Heiligenhaus. Seit dem 1. April ist Pro Mobil im Alten Pastorat in Heiligenhaus eingezogen. Das Hotel Neues Pastorat öffnet bald – und eine Kindertagespflege.

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Es ist fertig, das Alte beziehungsweise Neue Pastorat. Der Bauherr, die Thormählen-Stiftung, hat pünktlich zum 1. April die Schlüssel an Ankermieter Pro Mobil übergeben. Und auch für den vorderen Bereich hat sich ein Mieter gefunden: Hörakustik Reinders wird am Samstag im Bereich des erhaltenen Teilstücks öffnen.

Hörakustik Reinders befindet sich in der gesamten ersten Etage. Etwas nach vorne steht rechts im Bild das Hotel Neues Pastorat.
Hörakustik Reinders befindet sich in der gesamten ersten Etage. Etwas nach vorne steht rechts im Bild das Hotel Neues Pastorat. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

27 Jahre jung ist Nils Reinders erst, doch ambitionierte Pläne, die hat er bereits seit einigen Jahren. 2015 hat er seine Ausbildung zum Hörakustiker gemacht, anschließend seinen einjährigen Meister in Lübeck. „Zuletzt habe ich als Filialleiter gearbeitet“, berichtet der Essener, der nun den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit, mitten in der Pandemie, wagt. Aber schlaflose Nächte, die habe er nicht, verrät Reinders: „Klar ist unter Corona alles gedeckelt, aber wir können als systemrelevanter Betrieb weiter öffnen.“

In der Pandemie entdecken viele erst einen Hörschaden

Nils Reinders
Nils Reinders © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Das wird er am Samstag zum ersten Mal tun, und zwar von 9 bis 13 Uhr. Heiligenhaus ist für ihn ein zweiter Heimatort – schließlich betreibt sein Vater, Optiker Andreas Reinders, nur wenige hundert Meter entfernt, das bekannte Brillengeschäft. „Wir sind aber zwei vollkommen unterschiedliche Betriebe“, so der Junior. „Ich freue mich, viele interessierte Menschen begrüßen zu dürfen, auch die, die vielleicht noch nie mit der Thematik zu tun hatten bislang.“ Doch gerade in der Pandemie habe der Bedarf nach Hörakustik zugenommen. „Dadurch, dass wir alle Maske tragen, ist es für Menschen, die vielleicht nicht mehr so gut hören, schwerer geworden, denn das zusätzliche Lippenlesen, mit dem dann Hörschäden kompensiert werden, entfällt ja“, weiß Reinders.

Die Scheu rund um das Thema Hörgerät, die sei immer noch vorhanden bei vielen, „aber aufgrund der technischen Innovationen sind diese mittlerweile nahezu unauffällig.“ Somit kommen immer mehr Menschen, auch Jüngere, um sich beraten zu lassen. „Ich kann immer nur raten, schnellstmöglich zu reagieren, wenn man merkt, dass das Hörvermögen nachlässt. Je früher man beginnt, desto besser kann man ein Ohr trainieren.“ Hörtests seien beim HNO möglich, gehören aber auch zur kostenlosen Erstberatung in seinem Laden dazu.

Geräte werden vom 3D-Drucker vor Ort hergestellt

Die Bandbreite der Hörgeräte sei mittlerweile enorm, „aber der Markt ist nicht mehr eine Nische, somit wird die Technik immer besser und für jeden erschwinglicher.“ Und Innovation steht bei Reinders ganz weit oben: Die Objekte wird er größtenteils vor Ort mithilfe eines 3D-Druckers selber herstellen. „Ich bin ein Perfektionist, da muss alles stimmen“, so Reinders. Denn nicht nur die Optik sei wichtig, sondern vor allem der Komfort. In Beratungsgesprächen werde dann der Kundenalltag besprochen, „denn dann können wir schauen, welche Möglichkeiten wir haben.“ Übrigens: Mittlerweile gibt es auch Hörgeräte, die Streamingfähig seien und über die direkt Musik abgespielt oder telefoniert werden könne.

Am 2. November 2018 wurde das Projekt vorgestellt, hier im Bild Margit Benemann (Pro Mobil), Gregor Todesco (Thormählen-Stiftung), Architekt Raimund Hölscher, Bürgermeister Michael Beck und der damalige Technische Dezernent Siegfried Peterburs (v.l.).
Am 2. November 2018 wurde das Projekt vorgestellt, hier im Bild Margit Benemann (Pro Mobil), Gregor Todesco (Thormählen-Stiftung), Architekt Raimund Hölscher, Bürgermeister Michael Beck und der damalige Technische Dezernent Siegfried Peterburs (v.l.). © Unbekannt | Katrin Schmidt

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Doch nicht nur die Technik ist modern, auch das Ladenlokal an sich lässt nicht erahnen, wie es hier einmal früher ausgesehen hat. Die Wände weit über drei Meter hoch, hell, freundlich, modern – und eigentlich mal gedacht, um eine Gastronomie zu beherbergen. Dass hier keine einzieht, irritiert einige Heiligenhauser und auch Margit Benemann, Geschäftsführerin von Pro Mobil. „Da war ich schon schwer enttäuscht, wir hätten gerne mit der Gastronomie zusammengearbeitet, vielleicht auch einen Ausbildungsplatz einrichten können, der Hotel und Gastronomie verbindet.“ Auch müssten jetzt neue Ideen her, wo ihre künftigen Hotelgäste abends dinieren könnten.

