Gelsenkirchen. Der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens rechnet nach: So hoch sind die Strafen für Beleidigungen wie „Arschloch“ und „Schlampe“ im Netz.

Hass und Hetze im Netz – gegen Privatpersonen und die des öffentlichen Lebens: Jüngst wurde Grünen-Chefin Ricarda Lang von der bekannten PR-Managerin Alexandra von Rehlingen in einem Instagram-Post „Grüne Tonne“ genannt. Sind derartige Äußerungen erlaubt oder strafbar – und was ist mit Schmerzensgeld? Der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens hat eine Rechnung aufgemacht.

Gelsenkirchener Rechtsanwalt rechnet vor: So teuer werden Beleidigungen im Netz

Beispielhaft hat er zusammengetragen: Jemand mit „Dreckspack“ oder „Arschloch“ zu beschimpfen, kann 1000 Euro kosten. So urteilte das Amtsgericht Mönchengladbach im Jahr 2017. Die Beleidigung „Schwuchtel“ kann nach einem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt 1500 Euro kosten, „Spasti“ und „asoziales Wesen“ nach einem Urteil des Amtsgerichts Aachen sogar 5500 Euro.

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„Schlampe“ und „Hure“ schlagen mit 450 Euro zu Buche (Urteil: Amtsgericht Hamburg-Barmbeck), die Bezeichnung „altes Arschloch“ mit 1600 Euro (Urteil: Amtsgericht München). Einen Politiker als „ekelhaft“ zu bezeichnen, kann nach einem Urteil des Amtsgerichts in Brühl 3000 Euro Strafe bedeuten. Eine Polizistin mit den Worten als „Du Mädchen“ anzugreifen, macht 200 Euro Strafe. Einen Polizisten als „begnadeten Vollpfosten“ zu titulieren, führt nach einem Urteil des Amtsgerichts Hattingen zu 1500 Euro Strafe.

In Strafsachen erfolgt eine Verurteilung im Rahmen von fünf bis 360 Tagessätzen. Die Höhe des Tagessatzes orientiert sich am Einkommen. Der einzelne Tagessatz beträgt mindestens einen Euro und maximal 30.000 Euro. „Ein Fußballprofi zahlt also viel mehr als ein Normalverdiener. Die Verurteilung ist aber durch das Tagessatzsystem für beide gleich spürbar“, erläutert Rechtsanwalt Kempgens.

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Nach dem Beleidigungs-Paragraphen im Strafgesetzbuch § 185 StGB macht sich laut Arndt Kempgens strafbar, wer die Ehre eines anderen dadurch angreift, dass er diesem gegenüber seine Miss- oder Nichtachtung äußert. Bloße Unhöflichkeiten sind hingegen keine Beleidigung. Bei öffentlicher Äußerung sei eine Beleidigung übrigens strafbar mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

Aber: Bei Angelegenheiten von öffentlichem Interesse oder im politischen Meinungskampf sind die Grenzen schwimmend und auch deutlich überspitzte Äußerungen können durch Meinungsfreiheit gedeckt sein. Laut dem Bundesverfassungsgericht erfordert die Strafbarkeit immer eine Einzelfallabwägung. So könne beispielsweise in einem rauen Umfeld (z. B. Fußballstadion, Arbeitskollegen auf Baustelle) die ruppige Bezeichnung als „Lusche“ oder „Idiot“ straflos sein, in Bank oder Büro die gleiche Äußerung aber strafbar.

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„Im Fall der ,Grünen Tonne’ ist nach hiesiger Rechtsmeinung die Grenze zur Unhöflichkeit allerdings deutlich überschritten“, so Rechtsanwalt Kempgens weiter. Zudem dürfte die Äußerung auch nicht über die politische Meinungsfreiheit gedeckt sein, da die Bezeichnung „Grüne Tonne“ nicht sach-, sondern allein personenbezogen ist. Es gehe in der Äußerung offenbar nicht um politische Inhalte, sondern im negativen Sinne um die Person selbst.