Heiligenhaus. Schock für Andreas und Sylvia Ketter: Ein Händler verkaufte ihr Fahrzeug in Kommission, ihr Geld – mehr als 40.000 Euro – bekamen sie wochenlang nicht.

Andreas und Sylvia Ketter sind begeisterte Camper. Seitdem sie sich vor zwei Jahren ihr Wohnmobil gekauft haben, sind sie immer nur noch damit unterwegs. Und so ist natürlich auch der Urlaub für den kommenden Frühling in Italien bereits gebucht. Doch ob die beiden Heiligenhauser wirklich wie geplant dorthin reisen können, stand bis gestern in den Sternen.

Dabei hatten die 56-Jährige und ihr 54-jähriger Mann große Pläne. Dass ihnen da nun ausgerechnet der Verkauf ihres alten Wohnmobils einen Strich durch die Rechnung machen könnte, ahnten die beiden bis zum Herbst nicht.

Heiligenhauser Paar gibt ihr Wohnmobil in Kommission

Ihr bisheriges Wohnmobil, ein Ahorn Camp 690 P, gefiel Sylvia von Anfang an nicht wirklich von der Aufteilung, Andreas wünschte sich eine Automatikschaltung. Auf einer Messe entdeckten sie dann das perfekte Modell für sich und bestellten es. 70.000 Euro soll das neue Fahrzeug kosten, das alte Wohnmobil, für das sie einen Kredit aufgenommen hatten, wollten sie zeitnah und bestmöglich verkaufen. „Es hat etwa einen Wert von 45.000 Euro“, erklärt Andreas Ketter. Und so stellten sie es zunächst bei einem Kleinanzeigen- und schließlich einem Fahrzeugverkaufsportal ein. Denn die Händler vor Ort „wollten einfach zu wenig zahlen“. 

Andreas und Sylvia Ketter haben ihr Wohnmobil verkauft. Doch Geld haben die beiden Heiligenhauser nie gesehen.
Unterwegs mit ihrem Wohnmobil: Seit zwei Jahren sind die Heiligenhauser Andreas und Sylvia Ketter leidenschaftliche Camper. © Ketter | Ketter

Schließlich erreichte das Paar die Anfrage eines Wohnmobilhändlers aus Erkelenz. Er bot an, das Fahrzeug in Kommission zu nehmen. Also fuhren Andreas und Sylvia zu ihm. „Es machte alles einen sehr guten Eindruck“, erinnert sich der 54-jährige Fahrzeugbesitzer. Die beiden willigten ein und unterschrieben Anfang Oktober den Kommissionsvertrag. Drei Monate hatte der Händler nun, um das Wohnmobil gegen eine Vermittlungsprovision zu veräußern. „Wir hatten da ein gutes Gefühl“, bekräftigt Andreas Ketter.

Der Wohnmobilhändler aus Erkelenz machte einen positiven Eindruck

Schon wenige Tage später erreichte die Heiligenhauser die gute Nachricht: „Wir haben das Wohnmobil verkauft.“ Auch der Preis stimmte, 43.000 Euro hatte der Händler erzielt. Das Paar ist zufrieden, kann so den Kredit bei der Bank ablösen und für das neue Wohnmobil Geld aufnehmen. Auf Druck des Händlers brachten sie Mitte Oktober die Papiere vorbei –„und ich sagte noch, sie sollen sie erst dem neuen Besitzer geben, wenn das Geld da ist“, erinnert sich Sylvia Ketter und schiebt hinterher. „Bezahlt hatte der wohl und wollte das Fahrzeug zulassen.“ Doch damit begann ein Albtraum, der dafür sorgte, dass die beiden wochenlang kaum mehr zur Ruhe, geschweige denn zum Schlafen kamen.

Denn das Geld – 41.400 Euro (1600 Euro sind die vereinbarte Provision) – kam bis gestern nicht auf ihrem Konto an. Immer wieder fragten sie beim Händler nach, „und anfangs waren sie auch noch sehr freundlich“, berichtet Sylvia Ketter. Doch auch auf weitere Nachfragen passierte nichts. 

