Herne. Die Stadtwerke Herne haben die Corona-Pandemie bislang ohne dramatische Auswirkungen überstanden. Ulrich Koch spricht über Probleme und Pläne.

Die Stadtwerke Herne haben die Corona-Pandemie bislang ohne dramatische Auswirkungen überstanden. Das hat Vorstand Ulrich Koch im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion beim Rückblick auf das vergangene Jahr gesagt.

Bei der Lieferung von Energie hätten sich seit Beginn der Pandemie lediglich „ein paar Dellen“ gezeigt, so Koch: So habe das ein oder andere Unternehmen die Produktion nach unten gefahren, womit auch die Energieverbräuche gesunken seien, auch habe es ein paar Insolvenzen bei einigen Kunden gegeben. Bei den Privatkunden habe man dagegen eine leichte Zunahme des Stromverbrauchs registriert, allerdings habe es nicht einen „gigantischen“ Home-Office-Effekt gegeben. Für die Zukunft stelle sich die Frage, welche Kunden die Krise überstehen.

Dramatisch wird es nach den Worten von Koch für die Stadtwerke - jenseits der Pandemie - in Sachen Kohleausstieg. Ohne eine konkrete Zahl zu nennen, sagt Koch einen „gigantischen Verlust“ voraus. Der Hintergrund: Die Stadtwerke sind am Steinkohlekraftwerk in Lünen beteiligt, das erst 2013 ans Netz gegangen ist. Doch bis spätestens 2033 müsse das letzte Steinkohlekraftwerk wieder vom Netz - viel zu früh für Lünen, um noch irgendeinen Gewinn abzuwerfen. Denn die stellen sich bei einer angepeilten Laufzeit von rund 40 Jahren erst nach 20 Jahren ein.

Koch: WHE hat sich zum Tafelsilber entwickelt

Der Kohleausstieg sei für die Steinkohlekraftwerke „herausragend schlecht“ gelaufen. Zwar gebe es im Laufe des Prozesses noch drei Überprüfungen, doch die Hoffnung, dass nachgebessert wird, sei äußerst vage. Dieses Problem werde die Stadtwerke in den Bilanzen in den nächsten zehn Jahren begleiten. Koch: „Das ist extrem unbefriedigend.“ Wenn es die Ausstiegsthematik nicht gäbe, seien die anderen Herausforderungen in der Energiewelt zu bewältigen.

Stadtwerke-Vorstand Ulrich Koch
Stadtwerke-Vorstand Ulrich Koch © Foto: Sascha KreklauFoto: www.saschakreklau.de | Unbekannt

Das Ausstiegs-Problem überträgt sich auch auf die Ausschüttungen an den städtischen Haushalt. Schon in der Vergangenheit mussten die Stadtwerke mit RWE-Aktien große Teile des Tafelsilbers verkaufen, um ihren Beitrag zu leisten. Zurzeit denke man darüber nach, eine Beteiligung an Glasfaseraktivitäten abzugeben. Auf der anderen Seite sei es gelungen, neues Tafelsilber zu schaffen: Die WHE entwickle sich sehr gut.

Beim Thema Energielieferung steht für die Stadtwerke immer stärker die Fernwärme im Fokus. Das bestehende Netz in der Herner Innenstadt soll massiv ausgebaut werden, man wolle all jenen, die in der Nähe des Netzes liegen, Angebote für den Anschluss machen. Darüber hinaus werde noch in diesem Jahr auf Friedrich der Große begonnen, aus der Grubengasanlage neben Strom auch Wärme auszukoppeln, Leitungen Richtung Von-Waldthausen-Straße zu legen und die Wärme dort einzuspeisen. Man habe schon einen großen Kunden aus der Wohnungswirtschaft gewonnen. Die Investition liege bei vier bis fünf Millionen Euro, so Koch. Zudem haben die Stadtwerke ein Auge auf das Fernwärmenetz in Wanne-Eickel geworfen, das aber noch von Uniper betrieben wird.

Wasserstoffpotenzial für Herne wird untersucht

Ein anderes Energiethema, was seit einiger Zeit intensiv diskutiert wird, ist Wasserstoff. Hier sei man, so Koch, eher in der Beobachterrolle, weil man als kleines Stadtwerk keine Forschung und Entwicklung leisten könne. Allerdings sei man über den Stadtwerke-Verbund Trianel mit im Spiel. Trianel forsche am Kraftwerksstandort in Hamm, ob eine Wasserstofferzeugungsanlage dort sinnvoll ist. Über diese Verbindung habe man auch Trianel und Siemens gewonnen, um für Herne abzuklopfen, ob das Thema Wasserstoff Sinn macht. Hier rücke das Blumenthal-Gelände in den Blick - auch weil eine Wasserstoffleitung zum Evonik-Werk in Eickel in Reichweite von Blumenthal liegt. Diese Untersuchung sei aber noch in einem frühen Studium. Wenn es grüner Wasserstoff sei, sei es eine sinnvolle Energiequelle.

Neben diesen großen Themen gebe es viele kleinere Projekte und Dienstleistungen jenseits des Kerngeschäfts, bei denen die Herner Stadtwerke inzwischen aktiv seien. Koch: „Wir werden zunehmend auch als Projektentwickler für Energiekonzepte wahrgenommen und angesprochen.“

>> INVESTITIONEN, KUNDEN - UND WEITERE ECKPUNKTE

■ Geplante Investitionen in 2021: rund 24 Millionen Euro Gesamtinvestitionen, davon neun Millionen ins Stromnetz und etwa sieben Millionen ins Wärmenetz.

■ Kunden in Herne (Ende 2020): 84.500 Strom, 32.000 Gas, 820 Wärme. Diese Zahlen sind laut Stadtwerke im Vergleich zum Vorjahr konstant.

■ Elektromobilität: Die Zahl der Ladesäulen der Stadtwerke ist auf 58 gestiegen. Den Beitrag, den die Stadtwerke zum Wachsen der E-Mobilität leisten könnten, wolle man leisten, so Ulrich Koch.

■ Smart Meter: Installierte moderne Messeinrichtungen (digitale Zähler) aktuell: 21.000; jährlicher Zuwachs etwa 6000.