Hattingen. Das war auffällig: Sieben Stunden lang war die Polizei auf Hattingens Hüttenstraße unterwegs. Einige Autofahrer wurden aus dem Verkehr gezogen.

Blaulicht und Absperrungen auf der Hüttenstraße in Hattingen: Was ist dort los? Über sieben Stunden hat die Polizei am Dienstag (17.12.) Fahrzeuge aus dem laufenden Verkehr gewunken. Das Ziel: Die Konsumenten von Drogen und Alkohol herauszufiltern.

Die glühweinseligen Weihnachtsmarktbesucher sind noch nicht unterwegs - warum setzt man eine Alkoholkontrolle auf einen Dienstagmittag? Christoph Neuhaus, Sprecher der Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis, ist überzeugt: Gewohnheitstrinker oder Alkoholkranke erwischt man auch an einem Werktag zur Mittagszeit. Dazu hat die Polizei kurz hinter der Einmündung Marxstraße die Hüttenstraße beidseitig je einspurig abgesperrt. Mehrere Einsatzfahrzeuge stehen bereit, acht Polizisten und Polizistinnen - und ein Dixi-Klo. Für die Mitarbeitenden? Keineswegs, dort dürfen die Urinproben abgegeben werden.

Kein TÜV, Reifen abgefahren

Der Einsatz beginnt mit Routine. Viele Verkehrsteilnehmende - meist Frauen oder Ehepaare - sind vorschriftsmäßig unterwegs. Mit frischem Verbandskasten, Warndreieck, allen Papieren. Besonders lange werden Lkw gefilzt. Verstöße gibt es fast immer: Die Ladung ist nicht richtig gesichert, die Spanngurte sind nicht zulässig. Ein Mann, der als selbstständiger Kurierfahrer arbeitet, muss belehrt werden: Auch er muss ein Fahrtenbuch führen und nachweisen, dass er in seinem 2,8-Tonnen-Lkw nicht mehr als 4,5 Stunden am Stück hinterm Lenkrad gesessen hat.

Auch interessant

Ganz schnell finden die Beamten aber auch andere Autofahrer. Ein Mann ist in einem Renault Clio unterwegs. „Meine Frau hat Geburtstag und ich wollte ihr schnell in Bochum Blumen und Ballons kaufen“, erklärt er. Weil die Frau das Auto habe, habe er sich den Pkw eines Kollegen geliehen. Pech nur: Das Auto hat keinen TÜV, die Reifen sind abgefahren. Mit dem Zollstock wird nachgemessen: Das Profil hat gerade Mindesttiefe. „Das ist echt grenzwertig“, meint Christoph Neuhaus. Der Mann muss ein Verwarngeld zahlen, darf aber weiterfahren. Das macht er achselzuckend: „Ich habe früher einen 3er BMW gehabt. Da wurde ich sehr, sehr oft rausgewunken. Es ist aber nie was gewesen.“

Mehr Themen aus Hattingen

Ein Dixiklo zur Urinprobe

Wen die Polizisten herauswinken, wird innerhalb von Sekunden entschieden. „Die Fahrzeugbeschaffenheit spielt schon eine Rolle“, sagt Sprecher Neuhaus. „Wer nicht so viel Wert auf sein Fahrzeug legt, also wo Beleuchtung oder Reifen nicht den besten Eindruck machen, sieht vielleicht auch anderes nicht so genau. Nach dem Motto: Wird schon gutgehen“, beschreibt er ein Bauchgefühl. Man staunt, wie selbstbewusst die Autofahrer sind. Einige düsen mit hohem Tempo durch die Polizeiabsperrung. Andere zahlen mürrisch die 15 Euro Verwarngeld für ein fehlendes Warndreieck und schmettern dem Polizisten ein „Abzocke“ hinterher.

Die Polizei kontrolliert am Dienstag (17.12.) die Fahrzeuge auf der Hüttenstraße.
Die Polizei kontrolliert am Dienstag (17.12.) die Fahrzeuge auf der Hüttenstraße. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Kaum eine Stunde nach Start der Kontrollen auf der Hüttenstraße gehen fast zeitgleich zwei Fische ins Netz. Der Fahrer eines großen BMW wird zum Reaktionstest aus dem Auto herausgebeten. Kurz danach schickt ihn die Polizistin aufs Dixiklo, zur Urinprobe. Und siehe da: Diese weist den Konsum von Cannabis nach. „Ich bin vor zwei Tagen Vater geworden“, erzählt er - und da, also am Wochenende, habe er Cannabis geraucht. Warum soll er dann am Dienstag nicht Autofahren dürfen?

Tatsächlich ist die Sachlage schwierig. Der THC-Grenzwert im Straßenverkehr liegt bei 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum. Liegt der Mann aus dem BMW drunter? Die Polizei ruft einen Arzt, der vor Ort eine „beweisverwertbare“ Blutprobe entnehmen soll. Auch einem zweiten Pkw-Fahrer kann die Polizei Cannabis-Konsum nachweisen. Er kann aber per Rezept belegen: Sein Arzt hat ihm den Konsum verschrieben, er darf also weiterfahren. Der auf den Arzt wartende BMW-Fahrer ist sichtlich aufgewühlt von der ersten Polizeikontrolle seines Lebens: „Die können doch nicht Cannabis legalisieren und dann ist hier nichts klar!“ Der Blutprobe verweigern darf er sich übrigens nicht.

Angekündigte Verkehrskontrollen

Die Polizei kündigt ihre Verkehrskontrollen nicht an. Sie können immerzu irgendwo im Ennepe-Ruhr-Kreis stattfinden. „Wir wollen so den Kontrolldruck erhöhen. Überall könnten die Leute mit einem Blitzer rechnen“, erklärt Polizeisprecher Christoph Neuhaus das Prinzip.

Der Ennepe-Ruhr-Kreis führt als Behörde auch Verkehrskontrollen durch. Diese werden aber regelmäßig veröffentlicht. Für Hattingen gab es nur Termine am Montag und Dienstag. In Sprockhövel wird am Freitag (20.12.) geblitzt: Wittener Str., Schmiedestr., Kleinbeckstr., Barmer Straße.

>>> Hier gibt es noch mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel