Hattingen. Volker Ulrich aus Hattingen hilft ehrenamtlich der Kirchturmuhr von St. Georg dabei, die Stunde richtig zu schlagen. Er schreibt ein Handbuch.

Volker Ulrich weiß, wie die Uhr der St.-Georgs-Kirche in Hattingen tickt. Und gerade hilft er ihr mit einem Gepäckträger-Gummi dabei, genau die Stunde zu schlagen.

Seit mehr als einem Jahr engagiert sich der gebürtige Welperaner und Ingenieur ehrenamtlich für das Kirchengebäude. „Pfarrer Udo Polenske hat mir ein neues Hobby geschenkt“, sagt er mit Blick auf die Uhr. Polenske lernte Ulrich über seine Frau kennen, die sich ehrenamtlich bei der Diakonie engagiert. Als es Probleme mit der Heizung in der Kirche gab, sprach der Pfarrer ihn einfach an. „Sie sind doch Ingenieur, hat er gesagt.“

Ehrenamtlicher kümmert sich um Kirchturmuhr und Heizung von St. Georg in Hattingen

Und weil Polenske wirklich überzeugend sein könne, schaute er nach der Heizung. „Die ist ein interessantes technisches Thema. Sie ist nicht dafür gebaut, dass sich Menschen wohlfühlen, sondern damit sich die Orgel wohlfühlt. Ist sie nicht richtig programmiert, kostet das Geld.“ Schnelle Temperaturveränderungen verträgt das Musikinstrument nicht.

Bleiverglasungen und Betonfiguren

Volker Ulrich studierte in Bochum Konstruktionstechnik, anschließend machte in Aachen sein Diplom, arbeitete beim TÜV Nord in Essen.Bleiverglasungen fertigt er selbst für sein Fachwerkhaus, das er liebevoll umgebaut hat. Darin steht auch eine Standuhr, die er regelmäßig eigenhändig wartet.Betonskulpturen schafft Ulrich auch – ein bunter Junge aus Beton etwa sitzt vor seiner Eingangstür. „Darauf werde ich oft angesprochen.“ In seinem Flur begrüßt Eintretende „eine Oma“. Der Opa dazu ist inzwischen längst woanders.

Inzwischen hat Ulrich sogar eine Überwachungsanlage fürs Klima installiert. „Jetzt kann ich über das Handy Feuchtigkeit und Temperatur in der Kirche überwachen.“ Liegt die Feuchtigkeit bei unter 40 oder über 70 Prozent, muss er gegensteuern, Lüftungsmaßnahmen ergreifen. „Die Kirche zeigt schon einige Trocknungsrisse.“ Das künftig zu vermeiden und die Orgel zu schonen, ist Ziel der Überwachung. Anfangs kontrollierte er die Werte täglich. „Inzwischen reicht ein Mal pro Woche.“

Auch die Spülmaschine hat der Ingenieur schon repariert

Bei der Heizung allerdings blieb es nicht. Auch die Spülmaschine reparierte Ulrich schon – und widmet sich der Kirchturmuhr. Als er die zum ersten Mal im Kirchturm sah, in dessen Schatten er lebt, war es um ihn geschehen. „Das mechanische Uhrwerk ist ein technisches Wunderwerk.“ Erst reparierte er die Kirchenglocken-Automatik. Als der Stundenschlag dann nicht richtig funktionierte, sich verstellt hatte, studierte er die gesamte Anlage, suchte nach einer Lösung – und fand sie. „Das ist aber nur ein Provisorium“, wiegelt er bescheiden ab.

Volker Ulrich zeigt die 24-Stunden-Uhr im Uhrwerk, das im Turm der St.-Georgs-Kirche in Hattingen steht. Der Ingenieur kümmert sich ehrenamtlich um die Technik in der Kirche. Die Kabel über der 24-Stunden-Uhr hat er kürzlich erneuert.
Volker Ulrich zeigt die 24-Stunden-Uhr im Uhrwerk, das im Turm der St.-Georgs-Kirche in Hattingen steht. Der Ingenieur kümmert sich ehrenamtlich um die Technik in der Kirche. Die Kabel über der 24-Stunden-Uhr hat er kürzlich erneuert. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Die Uhr jedenfalls lässt ihn nicht mehr los. Als er anfangs zugezogen war, hörte er das Geläut deutlich schlagen, „das war auch ein wenig störend“. Irgendwann nahm er das nicht mehr wahr. Jetzt, wo er sich genauer mit dem Zeitmesser befasst, achtet er wieder darauf. „Meine Frau sagt, dass ich schon fast manisch bin“, berichtet er mit einem Grinsen. Von seinem Dachfenster aus kann der 71-Jährige genau auf das Ziffernblatt blicken.

Handbuch ist in Arbeit

Derzeit arbeitet er an einem Handbuch zu dem Uhrwerk, in dem er bereits Kabel erneuert hat. In den Schrank des guten Stücks hat er eine Abbildung gehängt, auf der alle Baukörper beschrieben sind. Das Handbuch indes umfasst 27 Seiten und erklärt alles im Detail. Denn ihm Nachfolgende sollen in der Lage sein, einfache Instandsetzungsarbeiten selbst durchzuführen. „Es gibt natürlich auch einen Wartungsvertrag mit einer Firma, aber es ist teuer, wenn sie für jede Kleinigkeit rauskommen muss.“

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Volker Ulrich zeigt, wie er das rot-gemusterte Gummi in das Uhrwerk im Turm der St.-Georgs-Kirche in Hattingen eingebaut hat, damit der Stundenschlag wieder richtig funktioniert.
Volker Ulrich zeigt, wie er das rot-gemusterte Gummi in das Uhrwerk im Turm der St.-Georgs-Kirche in Hattingen eingebaut hat, damit der Stundenschlag wieder richtig funktioniert. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Auch historisch forscht Ulrich zu der Uhr, bei der im Werk eine „24-Stunden-Uhr“ zu entdecken ist. Im Stadtarchiv fand er heraus, dass die erste Uhr 1883 eingebaut wurde – „von der Firma Heuser“. Drei Jahre später wurde sie ausgetauscht. Als dann Jahre später die Gemeinde zwischen Reparatur und Neukauf schwankte, rechnete die Firma Korfhage laut Ulrich vor, dass die Reparatur 3000 Reichsmark, die neue Uhr 6127 Reichsmark kosten würde. „Die war dafür aber vollautomatisch, musste also nicht täglich vom Küster aufgezogen werden.“ 1927 warb die Firma damit, dass die Abweichung eine Minute im Jahr betragen würde. Ulrich vermutet, dass die Uhr später erneut getauscht wurde, will dazu noch in den Kirchenarchiven recherchieren. Es gibt noch viel zu tun.

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