Hattingen/Witten. Zum zweiten Mal fand die Sommersynode des evangelischen Kirchenkreises Hattingen-Witten digital statt. Was Superintendentin und Synodale bewegte.
Wer ist Kirche, für wen ist sie – und wie kann Kirche in der heutigen Zeit überhaupt noch bestehen? Um diese Kernthemen ging es bei der diesjährigen Sommersynode des Evangelischen Kirchenkreises Hattingen-Witten. Bereits zum zweiten Mal wurde diese dabei digital durchgeführt. Während Superintendentin Julia Holtz mit einigen wenigen Akteuren in der Christuskirche in Witten saß, waren knapp 75 Synodale daheim an PC und Tablet zugeschaltet.
Holtz: Kirche muss sich verändern, wenn sie bestehen will
„Eine starke ¾-Mehrheit der Kirchenmitglieder lebt ihre Zugehörigkeit punktuell und situationsbezogen – und nicht durch regelmäßige Teilnahme an einer unserer Veranstaltungen. Für viele von uns ist das eine bittere Erkenntnis, denken wir doch Kirche gerne von der Gemeinde her, die sich sonntags unter dem Wort versammelt.“ Mit diesen Worten konfrontierte Holtz die Synodalen dabei in ihrem Jahresbericht. Kirche müsse sich nicht zuletzt daher verändern, wenn sie bestehen wolle. Sie müsse sich „am Markt behaupten“, sich öffnen, diverser werden, flexibler.
Zum Schutz vor sexualisierter Gewalt
Zur Umsetzung des Kirchengesetzes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, das am 1. März 2021 in Kraft getreten ist, schaffen die Kirchenkreise Hagen, Hattingen-Witten und Schwelm gemeinsam zwei Vollzeitstellen.Die hauptamtlichen Multiplikatoren und Präventionskräfte sollen mit Hilfe des Konzepts „Hinschauen – helfen – handeln“ die Leitungsgremien schulen und sensibilisieren sowie vor Ort unterstützen, ein individuelles Schutzkonzept zu erarbeiten.
„Wer ist Kirche?“, fragte Superintendentin Julia Holtz dabei die Synodalen – und meinte damit auch: Für wen ist Kirche? Sind es die drei Prozent der Sonntagskirchler, für die die Institution traditionell und vertraut ein Stück Heimat ist? „Oder sind es alle, die irgendwann eines unserer Angebote in Anspruch nehmen?“ Pfarrerin Holtz verwies zudem auf all’ jene, die im aktuellen Angebot der Kirche etwas vermissen. Genau diese Menschen wollen die Verantwortlichen in den Gemeinden und Diensten stärker in den Blick nehmen.
Attraktive Stellen im Kirchenkreis anbieten
Der Prozess der notwendigen Veränderungen und Umstrukturierungen wurde im Evangelischen Kirchenkreis dabei schon vor über zehn Jahren angestoßen. Zusammenarbeit über die Grenzen der Gemeinden hinweg, geteilte Pfarrstellen, Jugendarbeit, die von mehreren Gemeinden gemeinsam verantwortet wird – die an Gemeinde orientierte Kirche ist längst in Bewegung. „Attraktive Stellen im Kirchenkreis anzubieten, sei dennoch „in den derzeitigen Strukturen oft schwierig“, sagte Andreas Knorr, der Vorsitzende des Strategie- und Strukturausschusses. Der Grund: Es gibt immer seltener (oft attraktivere) Vollzeitstellen für nur eine Gemeinde bzw. Aufgabe. Und da in der Realität selten die passenden Personen aus zwei Gemeinden gleichzeitig in Rente gehen, lassen sich verschiedene Teilzeitstellen oft nicht zeitgleich zu einer Vollzeitstelle zusammenfassen.
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Abhilfe schaffen soll hier ein neues Kooperationsmodell. In der Praxis erprobt wird dieses bereits im Bereich der Krankenhausseelsorge im EVK. So finanziert die Landeskirche gerade die Vollzeitstelle des eigentlich schon im Rentenalter befindlichen Pfarrers Wilfried Ranft so lange weiter, bis auch sein Kollege Oliver Gengenbach, zuständig für die Notfallseelsorge in Witten, im Oktober 2022 in Rente geht. Für beide Bereiche gibt es angesichts gesunkener Gemeindegliederzahlen künftig dann zwar jeweils nur noch eine halbe Stelle – doch kann Superintendentin Holtz durch die Zwischenfinanzierung zum November 2022 eine volle Stelle für beide Arbeitsbereiche ausschreiben.
Neue Formate in der Corona-Pandemie entwickelt
Einen Veränderungsprozess angestoßen hat schließlich auch die Corona-Pandemie, Gemeinden haben in dieser neue Formate entwickelt. „Mit ungläubigem Staunen haben viele dabei festgestellt, dass die neuen Ideen bei den Menschen ankamen“, so Superintendentin Holtz. Den Wohnzimmer-Gottesdienst der Creativen Kirche etwa etwa sehen mittlerweile 5000 Menschen im Monat, Und werde, so Holtz, die Pandemie wohl überdauern.
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