Hattingen. Nicht körperlich hat ihr Partner Anna verletzt, aber immer wieder seelisch gepeinigt. Hilfe zu suchen, ist ein großer Schritt. Und sie findet sie

Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter. Die, die Anna widerfährt, ist keine, bei der Fäuste fliegen, sie körperlich attackiert wird. Anna ist vielmehr betroffen von psychischer Gewalt – durch den eigenen Partner. Deshalb hat sie die Gesine-Frauenberatung des Ennepe-Ruhr-Kreises aufgesucht.

Anna, um die 30, heißt eigentlich anders, aber um sich zu schützen vor möglichen neuen drastischen Reaktionen ihres Freundes möchte sie in diesem Artikel anonym bleiben. Auch das Telefonat führt sie heimlich.

Äußerungen des Partners verletzen sie seelisch

In einer Klinik sei sie vor einiger Zeit gewesen, erzählt sie, „weil es mir nicht so gut ging“. Ihre Essstörung aufarbeiten wollte sie dort. Doch bei den Therapiegesprächen in der Klinik sei ihr erstmals richtig bewusst geworden, was in ihrer Beziehung ablaufe, wie sehr Äußerungen des Partners sie seelisch verletzen, sagt sie. Und dass das eine mit dem anderen zusammenhängt.

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Von einer Mitpatientin erfuhr sie dann vom Verein „Frauen helfen Frauen“, der unter seinem Programm „Gesine Intervention“ neben dem Frauenhaus für den EN-Kreis auch drei Beratungsstellen für Frauen betreibt – darunter eine in Hattingen. Mit den Frauenberatungsstellen wurde dabei ein niederschwelliges und kostenfreies Angebot für Frauen in schwierigen Lebenssituationen geschaffen. Lebenskrisen, Trennung/Scheidung, Mobbing, Stalking sind häufige Beratungsthemen. Aber auch körperliche, sexuelle und seelische Formen von Gewalt.

„Es ist gut, dass es in der Frauenberatung Menschen gibt, die mir zuhören und einen neutralen, fachkundigen Blick auf meine Situation haben“, betont Anna. Und dass sie in der Frauenberatung darin bestärkt worden ist, „dass ich richtig liege in meinen Empfindungen: Ich erlebe in meiner Beziehung wirklich emotionale und psychische Gewalt“.

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„Gut, dass es in der Frauenberatung Menschen gibt, die mir zuhören“ “

Anna
Opfer psychischer Gewalt

„Immer wieder runter macht er mich“, schildert Anna die psychische Gewalt, die ihr Partner ausübt. „Er sagt zum Beispiel: ,So kannst Du doch nicht rumlaufen mit Deiner Figur’, wenn ich körperbetonte Kleidung trage.“ Auch abfällige Bemerkungen über andere Frauen mache er in ihrem Beisein, nenne Frauen mit ähnlichem Gewicht zum Beispiel „fett“.

Für Anna, die vor einigen Jahren noch stark übergewichtig war, nun aber ein normales Gewicht erreicht hat, Aussagen, die sie enorm „triggern“. Dies hat sie ihrem Partner auch schon mehrfach gesagt. Er habe auch jedes Mal versprochen, solche Bemerkungen fortan zu unterlassen. Doch geändert hat das bislang nichts. „Wenn er so über mich und andere Frauen spricht, dann ist das kein gutes Gefühl“, sagt sie. Und wenig hilfreich, um ihre Bulimie zu überwinden, sei es noch dazu.

In ihren Bedürfnissen und ihrer Persönlichkeit fühlt sie sich immer wieder verletzt

Eine junge Frau versucht sich gegen einen Angriff zu schützen (Symbolbild zum Thema Häusliche Gewalt).
Eine junge Frau versucht sich gegen einen Angriff zu schützen (Symbolbild zum Thema Häusliche Gewalt). © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Auch in anderen Bereichen fühlt sich Anna in ihren Bedürfnissen und ihrer Persönlichkeit immer wieder verletzt. So schildert Anna zum Beispiel eine Situation, in der sie ihre Ruhe brauchte – und sich in ein Zimmer der gemeinsamen Wohnung zurückzog. Doch ihr Freund habe das nicht hinnehmen wollen, „ich habe die Tür abschließen müssen. Danach hat er den Strom abgestellt“. Ein anderes Mal habe er sich sehr kritisch darüber geäußert, dass sie mit einigen Freundinnen ausgehen wollte. An nimmt sie zudem, dass er ihr Handy und ihre Mails kontrolliert. „Ich habe nicht mehr so meine Freiheiten. Ich muss funktionieren, so wie er es will“, sagt sie. „Er spielt Machtspielchen mit mir.“

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Auch mithilfe ihrer regelmäßigen Besuche in der Frauenberatung versucht Anna nun zu erarbeiten, „wie ich weiterleben möchte“. Wie sie ihre Essstörung überwinden kann, wie sie sich ihre Zukunft vorstellt – beruflich, vor allem aber auch privat. Sie habe für ihren Partner schon „tiefe Gefühle“, sagt Anna. Aber auch: „Ich weiß, dass wir eine Art toxische Beziehung führen.“ Ob sie weiter mit dem Freund zusammenleben will? Annas Stimme stockt kurz, ehe sie antwortet. Dann sagt sie: „Jein.“

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