Witten / Hattingen. Der Ev. Kirchenkreis Hattingen-Witten muss sich auf massive Veränderungen einstellen. Er verliert Mitglieder, Pfarrer und weitere Hauptamtliche.

. Der Evangelische Kirchenkreis Hattingen-Witten will sich neu aufstellen. Drastisch sinkende Mitgliederzahlen, die in den nächsten Jahren noch zu erwarten sind, zwingen ihn zu einer Konzentration auf das Wesentliche – mit weniger Pfarrern und mehr neuen Gottesdienstformen.

Superintendentin Julia Holtz versuchte auf der Kreissynode am Samstag (25.5.) in der Erlöserkirche erst gar nicht, die Dinge schönzureden. „Beim Blick auf die Zukunft kann einem schon mal ein wenig schummrig werden“, sagte sie vor den rund 70 Mitgliedern der Synode. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Zahl der Hauptamtlichen in den nächsten Jahren um zirka 30 Prozent abnimmt und Pfarrer zur Mangelware werden“, sagte die ehemalige Pastorin der Johannisgemeinde.

Ihren Angaben zufolge gehen bis Anfang 2026 elf Pfarrer mit 10,25 Vollzeitstellen in den Ruhestand. Nur sechs Stellen werden wiederbesetzt – sofern sich denn junge Theologen finden lassen. Pfarrer Claus Humbert (Annen) forderte deshalb, zeitnah attraktive und zukunftsfähige Arbeitsbedingungen zu schaffen. Hauptamtliche sollen multiprofessionelle Teams mit Ehrenamtlichen bilden. Ein neuer „Change-Mannager“, der aus den Kirchensteuermehreinnahmen finanziert wird, soll diesen Prozess begleiten.

Zahl der Kirchenmitglieder kann sich bis 2060 halbieren

Die Zahl der Kirchenmitglieder könnte sich bis 2060 halbieren. Deshalb steht der Kirchenkreis vor massiven Umbrüchen. Mut macht der Kreissynode, dass bestimmte Gottesdienstformen durchaus gefragt sind. „Etwas vereinfacht könnte man sagen: Der Trend geht zum Event“, so Superintendentin Julia Holtz. Während der ganz herkömmliche Kirchengottesdienst weiter an Besuchern verliere, seien Formate wie Open-Air-Tauffeste, die Weihnachtsgottesdienste von Martin Luther im Saalbau, Worship-Café oder die Angebote der Creativen Kirche äußerst beliebt. Spiritualität und Sinnsuche lägen im Trend. Holtz: „Wir wollen und müssen neue Wege gehen, um neue Menschen zu erreichen.“ Gleichzeitig binde die pastorale Grundversorgung große Ressourcen. Um so mehr müsse man prüfen, „welche Aufgaben wir auch in Zukunft weiterführen wollen“.

Gemeinden sollen nach inhaltlichen Kooperationsmöglichkeiten suchen

Die Suche nach Spareffekten, den sogenannten „Synergien“, soll aber nicht mehr in geografisch festgelegten „Kooperationsräumen“ erfolgen. Dies habe die Gemeinde in der Vergangenheit überfordert, hieß es auf der Synode. Vielmehr sollen die Presbyterien ermuntert werden, inhaltlich mehr zusammenzuarbeiten.

Gleichzeitig will man der Tatsache stärker Rechnung tragen, dass bis 2030 fast die Hälfte aller Gemeindemitglieder älter als 60 sind. Deshalb will der Kirchenkreis die Angebote Seelsorge für Menschen ab 55 stärker in den Blick nehmen. Geplant sind auch viele Besuche vor Ort – eine „Querschnittsvisitation“ vom 1. September bis 10. November.

Ein Thema der Synode war auch „Kirche und Migration“. Die Landeskirche wurde gebeten, „sich entschieden und unmissverständlich rassistischen Einstellungen zu widersetzen“. Menschen, die in der Kirche aktiv sind, seien nicht zwangsläufig frei von Rassismus. Gefordert wurden die zivile Seenotrettung ebenso wie die sichere Ankunft von Geflüchteten in europäischen Häfen. Abschiebungen nach Afghanistan lehnte die Synode ab. Sie will eine Aktion der Landeskirche unterstützten, 120 ausgewählte Flüchtlinge aufzunehmen.