Hattingen. Seit 40 Jahren entwickelt der Verein HAZ in Hattingen Hilfen für Menschen mit sozialen Problemen. Was die Herausforderungen derzeit sind.

Immer mehr junge psychisch kranke Erwachsene in Hattingen brauchen Hilfe, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen: Da sind sich die beiden Geschäftsführer von „HAZ Arbeit + Zukunft - Verein zur Förderung von Initiativen gegen die Jugendarbeitslosigkeit e.V.“ sicher. Der Verein stellt sich darauf ein.

So wie er seit 40 Jahren im Wind der sozialpolitischen Veränderungen arbeitet und auf die sozialen Probleme in der Gesellschaft reagiert. „Dass ein gemeinnütziger Verein so lange erfolgreich ist in einem Arbeitsbereich, wo so häufig alles umgeändert wird, das ist schon eine Leistung“, sagt Geschäftsführer Armin Stickler.

Verein HAZ in Hattingen hat die Größe eines mittelständischen Unternehmens

85 hauptamtlich Beschäftigte zählt der Verein inzwischen - viele sind seit vielen Jahren dabei. Einigen hat das HAZ einst den Weg in den ersten Arbeitsmarkt geebnet. Als Jugendberufshilfe gegründet, nahmen sich die damals Ehrenamtlichen flugs auch der Erwachsenen an. „Wir haben heute die Größe eines mittelständischen Unternehmens“, so Geschäftsführer Dirk Lünenschloß.

Historisches und Jubiläumsfest

Einige engagierte Bürgerinnen und Bürger schlossen sich damals zusammen, um sich mit der Gründung des Vereins - das HAZ hieß damals noch Hattinger Arbeitslosen-Zentrum - der Problematik der Jugendarbeitslosigkeit anzunehmen, die damals Besorgnis erregte. Denn erst mit dem Strukturwandel in Hattingen bekam das Thema Bedeutung. Der Pfarrer Karl-Heinrich Knoch war es damals, der Vorreiter des Vereins war.

Flexibel reagiert der Verein auf Anforderung, immer wieder hat es in den 40 Jahren Neuerungen gegeben. Autoverwertung, Naturgarten Zippe, Ausbildung in einer Schneiderei in einer Zeit, als Steilmann in Bochum Personal suchte. Heute ist die Schneiderei noch im Werkbereich zu finden als Aktivierungsmaßnahme für Frauen und alleinerziehende Mütter.

Als 2015/2016 die Flüchtlingswelle kam, hat das HAZ eine Flüchtlingsunterkunft mit aufgebaut und betreut. Acht Jahre gehörte die stationäre Jugendeinrichtung Horizont für unbegleitete Minderjährige zum Verein, bevor ein spezialisierter Träger übernahm. Nach sechs Jahren lief 2022 die Flüchtlingshilfe - möglich durch die Aktion Mensch - aus.

Mietfläche hat das HAZ in Folge von Corona und der Energiekrise abgegeben. „Wir haben uns von 6500 auf 5000 QUadratmeter verkleinert.“

Das HAZ-Jubiläumsfest steigt am Samstag, 31. August, von 11 bis 17 Uhr, Am Walzwerk 19. Es wird viele Mitmachaktionen in den Werkstätten für Kinder wie Erwachsene geben. „Wir wollen uns nicht feiern, sondern die, für die wir das machen, und unsere Mitarbeitenden“, sagt Geschäftsführer Dirk Lünenschloß. Wer mag, feiert mit.

Sorgenvoll betrachten die beiden Geschäftsführer die Haushaltsdebatte für 2025. „Es ist noch unklar, wie hoch die Kürzungen in 2025 sein werden.“ Sorgenvoll betrachten sie auch die gesellschaftliche Debatte, ob Arbeitslose denn eine Zielgruppe seien, die Hilfe brauche. „Dass sie sich einen faulen Lenz machen, trifft nur auf weniger als zehn Prozent zu“, ist sich Stickler sicher. Die anderen Menschen wollten arbeiten, bräuchten Hilfe.

