Herne. In Herne häuft sich die Zahl illegal abgestellter Einkaufswagen. Was Entsorgung Herne dagegen unternimmt und welche Strafen Tätern drohen können.

  • In den vergangenen Monaten ist die Zahl der illegal abgestellten Einkaufswagen laut Entsorgung Herne gestiegen.
  • Schwerpunkte seien meist die Umkreise großer Supermärkte.
  • Je nach Sachlage drohen Täterinnen und Tätern empfindliche Geldstrafen.

Die Mülldetektive von Entsorgung Herne können sich angesichts einer steigenden Zahl an wilden Müllkippen nicht über mangelnde Beschäftigung beklagen, bei ihren Ermittlungen stoßen sie immer öfter auf besondere Fundstücke: Einkaufswagen.

Dabei müssen die Detektive gar nicht lange suchen, immer wieder fallen im gesamten Stadtgebiet Einkaufswagen auf, die auf Gehwegen oder in Vorgärten abgestellt sind. In einem Fall in Wanne-Süd gleich drei Stück, ordentlich aneinandergekettet.

Wilder Müll in Herne: 53 abgestellte Einkaufswagen in drei Monaten

Der subjektive Eindruck täuscht nicht. „Die Zahl der im öffentlichen Verkehrsraum und auf Privatgrundstücken abgestellten Einkaufswagen ist nach den Feststellungen unserer Mülldetektive und der Anzahl der im Kundencenter eingehenden Meldungen in den vergangenen Monaten gestiegen. In den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres wurden allein 53 Einkaufswagen im öffentlichen Raum gemeldet“, teilt Ralf Krieter von Entsorgung Herne auf Anfrage der Herner WAZ-Redaktion mit. Schwerpunkte seien generell die Bereiche im Umkreis der großen Supermärkte.

Entsorgung Herne sammle Einkaufswagen ein, wenn diese im öffentlichen Raum anfielen. Weil Einkaufswagen aber noch einen gewissen Wert besäßen, würden sie nicht sofort als Abfall angesehen, so Krieter. Supermärkte, die als Besitzer von Einkaufswagen ermittelt werden könnten, würden von Entsorgung aufgefordert, eigene Einkaufswagen zeitnah zurückzunehmen. Erst wenn die Wagen nicht innerhalb einer gesetzten Frist von in der Regel drei Tagen abgeholt würden, würden sie als Abfall entsorgt.

Entsorgung Herne hat Händler gebeten, Ansprechpartner zu benennen

Es gebe durchaus telefonische und schriftliche Kontakte zu den Supermarktketten. Bereits im vergangenen Jahr seien die Einzelhändler, Supermärkte und Discounter gebeten worden, Ansprechpartner zu benennen, falls Einkaufswagen gefunden werden. Aufgrund dieser Daten habe Entsorgung Herne eine Liste mit allen im Stadtgebiet vorhandenen Einzelhändlern erstellt, die im Rahmen des Arbeitskreises „Saubere Stadt“ auch den städtischen Fachbereichen zur Verfügung gestellt worden sei.

Zwei illegal abgestellte Einkaufswagen auf der Bielefelder Straße.
Zwei illegal abgestellte Einkaufswagen auf der Bielefelder Straße. © Unbekannt | Tobias Bolsmann

Kaufland, das in Wanne-Mitte einen großen Standort betreibt, und nach Beobachtung der WAZ immer wieder davon betroffen ist, dass Wagen verschwinden, teilt auf Anfrage mit: „Das Abhandenkommen unserer Einkaufswagen ist für uns aus zweierlei Gründen immer sehr unglücklich. Zum einen möchten wir unseren Kunden immer eine ausreichende Anzahl an Einkaufswagen zur Verfügung stellen. Zum anderen können Einkaufswagen, die außerhalb unseres Geländes abgestellt werden, eine Gefahrenquelle darstellen. Unsere Mitarbeiter sammeln die entwendeten Einkaufswagen wieder ein und bringen sie an die Filiale zurück.“

Ein neuer Wagen kann mehrere hundert Euro kosten

Lidl setzt an vereinzelten Filialen eine Einkaufswagensperre ein, um zu verhindern, dass Einkaufswagen vom Grundstück gefahren werden. Bei dieser technischen Lösung blockiere eine Magnet- oder Induktionsschleife beim Verlassen eines festgelegten Bereichs die Räder an den Einkaufswagen.

Aldi Nord teilt mit: „In unseren mehr als 2200 Filialen im gesamten Aldi-Nord-Gebiet verzeichnen wir in den letzten Jahren vereinzelt immer wieder Verluste bei unseren Einkaufswagen, allerdings nicht im großen Umfang. Dabei fällt die Anzahl der Verluste in Großstädten und Ballungsgebieten deutlich höher aus als zum Beispiel in ländlicheren Kommunen.“

Rewe und Penny erklären, dass der Diebstahl von Einkaufswagen für die Unternehmen keine nennenswerte Rolle spiele. Dass die Wagen aber durchaus ein Kostenfaktor sind, bestätigt Aldi: „Die Anschaffungskosten für Einkaufswagen sind sehr hoch. Daher versuchen wir, Verluste möglichst in Grenzen zu halten.“ In der Tat: Wer im Internet nach Angeboten sucht, stellt fest, dass die Kosten für einen neuen Einkaufswagen, je nach Ausstattung, mit mehreren hundert Euro zu Buche schlagen können.

>>> VON UNTERSCHLAGUNG BIS SACHBESCHÄDIGUNG

  • „Einkaufshilfsmittel“, wie beispielsweise den Einkaufswagen, den Korb oder Tüten, dürfe man – vertraglich geregelt – in den Läden benutzen, aber nicht mit nach Hause nehmen. Das sagt Rechtsanwalt Arndt Kempgens. Allerdings muss der Sachverhalt differenziert betrachtet werden:
  • „Wer einen Einkaufswagen mitnimmt, weil er ihn zu Hause als Deko oder für andere Transportfahrten behalten will, macht sich wegen Unterschlagung strafbar“, so Kempgens. Dann drohen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder auch eine Geldstrafe.
  • „Wer einen Einkaufswagen mitnimmt, weil Waren zu schwer zum Tragen sind und dann einfach in den Graben wirft, beschädigt und entsorgt, macht sich wegen Sachbeschädigung strafbar“, erläutert Kempgens. Das Strafmaß hier: Bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.
  • „Wer einen Einkaufswagen mitnimmt, weil Waren zu schwer zum Tragen sind, dann aber so abstellt, dass der Wagen in den Laden – auf anderem Wege – zurückkehrt, macht sich nicht strafbar“, erklärt der Rechtsanwalt.
  • Wichtig für alle Fallgestaltungen sei: Wenn eine Kundin oder ein Kunde einen Einkaufswagen nutzt, müsse sie oder er dafür sorgen, dass der Wagen – ohne weitere über Nutzung hinausgehende Schäden – zum Geschäft zurückkehrt, so der Jurist. „Mache ich das nicht, muss ich – zivilrechtlich – Schadenersatz für Kosten der Rückführung, Reparatur oder Neubeschaffung übernehmen. Wenn ich erwischt werde.“