Herne. . CDU-Fraktions-Vize Szelag greift Hernes OB Dudda an: Der Wegfall einer Behindertentoilette in Herne-Mitte sei nicht hinnehmbar.

Die seit September aufgrund von Defekten geschlossene barrierefreie Toilette an der Neustraße in Herne-Mitte soll abgerissen werden, so die Entscheidung des Verwaltungsvorstandes. Ein Ersatz sei nicht vorgesehen, sagte Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Anfrage. Die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Bettina Szelag kritisiert den geplanten Wegfall des WC-Standorts und geht die Stadtspitze Frank Dudda (SPD) frontal an: „Eine solche Entscheidung steht dem neuen Oberbürgermeister nicht gut zu Gesicht“, erklärt die Vorsitzende des Beirates für die Belange von Menschen mit Behinderungen.

Vor einem Jahr habe es noch andere Signale aus der Verwaltung gegeben, so Bettina Szelag. Auf die Frage nach der Aufgabe des WC-Standorts Neustraße habe die Stadt damals eindeutig erklärt: Das alte Häuschen dürfe nur weg, wenn unmittelbar ein neues aufgebaut werde.

Nun soll eine der zwei öffentlichen Behindertentoiletten in Herne-Mitte - die zweite steht am Bahnhof - doch komplett verschwinden. Hier werde ein Grundbedürfnis des Menschen einfach ignoriert. Und auch das betont Szelag: „Wozu ist ein Inklusionsplan in der Stadt Herne auf den Weg gebracht worden, wenn auf der anderen Seite solche Fakten geschaffen werden?“ Ziel des Plans sei es schließlich nicht, bereits bestehende Fortschritte in der Herner Behindertenpolitik wieder abzubauen. Das wäre „völlig absurd“, so Szelag.

Sie erwarte nun Vorschläge der Stadtverwaltung, wie dieses Problem gelöst werden könne. Ihr persönlicher Vorschlag: die Erstellung eines „Toilettenkonzepts“ für ganz Herne, so wie es die CDU schon an anderer Stelle gefordert habe. Zunächst müsse jedoch der Standort Neustraße gesichert oder mindestens eine Ersatzeinrichtung in unmittelbarer Nähe errichtet werden. „Bleibt es bei der Entscheidung ohne eine Ersatzbeschaffung, so sehe ich insgesamt schwarz für die Zukunft der Menschen mit Behinderungen in Herne. Das wäre an Ignoranz kaum noch zu überbieten“, erklärt die CDU-Politikerin.

Stadt verweist auf andere Toiletten

Die Stadt verteidigte gegenüber der WAZ die Entscheidung. Stadtsprecher Christoph Hüsken verwies darauf, dass es in Herne-Mitte nicht nur am Bahnhof, sondern zusätzlich sowohl im Rathaus als auch im Finanzamt barrierefreie Toiletten gebe, die zumindest zu den Öffnungszeiten der Behörden zugänglich seien.

Das WC an der Neustraße ist vor 15 Jahren auf Basis eines Vertrags mit der Stadt über die Werberechte in Herne von der Firma Moplak errichtet und auch betrieben worden. Die Investitionskosten betrugen damals rund 150 000 Euro. Im Zuge der Neuvergabe der Werberechte wurde der Vertrag und damit auch der Betrieb der Toilette durch Moplak zum 1. Januar 2015 hinfällig (wir berichteten).

Bereits im Februar 2014 hatte die Stadt beziehungsweise das städtische Gebäudemanagement GMH öffentlich signalisiert, dass die barrierefreie Toilette an der Neustraße/Ecke Bebelstraße vor dem Aus steht.

Nach der Gegenüberstellung von Kosten, Frequentierung und Einnahmen dieser WC-Anlage machte die Verwaltung die Rechnung auf, dass jeder Klogang für die Stadt Kosten in Höhe von 9,53 Euro verursache. Eingegangen in diese Rechnung von GMH waren vor allem Einnahmen von jährlich 888 Euro (2690 WC-Besuche à 30 Cent) sowie Ausgaben für die Unterhaltung der (häufig defekten) Toilette von rund 28 000 Euro. Vor diesem Hintergrund seien alternative Lösungen wie zum Beispiel die Einrichtung der „netten Toilette“ zu prüfen, hieß es 2014 von Seiten der Stadt. Dieses Modell sehe eine Vereinbarung mit Gastronomen zur Nutzung derer Toiletten gegen Zahlung einer „angemessenen“ Aufwandsentschädigung vor.

Im November 2015 erklärte GMH im Betriebsausschuss, dass im Falle einer Entscheidung für den WC-Standort Neustraße zunächst hohe Investitionskosten auf die Stadt zukämen. Ein Neubau in Massivbauweise schlüge mit 91 000 Euro, die alternative Aufstellung einer vollautomatischen, selbstreinigenden Toilettenanlage in Fertigbauweise mit 80 000 Euro zu Buche, so das städtische Gebäudemanagement.