Herne. In Herne-Süd hat sich eine neue Bürgerinitiative gegründet. Sie kämpft gegen eine geplante Bebauung und erhebt Vorwürfe gegen die Stadt.
Es gibt eine neue Bürgerinitiative in Herne. Am Donnerstagabend haben sich rund 50 Anwohnerinnen und Anwohner der Vödestraße zusammengeschlossen, um sich gegen den Neubau von Wohnungen und Stadtvillen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu wehren. Es ist nicht nur ein Kampf gegen die von SPD und CDU unterstützten Pläne der Stadt, sondern auch gegen die Uhr.
Denn: Am Montag, 28. Juni, werden diese Pläne sowie Gutachten für das rund 40 Wohneinheiten zählende Neubaugebiet im Rahmen des formalen Verfahrens offengelegt. Anschließend besteht nur vier Wochen Zeit, um Einwände bei der Verwaltung geltend zu machen.
Bürger befürchten Lärm und mehr Verkehr
„Wir sind nicht gegen Wohnen und Leben in Herne, aber der Standort ist sehr fragwürdig“, sagt Dirk Faust, einer von vier BI-Sprechern, bei der Gründungsveranstaltung in einem Hinterhof. Gebaut werden soll nicht nur auf bisherigen Brach- bzw. Gewerbeflächen, sondern auch auf einem Teil der Gärten der an den Flottmannpark grenzenden Vödestraße.
Mehrere Argumente machen Bürger geltend – allen voran den Erhalt von Flora und Fauna in Herne-Süd. Mehr Lärm und eine deutliche Zunahme des Verkehrs befürchten sie. Außerdem warnen sie vor einer weitere Flächenversiegelung und drohenden Probleme bei der Entwässerung. Und einige wollen schlicht ihre Gärten bzw. Teile ihrer Gärten nicht verlieren.
„Ein Affront“: Vorwürfe gegen die Stadt
Der Widerstand ist nicht neu: Schon seit der ersten Vorstellung des Vorhabens im Frühjahr 2015 wird immer wieder Ablehnung laut. Die Stadt stand und steht dabei massiv in der Kritik. Ganz aktuell werfen die BI-Sprecher Frank Teubert und Klaus Müller-Pfannenstiel der Verwaltung vor, das Offenlegungsverfahren in die Sommerferien gelegt zu haben. „Ein Affront! Das ist Taktik, weil viele in den Urlaub fahren“, sagt Müller-Pfannenstiel, der ein in Herne ansässiges und bundesweit tätiges Umwelt- und Landschaftsplanungsbüro führt.
Vierte im Bunde des BI-Sprecherkreises ist Klaudia Scholz, die als Parteilose für die Linke im Rat sitzt und schon die Gründung von gefühlt zehn Bürgerinitiativen in Herne mit angestoßen hat – darunter die BIs gegen Suez und die Zentraldeponie. Beim ersten Treffen an der Vödestraße bringt sie im Stile einer Propagandistin in der Fußgängerzone leere Bögen für Unterschriftenlisten an die Frau und den Mann. „Wir wollen im Juli mit mindestens 500 Unterschriften beim Oberbürgermeister vorsprechen“, so ihre Vorgabe.
Mehr als symbolischen Charakter haben die Unterschriften allerdings nicht. Von rechtlicher Relevanz sind allein die bei der Stadt eingereichten Einwände gegen dieses Bebauungsplanverfahren 244. Und wie stehen die Chancen? Der erfahrene Planer Müller-Pfannenstiel hält den Ball flach: „Das kann man nicht vorhersagen. Es handelt sich um eine Abwägungsentscheidung durch die Verwaltung.“ Und: Es wäre schon ein Erfolg, wenn die Planung geändert und es weniger Lärm, Verkehrsbelastung und Entsiegelung geben würde.
Experte spricht von einem „grottigen Gutachten“
Mehrere Angriffsflächen benennt Müller-Pfannenstiel. Das vorgelegte Artenschutzgutachten sei „grottig“, sagt er. Und das Verkehrsgutachten sei veraltet, weil aus dem Jahr 2009. Bei rechtsfehlerhaften Punkten sei auch eine Klage möglich. „Zur Wahrheit gehört aber: Die Stadt kann nachbessern.“ Der Herner Stadtplanung stellt er auch jenseits dieses Verfahrens ein schlechtes Zeugnis für ihr Freiflächenverständnis aus. „Das ist auch der Grund, warum ich in Herne nicht tätig bin“, erklärt er.
An der Gründungsveranstaltung nehmen auch einige Vertreter von Parteien teil, konkret: CDU und Grüne. Wilfried Kohs, parteiloser Bezirksverordneter in Herne-Mitte, weist Pauschalkritik von Bürgern zurück: „Es ist nicht DIE Politik, die hier entschieden hat. Die Grünen, die Linkspartei und ich haben bisher gegen das Vorhaben gestimmt“, stellt er klar.
>>> Das Umlegungsverfahren
Ein Teil der Neubaufläche befindet sich an der Vödestraße auf mehreren privaten Flächen bzw. in Gärten. Im derzeit laufenden Umlegungsverfahren müssen die Grundstücke umverteilt werden, damit eine Bebauung überhaupt möglich wird.
Einige Eigentümer unterstützen dies, andere wie Frank Teubert lehnen dies ab - „bis zum bitteren Ende“, betont er.
Auch in diesem Punkt wird Kritik an der Stadt laut: Rolf Ahrens (Grüne) wirft der Verwaltung vor, dass sie es zunächst so dargestellt habe, als sei im Umlegungsverfahren weitgehend Einigung erzielt worden. Das sei aber nicht der Fall, wie sich jetzt zeige.