Herne. Seit 2016 wird ein Toilettenkonzept für Herne gefordert - bisher vergeblich. Wie die Politik sicherstellen will, dass die Stadt endlich handelt.

Mit den Worten „Und täglich grüßt das Murmeltier“ leitete der Sozialausschussvorsitzende Patrick Steinbach in der jüngsten Sitzung den Tagesordnungspunkt „Toilettenkonzept“ ein. Und tatsächlich ergeht es der Politik ähnlich wie Bill Murray in dem US-Filmklassiker aus dem Jahr 1993, der immer wieder ein und denselben Tag durchleben muss: Seit Jahren fordern Sozialpolitiker dieses WC-Konzept von der Stadt ein und müssen feststellen, dass die Verwaltung dem Auftrag bisher schlichtweg nicht nachkommt. Auf Antrag von CDU und SPD hat der Sozialausschuss der Verwaltung nun ein Ultimatum gestellt.

Behindertenbeirat gab den Anstoß

Bis zum 31. August soll die Stadt einen Umsetzungsplan für ein Toilettenkonzept vorlegen. Besonders berücksichtigt werden sollen dabei behindertengerechte WCs in den Zentren von Herne-Mitte, Wanne, Sodingen und Eickel sowie in der Stadtbibliothek Wanne und den beiden Bahnhöfen. Der Ausschuss erneuerte damit praktisch einen Beschluss aus dem Jahr 2016, der damals auf Empfehlung des Beirats für Menschen mit Behinderung gefasst worden war.

Die CDU-Stadtverordnete Bettina Szelag übte scharfe Kritik an der Herner Verwaltung.
Die CDU-Stadtverordnete Bettina Szelag übte scharfe Kritik an der Herner Verwaltung. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Es ist ein Trauerspiel. Was wir beschlossen haben, ist nicht ansatzweise umgesetzt worden“, sagte die CDU-Stadtverordnete (und Behindertenbeiratsvorsitzende) Bettina Szelag in Richtung Verwaltung. Dass noch immer nichts passiert sei, sei sehr bedauerlich - insbesondere für Menschen, die oft in der Bredouille seien, weil sie im öffentlichen Raum keine Toilette fänden. Gerade in Coronazeiten habe sich das Problem noch verschärft.

Noch kein Ersatz für 2015 abgebautes WC an der Neustraße

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Ausgelöst worden ist die Diskussion im Jahr 2015 durch den Abriss der privat betriebenen öffentlichen und barrierefreien Toilettenanlage an der Neustraße in Herne-Mitte. Eine von der CDU damals angemahnte Zwischenlösung insbesondere für behinderte Menschen lehnte die Stadt ab bzw. verwies auf eine geplante öffentliche Toilette in den heute noch immer nicht eröffneten Neuen Höfen im ehemaligen Karstadt-Haus.

Die leere Stadtkasse dürfe hier keine Hinderungsgrund sein, so Bettina Szelag. „Wenn zusätzliche Gelder notwendig sind, dann muss das ins Konzept aufgenommen und von der Politik beschlossen werden.“

Seitenhieb der Grünen auf die CDU

Das von der rot-schwarzen Koalition beantragte Ultimatum zur Vorlage eines Toilettenkonzeptes wurde vom Sozialausschuss einstimmig beschlossen. „Ich kann Sie gut verstehen, weil bisher wenig passiert ist“, sagte die Grünen-Stadtverordnete Dorothea Schulte in Richtung CDU, konnte sich aber einen Seitenhieb nicht verkneifen.

Dorothea Schulte (Grüne) wundert sich über den „fehlenden Zugriff“ der CDU auf die Verwaltung.
Dorothea Schulte (Grüne) wundert sich über den „fehlenden Zugriff“ der CDU auf die Verwaltung. © Unbekannt | Grüne

„Sie bilden mit der SPD seit 2014 die Stadtregierung und haben so wenig Zugriff auf die Verwaltung? Das verwundert mich sehr“, so die Politikerin, die in Zeiten der rot-grünen Ratskoalition Fraktionsvorsitzende der Grünen war. Die CDU müsse mal dafür Sorge tragen, dass die Verwaltung nicht nur die Anträge der SPD ernst nehme. Das wiederum ließ Bettina Szelag am Demokratieverständnis Schultes zweifeln: „Wenn ich jemals ,Zugriff’ auf die Verwaltung habe, läuft etwas schief. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es in Zeiten von Rot-Grün war ...“, so die Ratsfrau nach der Sitzung zur WAZ.

Zurück zum Toilettenkonzept: Die Aussagen der Stadt im Sozialausschuss erweckten eher den Eindruck, dass „Und täglich grüßt das Murmeltier“ in Herne auf dem Spielplan bleibt. Stadtmitarbeiter Volker Bleikamp kündigte an, dass die Verwaltung in der ersten Sozialausschusssitzung nach der Sommerpause am 15. September „einen Bericht“ vorlegen werde. „Keinen Bericht, sondern einen Umsetzungsplan“, korrigierten ihn mehrere Stadtverordnete.