Hattingen/Sprockhövel/EN-Kreis. Neuerung für Hattingen und Sprockhövel: Der Rettungsdienst wird im Einsatz bald von einem Telenotarzt unterstützt, der sich per Video zuschaltet.

Hattingen und Sprockhövel werden Standorte für den Telenotarzt – per Videoschalte unterstützt der Notarzt dabei den Rettungsdienst am Einsatzort, in schwierigen Fällen auch den kompletten Weg bis ins Krankenhaus.

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Schauen wir auf ein Beispiel: Der Notfallsanitäter ist im Einsatz und muss einem Patienten Schmerzmittel geben. Das Problem: Ab einer gewissen Dosierung braucht er dafür eine ärztliche Verordnung. Der Sanitäter handelt und fordert den Telenotarzt an. Der ist ganz woanders und schaltet sich über seinen Computer per Kamera und Mikrofon zu, um die Lage zu beurteilen und die Entscheidung für ein wirksameres Medikament zu treffen. Anhand der Bilder gewinnt er Eindrücke vom Zustand des Patienten, außerdem kann er dessen Vitalwerte wie etwa EKG, Puls, Blutdruck oder Sauerstoffgehalt im Blut in Echtzeit abrufen, analysieren und einschätzen.

Rettungsdienst - Telenotarztmodell in Erprobung
Eine Notarzt am Arbeitsplatz der Telenotfallmedizin (Symbolfoto). Im Ennepe-Ruhr-Kreis geht das System ebenfalls an den Start. © DPA Images | Heiko Rebsch

Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, wie die Kreisverwaltung verrät. Den EN-Kreis wird den sogenannten „Telenotarzt Bergisches Land“ gemeinsam mit dem Kreis Mettmann sowie den Städten Remscheid, Solingen, Wuppertal und Leverkusen umsetzen. Geplant wird dies seit Jahren, die ersten Einsätze waren bereits für Ende 2022 geplant, wurden dann aber aufgeschoben.

Auch weiterhin vor Ort im Einsatz

Wer Sorge hat, im Ernstfall keinen Notarzt mehr zu Gesicht bekommt, darf beruhigt sein: Bei schweren Erkrankungen oder Verletzungen wird weiterhin ein Notarzt auf den Weg geschickt, wie der EN-Kreis erklärt. „Einsatz“ heiße es für den Telenotarzt von seinem Arbeitsplatz in einer Leitstelle lediglich in weniger dramatischen Fällen, bei Verlegungsfahrten oder als zwischenzeitliche Ansprechpartner für Notfallsanitäter, die vor Ort noch auf den Notarzt warten.

Starkes Team für den Aufbau des Telenotarztsystems „Bergisches Land“: Die Mitglieder der Steuerungsgruppe in der Hauptfeuer- und Rettungswache Leverkusen zusammen mit Vertretern der beteiligten Dienstleister.
Austausch aller beteiligten Kommunen über den nahestehenden Startschuss für den „Telenotarzt Bergisches Land“. © KME | PS

„Wichtiger nächster Schritt, damit das Telenotarzt-System im Ennepe-Ruhr-Kreis die bestehenden Notfallkonzepte ergänzen kann, ist der Einbau weiterer Technik in die Rettungswagen“, so Kai Pohl. Für das Übertragen von Gesprächen, Bildern und Vitaldaten sind unter anderem Kameras, Router und Antennen sowie entsprechende Steuerungselemente notwendig.“ Auch Headsets würden zukünftig zur Ausstattung zählen. Für die Besatzungen der Rettungswagen stehen entsprechende Schulungen im Umgang mit der neuen Technik auf dem Plan.

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Anpassungen in der Leitstelle seien nicht notwendig – diese würden an den Arbeitsplätzen der Telenotärzte in den Leitstellen des Kreises Mettmann und der Stadt Leverkusen erfolgen. Von dort aus sollen die Rettungskräfte aller beteiligten Kommunen unterstützt werden. Personell und technisch wird der Telenotarzt „Bergisches Land“ in Kooperation mit der ADAC Telenotarzt gGmbH und der „umlaut telehealthcare GmbH – Part of Accenture“ umgesetzt.

Start für Frühjahr 2025 vorgesehen

Das Telenotarztsystem soll dem Rettungsdienst dann täglich rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Die 24-Stunden-Verfügbarkeit sei durch eine Verknüpfung mit anderen Telenotarzt-Standorten als Netzwerk garantiert und erhöhe die Kapazität der Notarztressource, wie die ADAC Telenotarzt gGmbH erklärt.

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Das Unternehmen „umlaut telehealthcare GmbH – Part of Accenture“ betreibt seit 2014 den europaweit ersten Telenotarzt-Standort in Aachen. Es forscht und entwickelt an Systemkomponenten und vor allem an einer digitalen Rettungskette mit Dokumentations- und Telenotarzt-Software.

Stichwort Telenotarzt

Um dauerhaft eine qualitativ hochwertige und zuverlässige Notfallrettung zu gewährleisten und gleichzeitig eine Überlastung sowie Fehlalarme und unnötige Einsatzfahrten zu vermeiden, wird auch im Rettungsdienst zunehmend digitalisiert. In diesem Zusammenhang wurde der Weg für den Einsatz des Telenotarzt-Systems geebnet.

In Nordrhein-Westfalen wurde es vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales 2020 auf den Weg gebracht. Eine gemeinsame Absichtserklärung mit Vertretern der Krankenkassen, den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Ärztekammern legte seinerzeit den Grundstein. In diesem Jahr soll das Telenotarztsystem in NRW flächendeckend in Betrieb genommen werden. Landesweit haben sich hierfür wie im Bergischen Land Trägergemeinschaften gebildet.

Das Telenotarztsystem soll dem Rettungsdienst helfen, die immer weiter steigende Zahl an Einsätzen besser bewältigen zu können. Immer öfter müssen zum Beispiel Rettungshubschrauber Notärzte einfliegen, weil alle am Boden verfügbaren bereits im Einsatz sind.