Heiligenhaus. . Eine optimale Brille herzustellen, ist bei all der Technik eine Kunst für sich. Früher verbindete Augenärzte und Optiker eine Hassliebe – inzwischen sorgen sie gemeinsam für scharf Linsen.

Die Straßenschilder hängen so blöd, dass man sie erst kurz vor dem Vorbeifahren erkennen kann. Die Beipackzettel sind in Schriftgröße 3 verfasst, also nur mit der Lupe zu entziffern. Ist das Ihr Eindruck? Dann aber schnell zum . . . ja, wohin denn? Zum Augenarzt oder zum Optiker? Früher ganz klar zum Augenarzt. Heute, so wissen die Heiligenhauser Optiker zu berichten, führt der erste Weg häufig ins Fachgeschäft. Brillen werden nicht mehr verschrieben, sind in den meisten Fällen keine Kassenleistung mehr.

Die Inhaber freuen sich, dass sich eine Augenärztin in Heiligenhaus niederlässt und bald ihre Praxis öffnet. Ein Widerspruch? Nein. Optiker Paul Kaiser sieht „die Entkrampfung zwischen Optiker und Augenarzt als eine der positivsten Entwicklungen“. Optikermeister Andreas Reinders bestätigt, dass es früher „Hassliebe“ war, betont aber: „Nur mit gutem Zusammenspiel können wir optimal versorgen.“

Und wie? „Was früher eine sehr gute Optiker-Ausrüstung war, ist heute Standard“, erklärt der Inhaber der Brillenstube Kaiser. Dazu gehört der Autorefraktor, die Spaltlampe, die auch als Hornhautmi­kroskop bezeichnet wird, und natürlich die Refraktionseinheit beziehungsweise die Refraktionsbrille, womit die Sehschärfe ermittelt wird.

Der Kunde dankt’s

Für Reinders gehört noch mehr Technik dazu. Der Optikermeister setzt zum Beispiel auf den Eyescanner, wodurch die Gläser später auf 1/100 genau angepasst werden können. Außerdem kommt bei ihm das Hornhautradienmessgerät zum Einsatz. Des weiteren benutzt er computerunterstützte Zentriergeräte, um die Gläser den Pupillen und dem Gestell entsprechend anzupassen. Per Computerkamera werden zwei digitale Fotos des Kunden mit Brille gemacht. Anschließend markiert Reinders die Ränder des Gestells auf dem Touchscreen. Besonders ist, dass er auch die Pupillen mit einer Art Zielscheibe auf dem virtuellen Brillenglas festhält, damit später die optimale Sicht erreicht wird. Kein Wunder also, dass seine „ermittelte Datenmenge für die perfekte Brille so groß ist wie die eines Telefonbuchs einer Stadt“, erklärt Reinders. In der hauseigenen Werkstatt werden die gelieferten Gläser computergesteuert geschliffen und gefasst.

Kaiser und Reinders sind Handwerker, beide mit jahrzehntelanger Erfahrung vor Ort. Unter anderem diese Erfahrung bewahre sie davor, Kunden an den Internethandel zu verlieren. Die Gefahr sehen beide nicht. Andreas Reinders hat sichtlich Spaß an Niveau und Perfektion, die gelebt werden. „Die Zielsetzung der perfekten Versorgung der Kunden“, betont der Meister, „hat nichts mit dem Preis zu tun.“ Für Kaiser steht das Vertrauen der Kundschaft im Vordergrund, gepaart mit der Beratung und Service. All das könne das Internet nicht bieten.