Stiftung kann Gastronomie-Kritik nicht nachvollziehen

Nicht nachvollziehen kann die Kritik Gregor Tedesco vom Kuratorium der Thormählen-Stiftung. „In der Pandemie gab es weit und breit keinen Interessenten, der eine Gastronomie eröffnen wollte“, so Todesco. „Ich bin sehr glücklich über unseren Mieter und für die Stiftung ist es auch eine gute Sache.“ Die Hörakustik würde gut ins Konzept passen, das findet auch Reinders: „Es ist die direkte Verbindung zu Pro Mobil da und die unmittelbare Nähe zu HNO-Ärzten.“ Zur Kritik äußert sich Todesco weiter: „Wir mussten irgendwann die Entscheidung treffen, und ich glaube, auch ohne Gastronomie sind wir eine große Bereicherung für die Innenstadt.“ Hilfe von Seiten der Stadt habe es nicht gegeben. Er hoffe nun, dass die Ladestraße sowie der Place de Meaux zügig fertig gestellt werden würden.

Bürgermeister freut sich über weiteren Baustein in der Innenstadtentwicklung

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Fast fertig sind die Arbeiten rund ums Alte beziehungsweise Neue Pastorat.
Fast fertig sind die Arbeiten rund ums Alte beziehungsweise Neue Pastorat. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Als eine Bereicherung sieht auch Bürgermeister Michael Beck die Entwicklung: „Ich freue mich, dass wir einen Investor gefunden haben, der auch den tollen Hingucker des Alten Pastorats übernommen hat, was uns als Stadt am Herzen lag.“ Mit dem Angebot dieser Art von Hotel böte man nicht nur im Kreis, sondern im Umkreis „etwas einzigartiges. Die Eröffnung in Pandemiezeiten ist natürlich schwierig, zeigt aber auch, es gibt eben noch was anderes als Corona.“

Zügig fertig, oder überhaupt fertig, werden will nun auch Pro Mobil. Nachdem sämtliche sozialen Dienste von der Mettmanner Straße in Velbert nach Heiligenhaus gezogen sind, ist hier und da immer noch was zu tun, an ein normales Arbeiten derzeit kaum zu denken. Doch die meiste Arbeit mache noch das Hotel: Das Projekt bezeichnet Benemann als Herausforderung ihres Lebens. „Es macht mir unheimlich Spaß, auch wenn ich an vieles eher zufällig gekommen bin“, berichtet sie über den langen Weg von der Idee bis zur Umsetzung dieses Objekts.

Hotel steht vor Eröffnung

Von der Farbgestaltung über die tolle Beratung einer selbst im Rollstuhl sitzenden Architektin bis hin zum cleverem Mitdenken beim Thema Inventar, Benemanns Job war in der letzten Zeit vielfältig. „Ich habe viel an Seminaren teilgenommen, Kontakte geknüpft, bin unter Betten und Tische gekrabbelt, um zu überlegen, wie wir es machen können. Ich kann mir gerade noch nicht vorstellen, dass wir bald eröffnen“, berichtet sie lachend, „aber ich freue mich sehr drauf.“ Bis dahin werden noch viele Handwerker gut zu tun haben. Doch bereits zu erkennen sind tolle Mosaike, eine erdfarbene Farbgestaltung und unverkennbar ist hier alles mit viel Liebe, aber auch barrierefrei und inklusiv eingerichtet.

Die letzten Arbeiten finden derzeit statt. Sehr schick ist es Gebäude, dass mit den hohen Fenstern auch ein ganz wenig an das frühere Haus der Kirche erinnert.
Die letzten Arbeiten finden derzeit statt. Sehr schick ist es Gebäude, dass mit den hohen Fenstern auch ein ganz wenig an das frühere Haus der Kirche erinnert. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Neben dem Hotel werden hier im Gebäude vor allem die sozialen Dienste ihre Arbeit durchführen können, wie die Kokobe, aber auch eine Großtagespflege wird angeboten. Ein Hotelzimmer wollen sie dafür nutzen, um Menschen mit Handicap probeweise das Gefühl zu vermitteln, wie es wäre, alleine zu leben. „Außerdem bieten wir einen Quartiersraum an, den alle Bürger und Vereine nutzen können“, zeigt sie den Raum, der über viele Sitzmöglichkeiten, eine bequeme Sesselecke und einen großen Bildschirm verfügt – mit Blick auf den Campus.

Hörakustik, Hotel und Tagespflege

Höraktustik Reinders hat geöffnet montags, dienstags, donnerstags und freitags von 9 bis 18 Uhr sowie mittwochs und samstags von 9 bis 13 Uhr. Infos gibt es unter www.hoerakustik-reinders.de, info@hoeraktustik-reinders.de oder 02056/9894160. Der Laden ist barrierefrei.

Das von Pro Mobil betriebene Hotel Neues Pastorat soll am 7. Mai eröffnen. Eine Feier wird es nach jetzigem Stand der Dinge aber nicht geben. Das Hotel wird über 13 barrierefreie Zimmer verfügen. Infos gibt es unter www.hotel-neues-pastorat.de.

Im Gebäude wird auch eine Großtagespflege für bis zu neun Kindern angeboten. Wer Interesse hat, sollte sich ans Jugendamt der Stadt wenden. Eröffnet werden soll diese Mitte Mai.