Heiligenhaus. Mehr Diskussion bei politischen Entscheidungen wünscht sich die UHB-Fraktion im Sommerinterview – und fordert eine Entscheidung beim Heljensbad.

Es war kein leichter Schritt für Anja Billau-Espey und Thomas Rickal: Einige Monate nach der Kommunalwahl 2020 traten sie aus der SPD-Fraktion aus und bilden seitdem die Fraktion UHB (Unabhängige Heiligenhauser Bürger). Im Sommerinterview sprechen sie über ihre Inhalte und Kritik an einigen Entscheidungen des Rates.

Herr Rickal, Frau Billau-Espey, Sie sind ja beide für die SPD im Rat gestartet nach der Kommunalwahl. Wie kam es dann zur Trennung und Neugründung der UHB?

Anja Billau-Espey: Man hat ja immer Strömungen innerhalb einer Fraktion. Nach der Wahl hielt sich das jedoch nicht mehr die Waage. Da wussten wir, dass es schwierig wird, die Inhalte, die uns wichtig waren, nach vorne zu bringen. Alle wussten, es wird schwierig und haben sich nach Kräften bemüht, dass es funktioniert, aber wir konnten leider nicht viel machen. Wir sind aber nicht hier, als gewählte Ratsmitglieder, um rumzusitzen.

Thomas Rickal: Wenn du feststellst, dass deine Sicht auf Dinge keine Chance hat, muss man einsehen, dass man Zeit verschwendet. Es war für uns aber keine Option, hinzuschmeißen. Auch wenn es jetzt als kleine Fraktion schon zäh ist.

Welche Inhalte sind der UHB besonders wichtig?

Billau-Espey: Einige Dinge müssen endlich angepackt werden. Auch uns geht es auch ums Schwimmbad, da muss was passieren. Unsere Themenschwerpunkte decken vor allem die Ausschüsse Stadtentwicklung/Umwelt und Jugendhilfe ab.

Rickal: Wir wollen für unsere Stadt vernünftige Entscheidungen bei den vielen wichtigen Themen, die derzeit anstehen. Wir müssen das Thema Schullandschaft räumlich angehen, die Substanz einiger Schulen ist sanierungsbedürftig. Einige unserer Grundschulen haben Platzmangel. Das Thema Heljensbad kann man politisch zudem kaum anfassen, ohne dass an die nächste Kommunalwahl gedacht wird. Da kann man nichts gewinnen, aber es müssen klare und eventuell auch unpopuläre Entscheidungen her. Das Thema Wasser liegt uns zudem am Herzen, ob am Stauteich oder im Vogelsangbachtal. Aber die Vergangenheit hat gezeigt: Moderate Diskussionen sind bei all diesen Themen schwer möglich.

Wie sieht die Kooperation mit den anderen Fraktionen aus?

Billau-Espey: Das Tischtuch ist, zumindest was die SPD angeht, zerschnitten. Egal, was Thomas sagt, es wird sofort reingegrätscht. Wir würden uns wünschen, dass die Diskussionen wieder inhaltlicher Natur wären und keine persönlichen Fehden im Vordergrund stünden.

Rickal: Dieser Rat hätte die Möglichkeit gehabt, viel Gutes auf den Weg zu bringen. Aber die sachliche Auseinandersetzung ist oft schwierig aufgrund von Animositäten und Befindlichkeiten. Die größte Schnittmenge inhaltlich sehen wir derzeit zu den Grünen und zur FDP.

Billau-Espey: Transparenz wird ja angeblich ganz großgeschrieben, dennoch kommt es anscheinend zu einem Informationsvorsprung bestimmter Fraktionen. Alle sollten aber auf einem Informationsstand sein.

Rickal: Hier hat man aber auch gemerkt, Bürgermeister Michael Beck hat einfach gefehlt, wir sind wirklich froh, menschlich und politisch, dass er wieder da ist. Zuletzt wurde einfach geschaut, ob die Mehrheit steht, aber es wurde kein Austausch gesucht, nicht mehr diskutiert. Dabei sollte Diskussion die Grundlage politischer Entscheidungen sein. Unserer Meinung nach kommen derzeit zu viele inhaltliche Beschlussvorschläge aus Reihen der Verwaltung – das sollte wieder verstärkt vonseiten der Politik kommen.

Welche Entscheidungen des Rates verliefen aus Ihrer Sicht gut, welche schlecht?

Rickal: Positiv ist, dass es beim Bereich Mobilität oft eine große Schnittmenge zwischen den Fraktionen gibt und die Diskussion hier meist konstruktiv verläuft. Ansonsten fällt uns leider derzeit nicht viel Positives ein, einige Dinge sind aber nicht öffentlich gelaufen, da können wir also nichts zu sagen. In den nächsten Monaten stehen einige Entscheidungen an, die aus unserer Sicht gegebenenfalls negative Auswirkungen auf die Entwicklung unserer Stadt haben könnten.

Billau-Espey: Was ich schade finde, ist, dass wir durch die vielen nicht-öffentlichen Entscheidungen gefühlt einen kleinen Maulkorb verpasst bekommen. Wir machen Politik für die Bürger, aber der muss den Eindruck gewinnen, dass da vieles hinter verschlossenen Türen geschieht. Da muss man sich nicht wundern, wenn sich die Bürger von der Politik nicht mehr mitgenommen fühlen.

Rickal: Konkret nicht gut gelaufen aus unserer Sicht sind der Beschluss über den absolut überdimensionierten Bikepark, der Verkauf des Kornspeichers und die Erweiterungsmaßnahmen am Flurweg. Richtig toll finden wir jedoch, dass die SBEG Hochtief für den Innovationspark gewinnen konnte, wohl dank Eva Lupprian, die nun leider nicht mehr an Bord ist.

Was steht noch in der Zeit bis zur nächsten Kommunalwahl auf der UHB-Agenda?

Rickal: Die Ladeinfrastruktur, die für die gewünschte Verkehrswende notwendig wäre, lässt sehr zu wünschen übrig. Wir haben immer noch keine Schnellladestationen. Nicht jeder hat eine persönliche Wallbox. Ansonsten: Wir haben einige Anträge gestellt, die eigentlich alle abgeschmettert wurden. Vielen Fraktionen fehlt oft der Antrieb, Geld in den Klimaschutz zu stecken – aber wir wissen alle, wir können so nicht weitermachen. wir wünschen uns mehr inhaltliche, sachliche Diskussionen mit den anderen Fraktionen und auch mit der Verwaltung. Da ist leider auch nicht jeder gleich kritikfähig.

Wie sieht es denn aus, werden Sie beide bei der nächsten Kommunalwahl wieder für die SPD kandidieren? Die Ortsvorsitzende Simone Sönmez hatte sich nach ihrer Wahl ja dafür ausgesprochen, Sie beide wieder zurückzugewinnen.

Billau-Espey: Tief in meinem Herzen bin ich nach wie vor Sozialdemokratin. Allerdings hängt es für mich von den handelnden Personen ab. Und es gäbe unter den aktuellen Bedingungen in der Fraktion keinen Weg zurück. Aber ich stehe in Kontakt zur Ortsvorsitzenden.

Rickal: Simone Sönmez ist aus meiner Sicht ein Glücksfall für den SPD-Ortsverein. Wie es für uns weitergeht, wir wissen es jetzt noch nicht.