Herne. Der Weihnachtsmann vom Cranger Weihnachtszauber ist ein Phänomen, Kinder lieben ihn. Wer steckt unterm Kostüm? Wir haben Oliver Traber getroffen.
Wenn Oliver Traber (39) über den Cranger Kirmesplatz läuft, fällt er keinem besonders auf. In schwarzer Regenjacke, Arbeitshose und robusten Lederschuhen gekleidet, bewegt sich der Schausteller zwischen den Grüppchen hindurch. Auf seinem Kopf eine olivgrüne Strickmütze, am Revers ein Funkgerät. Von seinem Alter Ego ahnen die Besucherinnen und Besucher des Cranger Weihnachtszaubers nichts.
Hinter geschmückten Tannenbäumen und Bauzäunen versteckt, neben dem riesigen Fahrgeschäft „Konga“, schlüpft Oliver Traber hinter die Kulissen des hell erleuchtenden Weihnachtszaubers. Zwischen dicken Stromkabeln auf dem Boden, Containern und Lkw bereitet er sich vor auf seinen Auftritt als fliegender Weihnachtsmann. In 21 Metern Höhe „fliegt“ er Tag für Tag in seinem Schlitten über den Weihnachtszauber, belustigt die Erwachsenen und verzaubert die Kinder. „Meine Töchter glauben bis heute an den Weihnachtsmann“, sagt Traber. „Der Papa ist nur ein Freund vom Weihnachtsmann, der ihm hilft.“
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Familie Traber ist europaweit bekannt
Oliver Traber stammt aus einer alteingesessenen Schausteller-Familie, Artisten um genau zu sein. „Wir Trabers sind als Hochseilartisten in ganz Europa bekannt“, erzählt er. Bereits als Kind stand er das erste Mal auf dem Hochseil, fuhr als Erwachsener jahrelang mit Motorrädern über die Drahtseile. Deutschland, Luxemburg, Frankreich, ständig unterwegs. Ein Leben, das er für seine Töchter so nicht wollte. „Als meine erste Tochter geboren wurde, haben wir uns gegen Frankreich und für Deutschland entschieden.“
Mit seiner Frau, einer Dortmunderin, die ebenfalls aus einer Schausteller-Familie stammt, und den beiden Töchtern lebt Traber in Selfkant, Kreis Heinsberg – zumindest den größten Teil des Jahres. Aktuell hat die Familie ihren Lebensmittelpunkt nach Herne verlagert, lebt während des Winterzaubers in einem Wohnmobil auf 68 Quadratmetern. Die beiden Töchter (11 und 7) besuchen vorübergehend eine Schule in Herne.
Der fliegende Weihnachtsmann stammt aus Paris
„Die Idee des fliegenden Weihnachtsmanns ist in Paris entstanden“ erzählt Traber. Damals war er noch im Duo mit seinem älteren Bruder Alois unterwegs, die Stadt Paris fragte einen fliegenden Père Noël an. Die beiden Brüder tüftelten an einem Schlitten, „der erste wog eine knappe Tonne, das war 2009“. Das Modell auf dem Cranger Weihnachtszauber ist mit rund 500 Kilo deutlich leichter. „Wir haben viel Carbon und Aluminium verbaut.“ Jeden Abend, wenn Oliver Traber kurz vor 18 Uhr in dem Schlitten Platz nimmt, denke er an seinen Bruder. „Er fliegt auch immer um 18 Uhr auf dem Weihnachtsmarkt im Jardin des Tuileries am Louvre. Wäre die Erde eine Scheibe, könnten wir uns vermutlich sehen.“
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Der Aufbau der Hochseil-Apparatur auf Crange dauert zwei Tage, wenn vier Mann anpacken. „Mein Bruder kommt immer extra aus Frankreich, um mitzuhelfen und mein Vater checkt auch immer noch mal alles“, sagt Traber. Knapp 15 Tonnen Gewicht braucht es pro Mast, um das 102 Meter lange Seil auf Spannung zu halten. „Der Schlitten hat einen elektrischen Antrieb, so ist die Illusion des Fliegens noch echter.“
Traber: „Ich lebe und sterbe dafür“
Man merkt Traber die Freude an seinem Beruf an. Klare Chef-Sache, dass er selbst im Schlitten sitzt und den Weihnachtsmann gibt. „Ich lebe und sterbe dafür, sage ich ganz ehrlich“, er wirkt gerührt. „Wir haben in den vergangenen Jahren durch Corona so viel Mist erlebt, da will ich ein wenig Freude bringen, gerade den Kindern.“
Kurz vor 18 Uhr versammeln sich Familien rund um den großen Tannenbaum auf dem Kirmesplatz. Vom Autoscooter „Küchenmeister No.2“ und dem „Love Express“ dröhnt laute Musik herüber. Um Punkt 18 Uhr verstummt der Weihnachtszauber, die umliegenden Fahrgeschäfte halten an. Alle Augen und Ohren richten sich auf den Schlitten, der bis dahin still und starr über der Eisbahn thronte. Nun gehen die Lichter an, Rudolphs Nase leuchtet rot. Der fliegende Weihnachtsmann gleitet über den Weihnachtszauber. Kinder legen ihre Köpfe in den Nacken, zeigen mit dem Finger. Einige Erwachsene zücken Handys und filmen.
Eine Geschichte vom Band läuft, Oliver Traber winkt und steckt voll in seiner Rolle. „Seid ihr alle brav gewesen“, fragt der Weihnachtsmann. „Ja“, schallt es unten zurück. Das rote Kostüm und die Maske mit dem weißen Rauschebart wirken täuschend echt. Jedes Mal vor der Show zieht sich Traber oben im Wagen an. Alles andere sei zu auffällig. Der fliegende Weihnachtsmann verabschiedet sich, zündet die Glühfontänen und gleitet zurück zum Startpunkt. Wenige Minuten später klettert Oliver Traber, das Kostüm abgelegt, aus dem Schlitten heraus. Niemand scheint ihn zu bemerken, den Schausteller in der schwarzen Kleidung.
>>> Die Show-Termine
- Der fliegende Weihnachtsmann ist montags bis freitags um 18 und um 20 Uhr zu sehen. Am Wochenende dreht er um 17, 18 und 20 Uhr seine Runde über den Cranger Weihnachtszauber.
- Am kommenden Samstag, 11. Dezember, zeigt der fliegende Weihnachtsmann eine neue Geschichte, die es so noch nicht zu hören gab.