Herne. Die „Landesinitiative Innenstadt“ wirkt: Im Mai werden in Herne zwei neue Geschäfte eröffnen. Eins bringt eine völlig neue kulinarische Facette.
Im Zuge der Corona-Pandemie griff die Angst vor einer Verödung der Innenstädte um sich, der Einzelhandel hatte wegen der mehrwöchigen Lockdowns schwer zu kämpfen. Als eine Gegenmaßnahme legte die NRW-Landesregierung die „Landesinitiative Innenstadt“ auf. In Herne stehen die ersten beiden Mieter für leerstehende Ladenlokale fest. Sie bringen kulinarisch und im Bereich der Heimtextilien neue Facetten auf die Bahnhofstraße.
In die Hausnummer 82a wird ein Hauch von Japan einziehen. Simone Schulz wird dort im Mai ein Café mit dem Namen „Spiral“ eröffnen. Hinter diesem Namen verbirgt sich das gastronomische Konzept von japanischen Crêpes. Die habe sie bei einer Asienreise kennengelernt, erzählte Schulz bei der symbolischen Schlüsselübergabe. Es handele sich um eine Art Pfannkuchen, der mit verschiedenen süßen Dingen gefüllt werden kann und in einer Metallspirale serviert werde. Die Füllung könnten sich die Gäste selbst zusammenstellen.
Nach Schulz’ Wahrnehmung gibt es in der näheren – und auch weiteren – Umgebung kein ähnliches Angebot. Im Laufe der Monate wolle sie sich weiterentwickeln und zunächst Frühstück, später abends auch Deftiges anbieten. Das Risiko für ihre Geschäftsidee hält sie für überschaubar. Als Mit-Geschäftsführerin des Unternehmens MedServ sei ihre Existenz gesichert, „hier kann ich mutig sein“.
McDonald’s-Ladenlokal stand rund elf Jahre leer
Das Besondere: Mit „Spiral“ wird eine Örtlichkeit wiederbelebt, die lange eine gastronomische Größe in Herne war: Bei der Hausnummer 82a handelt es sich um das ehemalige McDonald’s-Ladenlokal. Nachdem der Burgerbrater vor rund elf Jahren ausgezogen war, hatte Hauseigentümer Dieter Vossen keine Vermietung mehr realisiert. Ein Grund sei gewesen, dass er zuvor selbst einen sechsstelligen in die Mc-Donald’s-Möblierung investiert habe. Und die habe er nicht für andere Mieter herausreißen wollen, Angebote habe es in der Vergangenheit genug gegeben. „Mit Simone Schulz haben wir die perfekte Mieterin“, so Vossen. Denn die könne nun die Möblierung und vor allem auch die Kücheneinrichtung nutzen.
Fest steht auch der Mieter für das Ladenlokal an der Hausnummer 42. Dort wird in wenigen Wochen die „beU Manufaktur“ einziehen. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen aus dem Bereich der Heimtextilien und Pflegeprodukte aus Brühl. Im Onlineshop werden unter anderem Bettwäsche, Kissen oder Vorhänge sowie Seifen oder Rasierutensilien für den Mann angeboten. Dazu bietet „beU“ einen besonderen Service: Kunden können Bilder ihrer Wahl auf Bettwäsche drucken lassen.
Oberbürgermeister Frank Dudda freut sich, dass etwas in Bewegung komme, er selbst verbinde mit dem ehemaligen McDonald’s-Ladenlokal einige Erinnerungen. Die untere Bahnhofstraße (zwischen Robert-Brauner-Platz und Bahnhof) werde in den kommenden Monaten Schwerpunkt des Handelns bei der Stadt sein. Ziel sei es, einen Innenstadt zu haben, die Lebensqualität biete. Dazu biete die Landesinitiative einen wertvollen Beitrag.
In Herne und Wanne stehen noch jeweils zwei Ladenlokale zur Verfügung
Und so funktioniert die Landesinitiative im Grundsatz: Der Vermieter verzichtet auf 30 Prozent der alten Netto-Kaltmiete. Der Mieter zahlt nur 20 Prozent, um dessen Risiko gering zu halten. Die Differenz trägt ganz überwiegend das Land, ein bisschen auch die jeweilige Stadt. Der Förderzeitraum läuft bis Ende 2023. Die Ladenlokale dürfen nicht größer als 300 Quadratmeter sein.
Gisbert Schneider, der mit seinem Unternehmen die Landesinitiative betreut, spricht von einem regen Interesse an dem Programm. Insgesamt hätten sich bislang 36 Firmen oder Privatpersonen gemeldet, doch längst nicht alle kämen in Frage, „denn wir wollen ja nicht den xten Friseur oder Handyladen. Wir suchen individuelle Sachen“. Der Warenmix in Herne, aber auch in Wanne solle bereichert werden. Noch stünden in beiden Zentren jeweils zwei Flächen zur Verfügung. Er könne nicht erkennen, dass es auf der Bahnhofstraße oder auf der Hauptstraße eine große Leerstandproblematik gebe.
>>> WARUM ES LEERSTAND GIBT - EIN BEISPIEL
■ Die Gründe für Leerstände sind vielschichtig und auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Das zeigt das Beispiel des Ladenlokals, in dem bis Ende 2020 der Schuhhändler Reno war.
■ Bis jetzt gibt es dort keinerlei Bewegung. Der Grund: Takko hat noch bis April 2023 einen Mietvertrag mit dem Eigentümer, heißt es vom Herner Immobilienmakler Müller. Für die Zeit danach gebe es aber bereits Interessenten.