Andreas und Sylvia Ketter haben ihr Wohnmobil verkauft. Doch Geld haben die beiden Heiligenhauser nie gesehen.
Andreas Ketter genießt den Feierabend vor dem ehemaligen Wohnmobil © Ketter | Ketter

Auf eine Mail-Aufforderung reagierte der Händler, so berichtet das Paar, letztmalig am 11. November. Das Geld sei avisiert, die Zahlung an die Buchhaltung übergeben. Das ist der letzte Kontakt, den Andreas und Sylvia Ketter mit dem Erkelenzer Händler haben. Sie erstatten schließlich Anzeige und nehmen sich einen Anwalt, der setzt dem Händler, so sagt Sylvia Ketter, zwei Fristen, beide verstrichen laut ihr wort- und tatenlos.

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Heiligenhauser schaute mehrmals täglich auf sein Konto

„Ich habe sicher sechsmal am Tag aufs Konto geschaut“, so Andreas Ketter, immer noch mit der leisen Hoffnung, dass der Betrag doch noch ankommt. „Wir geben nicht auf“, sagte Sylvia Ketter Anfang der Woche im Gespräch mit der Redaktion – mit einem wütenden Funkeln in ihren Augen. „Mein Mann verdient zwar dank einer Sieben-Tage-Woche und drei Schichten gutes Geld, aber das tut uns richtig weh.“

Um nicht tatenlos zu warten, malte Sylvia Ketter gar Schilder, stellte sich vor dem Wohnmobil-Center auf, warnte so andere potenzielle Kunden. Auch in sozialen Netzwerken machte sie auf sich aufmerksam. „Wir sind nicht die einzigen Geschädigten“, sagte sie aufgebracht. „Der hat ja bereits 30 Verfahren laufen“, das hatte sie über eine Recherche im Internet herausgefunden.

Laut Landgericht gibt es mehrere Verfahren gegen den Händler

All diese Verfahren gibt es, das bestätigt der Pressesprecher des Landgerichts Mönchengladbach. Diese seien aber über alle Jahre hinweg zu betrachten. Doch „im aktuellen Jahr gab es 23 Verfahren“, weiß Justus Waßenberg. „Nur noch sechs davon laufen noch“, fügt er hinzu, die anderen seien beendet. Größtenteils einseitig. Was so viel heißt, dass ein Versäumnisurteil ergangen ist. Das ist in elf Fällen so. In diesem Fall wird ohne weitere Prüfung dem Kläger Recht gegeben. Die Begehren seien hier unterschiedlich. In einigen Fällen geht es um die Herausgabe von Fahrzeugbriefen oder Wohnmobilen in anderen um die Rückzahlung von bereits gezahlten Beträgen. In keinem der Verfahren ging es (bislang) darum, dass eine Verkaufssumme nicht ausgezahlt wurde. Diese Urteile können dann durch einen Gerichtsvollzieher vollstreckt werden. Ob und in welchem Maße das vollzogen werden konnte, wird dem Landgericht allerdings nicht mitgeteilt.

In Sachen Urlaub gaben sich die Ketters im Gespräch mit der Zeitung derweil kämpferisch: „Wegen denen verzichten wir sicher nicht auf unseren Urlaub“, sagte Sylvia Ketter bestimmt. „Notfalls kaufen wir einen Anhänger oder ein Wohnwagenzelt.“

Als sich die Redaktion einschaltet, kommt Bewegung in die Angelegenheit

Andreas und Sylvia Ketter haben ihr Wohnmobil verkauft. Doch Geld haben die beiden Heiligenhauser nie gesehen.
Die Reisen mit dem Wohnmobil bedeuten für Andreas und Sylvia Ketter viel Freiheit. © Ketter | Ketter

Als sich unsere Redaktion einschaltet und auch den Wohnmobilhändler kontaktiert, kommt nach wochenlangem Stillstand plötzlich Bewegung in die Angelegenheit. Zunächst meldete sich ein Verkäufer auf unsere Anfrage hin: „Familie Ketter hat das Geld vollständig erhalten. Es hat sich leider verzögert.“ Kurz vor Redaktionsschluss konnte der Rechtsanwalt der Ketters, André van der Pütten, gestern dann die frohe Kunde überbringen: Das Geld ist auf dem Kanzleikonto eingegangen.

„Wir sind so erleichtert“, sagt Sylvia Ketter. „Jetzt stoßen wir erst einmal an.“