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Junge psychisch kranke Erwachsene sind eine Herausforderung

Eine wachsende Herausforderung sehen beide darin, dass immer mehr psychisch kranke Erwachsene und Jugendliche Hilfe bräuchten, Firmen allein mit ihnen überfordert seien. „Viele Betroffene haben kein Sozialleben mehr. Wir erleben, wie sie aufblühen, wenn sie wieder Tagesstruktur und Sozialkontakte haben beispielsweise durch die Arbeit bei MäckSecond“, sagt Stickler. Und Lünenschloß ergänzt: „Oft ist es schwierig, sie zu erreichen.“ Darum werden im November die HAZ-Kollegen zwei Tage lang im Umgang mit jungen psychisch kranken Erwachsenen geschult.

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Sein Profil will das HAZ im Jubiläumsjahr schärfen, dazu gehört auch eine neu gestaltete Homepage, die in der kommenden Woche fertig sein soll - noch vor dem Jubiläumsfest am 31. August. Wie breit der Verein aufgestellt ist, „das weiß kaum jemand“, sagt Lünenschloß.

Verein hat drei Standbeine: Eines überrascht Menschen immer wieder

Überrascht seien Menschen immer wieder, dass das HAZ Jugend- und Familienhilfe anbietet. Der Bereich ist eine Säule des HAZ‘, der sich jetzt im neuen Claim des Vereins „HAZ Hilfen. Arbeit. Zukunft.“ wiederfindet, um die Hilfen mehr in den Fokus zu rücken.

Seit 2015 hat das HAZ die Jugend- und Familienhilfe stark ausgebaut. „Es gibt auch einen Vormundschaftsverein mit bereits über 20 Vormundschaften in Hattingen und Sprockhövel“, so Lünenschloß. Und : „Wir sind die Einzigen in Hattingen, die sozial Grupenarbeit mit Grundschülern anbieten.“ Zum Bereich Jugend und Familie gehören außerdem ambulante Hilfen zur Erziehung und Schulsozialarbeit.

Armin Stickler: „Finanzierung ist fragil“

Zweiter Bereich: Berufsorientierung und Ausbildung mit Hilfe beim Übergang von Schule zu Beruf, Berufsvorbereitung und -ausbildung. In den dritten Bereich Arbeit und Beruf fallen Beschäftigungsprojekte Qualifizierung und Vermittlung, Weiterbildung sowie Beratung und Begleitung.

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70 Prozent der finanziellen Mittel bekommt das HAZ über öffentliche Ausschreibungen. Stickler betont: „Die Ausschreibungen kann man auch verlieren. Das System ist fragil.“

HAZ hat Zigtausend Menschen in 40 Jahren geholfen

Zigtausend Menschen hat der HAZ in 40 Jahren mit Projekten und Co. geholfen. Etwa 350 Menschen - eine Maßnahme dauert sechs Monate bis ein Jahr - sind immer gleichzeitig beim HAZ, zu dessen Werkbereich Schlosserei, Schreinerei, Schneiderei, Lehrküche, Lager, Maler- und Lackiererei sowie Verkauf gehören. „Die gut ausgestatteten Werkbereiche heben uns von anderen Anbietern ab“, betont Lünenschloß.

Eine Neuerung gibt es noch zum 40. Geburtstag: MäckMöbel wird zu „MäckSecond - Zweite-Chance-Shop“. „Das ist doppeldeutig, denn es ist eine Chance für die Waren, aber auch für Langzeitarbeitslose“, sagt Stickler.

Uwe Crone: „Wir sind ein Träger in Hattingen für Hattingen“

Das individuelle Qualifizierungszentrum „quaz.ruhr“ in Bochum in der alten Opel-Lehrwerkstadt ist das einzige HAZ-Projekt außerhalb von Hattingen. „Aber dort sind auch Hattinger“, sagt Pfarrer Uwe Crone, der zum Verwaltungsrat zählt. „Wir sind ein Träger in Hattingen für Hattingen.“

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