er für das kommende Jahr erwarte – die Verluste durch Corona nicht eingerechnet, die die Stadt aus der Bilanz herausrechnen darf (aber später dennoch finanzieren muss). Verluste aber erlaubt die Bezirksregierung nicht, deshalb schlug Klee im September unter anderem vor, die Grundsteuer B, also die Steuer auf Eigentum, um 85 Basispunkte zu erhöhen. Auf Wohnungs- und Hausbesitzer käme damit ab Januar eine Erhöhung von rund 5 bis 15 Euro monatlich zu, die Kosten werden in der Regel auf Mieter umgewälzt.
Durch den Verkauf der HGW-Anteile und besagte Abführung eines Millionenbetrags an die Stadt erhöhe sich nun die Chance, den Haushalt für 2022 auszugleichen – und eine Grundsteuer-Erhöhung zum aktuellen Zeitpunkt wäre dann möglicherweise nicht erforderlich, so Kämmerer Klee.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Rat stimmt im November über Haushalt ab
Der Rat segnete den HGW-Deal am Dienstag in nicht-öffentlicher Sitzung des Rates ab, bestätigt die Stadt. Ende November stimmt der Rat dann in öffentlicher Sitzung über den Haushalt und das Haushaltssicherungskonzept für 2022 ab.
Erst dann wird sich zeigen, ob das Haushaltsloch wirklich gestopft ist und ob nicht doch noch Maßnahmen wie Steuererhöhungen getroffen werden müssen. Neben einer Erhöhung der Grundsteuer hatte der Kämmerer im September dem Rat auch kleinere Maßnahmen vorgeschlagen, darunter zusätzliche Einnahmen aus dem Parkraummanagement, also möglicherweise einer Erhöhung von Parkgebühren.