herne. . Der Ölpellets-Skandal in Gelsenkirchen hat Ängste und Fragen bei Mitarbeitern der Wanne Herner Eisenbahn (WHE) ausgelöst. Und das ist der Grund.

Die Schlagzeilen über das Verbrennen giftiger Ölpellets in einem Gelsenkirchener Kraftwerk hat auch die Belegschaft der Wanne Herner Eisenbahn und Hafen GmbH (WHE) sowie die Gewerkschaft Verdi alarmiert: Mitarbeiter fragen sich, ob sie im Wanner Hafen ebenfalls solche Ölpellets umgeschlagen haben und über mehrere Jahre gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt waren. Träfe dies zu, so würde dies zudem bedeuten, dass auch im Baukauer Steag-Kraftwerk über viele Jahre die als krebserregend geltenden Ölpellets verbrannt worden sind. Auf Anfrage der WAZ nehmen die Bezirksregierung Arnsberg und die Steag dazu Stellung - und entkräften diesen Verdacht.

Wilfried Kohs war über viele Jahre Betriebsrats-Chef bei der Wanne Herner Eisenbahn (WHE).
Wilfried Kohs war über viele Jahre Betriebsrats-Chef bei der Wanne Herner Eisenbahn (WHE). © Ralph Bodemer

Deklariert als Pet-Koks oder Petrolkoks seien Rußpellets über mehrere Jahre im Westhafen umgeschlagen und zur Verbrennung zum Steag-Kraftwerk transportiert worden, berichtet ein WHE-Mitarbeiter (Name der Redaktion bekannt). Die Pellets hätten „stark nach Ammoniak gerochen“. Wilfried Kohs, langjähriger WHE-Betriebsrat und heute Verdi-Vorstandsmitglied, bestätigt dies: „Kollegen beschwerten sich damals mehrfach über den Gestank der Pellets.“ Größere Gedanken hätten sie sich damals aber nicht darüber gemacht.

Steag: Petrolkoks stammte von Shell-Raffinerie

Das hat sich mit den ersten Berichten über die Gelsenkirchener Praxis schlagartig geändert, denn: BP hatte die in ihrem Werk angefallenen und als krebserregend geltenden Raffineriereste ebenfalls als Petrolkoks deklariert. Handelte es sich bei dem übel stinkenden Material im Hafen, das später im Steag-Kraftwerk verbrannt wurde, etwa um besagte Ölpellets aus Gelsenkirchen?

Florian Adamek ist Sprecher des Kraftwerk-Betreibers Steag.
Florian Adamek ist Sprecher des Kraftwerk-Betreibers Steag. © Lars Fröhlich

„Das können wir ausschließen“, erklärt Steag-Sprecher Florian Adamek auf Anfrage. Sondern? Um klassischen Petrolkoks, der als Regelbrennstoff bis zur Stilllegung von Block 3 im Jahr 2017 gemeinsam mit Steinkohle verbrannt worden ist. Die Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg beinhalte, dass bis zu 20 Prozent Petrolkoks bezogen auf den Einsatz von Steinkohle als „Regelbrennstoff“ verwendet werden dürfe. „Diese Menge wurde aber bei weitem nicht ausgeschöpft“, so Adamek. Und: Heute würden im Baukauer Kraftwerk weder Petrolkoks noch andere Regel- oder Ersatzbrennstoffe eingesetzt. Der gelieferte Petrolkoks sei von der Steag-Tochter Mineralplus beschafft worden und stamme ausschließlich aus der Shell-Raffinerie in Wesseling bei Köln, so Adamek.

Bezirksregierung genehmigte 1997 die Verbrennung

Die Bezirksregierung Arnsberg erklärt auf Anfrage, dass sie den 20-prozentigen Einsatz von Petrolkoks im (inzwischen stillgelegten) Block III des Baukauer Heizkraftwerks 1997 per Bescheid zugelassen habe. Gleichzeitig seien zusätzliche Emissionsgrenzwerte sowie Anforderungen an die Messung festgelegt worden, so Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung. Auf die Frage, ob nach Kenntnis der Bezirksregierung auch in Herne Ölpellets aus der BP-Raffinerie verbrannt worden seien, verweist Söbbeler auf die Aussagen der Steag, dass dem nicht so gewesen sei.

Auf Antrag von Pascal Krüger (Grüne) wird sich am Mittwoch, 5. März, auch der Umweltausschuss mit dem Thema befassen. Beginn ist um 16 Uhr im Rathaus Herne (großer Sitzungssaal). In gemeinsamer Sitzung mit der Bezirksvertretung Wanne wird sich das Gremium jedoch zunächst mit der Erweiterung der Zentraldeponie befassen.

>> INFO: Petrolkoks nicht mit Ölpellets vergleichbar

Petrolkoks ist ein bei der Ölvergasung in Raffinerien als Nebenprodukt entstehender Feststoff.

Petrolkoks sei nicht mit Ölpellets vergleichbar, erklärte die Landesregierung jüngst auf eine Kleine Anfrage der SPD.

Die Nutzung von Petrolkoks als Brennstoff gilt u.a. wegen der enthaltenen Schwermetalle bei Umweltverbänden wie dem BUND als problematisch.