Gladbeck. Mit dem Home-Store schließt ein weiterer Laden in der Gladbecker Innenstadt. Betreiber nennen Gründe für das Aus, enormer Ansturm im Ausverkauf.
Um die 100 Menschen drängen sich am Donnerstag im Home Store Heib. Hier, in der Innenstadt von Gladbeck, hoffen sie, Schnäppchen zu ergattern. Dafür nimmt die Kundschaft auch eine gute halbe Stunde Wartezeit an den zwei Kassen in Kauf. Wäre sie in den vorigen Jahren in das Geschäft gestürmt, hätte es vielleicht eine Zukunft gehabt. Nun steht der „Home Store“ vor dem Ende – ein weiterer Leerstand in der Gladbecker Fußgängerzone.
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Fast schon ungläubig schaut Thomas Heib, Mann der Geschäftsbetreiberin Gaby Katzewski-Heib, auf die Menschenmasse. So voll habe er den Laden noch nie gesehen. Wie lange der Home Store an der Hochstraße existier(t)e? Heib ruft einem Mitarbeiter zu: „Walter, wie lange bist Du bei uns?“ Die Antwort des Mannes, der sich bemüht, alle Kundenwünsche zu erfüllen: „15 Jahre!“ Heib: „Vor 15 Jahren sind wir also hier angefangen.“
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Manche der Pfennigfüchse, die an diesem ersten Ausverkaufstag auf die Pirsch gehen, sprechen noch von „Schüren“, einem der Vorbesitzer. Viele bedauern, dass das Kapitel „Home Store“ in der Geschichte des Gladbecker Einzelhandels bald geschlossen ist. Sie seien gerne und regelmäßig in dem Laden für Dekoration, Haushalts- und Kurzwaren sowie soviel mehr einkaufen gewesen.
Wohl nicht häufig und für Katzewski-Heib auskömmlich genug. „Seit Corona läuft das Geschäft nicht mehr. Wir haben einen Rückgang von 40 Prozent. Die Leute gucken sich die Artikel bei uns an und bestellen dann online. Es sind zu wenig Menschen zum Kaufen gekommen“, berichtet Thomas Heib.
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Weihnachtsartikel, ja, die seien auch kürzlich gut gelaufen. Heib: „Wir führen hauptsächlich Dekoartikel, aber auch Kurzwaren, Haushaltsartikel wie Suppenlöffel, Haarbürsten und mehr.“ Die Kasse klingelte jedoch nicht mehr häufig genug. Also beschloss das Paar, die Reißleine zu ziehen.
Die Verkaufsfläche erstreckt sich auf zwei Etagen über 700 Quadratmeter. Wer einmal einziehen will? Heib sagt: „Ein Nachfolger steht noch nicht fest.“
„Seit Corona läuft das Geschäft nicht mehr. Wir haben einen Rückgang von 40 Prozent“
Bis voraussichtlich Februar muss alles raus! Die Ware ist um 50 Prozent reduziert. Wie im Kaufrausch greift die Kundschaft zu, stellt sich mit vollgepackten Körben und Taschen an den Kassen an, wartet geduldig eine gute halbe Stunde. So einen enormen Ansturm hat Heib „nicht erwartet“.
Was geschieht nach dem Auszug des Geschäftes?
Ein älterer Herr wendet sich fragend an den Geschäftsmann, der auch zukünftig einen Großhandel in Bottrop betreiben wird: „Ich suche Laubsägeblätter.“ Der Home Store führt ja schon eine schier unzählbare Anzahl von Artikeln, aber so etwas hat er nicht im Sortiment, sorry!
Naja, dann muss Dieter Jagusch es eben woanders versuchen? Wo bloß? Eventuell im Baumarkt, gibt Heib dem 75-Jährigen einen Tipp.
Währenddessen sind Jaguschs Nichte Rebecca Lowitz (42) und deren neunjährige Tochter Louisa endlich an der Reihe, um ihre Schätze zu bezahlen. Gaby Katzewski-Heib und das vierköpfige Team arbeiten in Windeseile. Sie registriert flugs unter anderem Korb und Tasche mit der Aufschrift „Alltagsheldin“, ein Outdoor-Kissen, eine Mehrfach-Steckdose, Wolle. Für Papa Carsten, so Louisa, gibt‘s eine Schalke-Lesebrille. Das Ganze für summa summarum rund 76 Euro.
„Soll ich einen Lkw bestellen?“
„Soll ich einen Lkw bestellen?“, witzelt Jagusch. Er ist, wie viele, überzeugt: „Wenn hier mehr gekauft hätten, würde der Laden nicht aufgegeben.“ Lowitz hat sich überlegt, in ein paar Tagen noch einmal im Home Store nach Schnäppchen, Nützlichem und einfach Hübschem, zu gucken. Sie „glaubt, dass in zwei Tagen noch ganz viele Artikel da sein“ werden. Schließlich steht unter Verkaufstischen noch Ware, einiges ist nicht einmal vollends ausgepackt – wie die große, massive Steinfigur in ihrem „Holzkäfig“. 129 Euro kostet die asiatisch anmutende Skulptur regulär.
Christiane Hälker ist bereits fündig geworden. Zellophan-Tütchen, eine Filztasche – unübersehbar der Renner an diesem Tag, darin finden die geshoppten Artikel gleich Platz – hat die 58-Jährige gegriffen. Und einen Wäschekorb habe sie gebraucht. Koste jetzt 7,50 Euro. Während die Kundin die Regale entlang streift, steht Ehemann Wolfgang (59) schon mal an der Kasse an.
„Als ich gehört habe, dass der Home Store schließt, kamen mir die Tränen. Ich dachte: Das kann doch nicht wahr sein!“
„Schade, dass der Laden zumacht“, findet seine Frau, „jetzt haben wir in Gladbeck noch nicht einmal ein Geschäft für Bastelbedarf.“ Aber nach Corona sei eben alles anders geworden.
Marion Romberg bastelt ebenfalls gerne. Die 73-Jährige, die nach eigener Aussage eine Stammkundin ist, hat sich mit Material eingedeckt, außerdem will sie Wolle und Messer kaufen. „Traurig“ sei das Ende des Home Stores. Hier gebe es so gut wie alles. Von A wie Akku-Haarschneider über K wie Kaffeemaschine bis zu T wie Teppichklopfer und Z wie Wichtel. Zuletzt habe es solch ein Sortiment nur noch bei Holländer in Zweckel gegeben. Aber auch das Geschäft existiert nicht mehr.
Doro Busch hat schon so einiges an der Kasse deponiert, unter anderem eine beleuchtete Deko-Kugel, die sie dieser Tage im Schaufenster entdeckt hat und unbedingt haben wollte. Nun hat die 46-Jährige Rollstuhlfahrerin eine Kuscheldecke mit Sternchen in einem roten Einkaufskörbchen auf dem Schoß – ein Geschenk zum nächsten Weihnachtsfest. Busch erzählt: „Als ich gehört habe, dass der Home Store schließt, kamen mir die Tränen. Ich dachte: Das kann doch nicht wahr sein! Es tut mir in der Magengrube weh. Wieder gibt es etwas in Gladbeck nicht mehr. Die waren hier so freundlich; und ich habe immer etwas gefunden.“
Das ergeht der Kundschaft, die sich nun zum Ausverkauf im Home Store tummelt, unübersehbar ebenso. Aus Sicht der Geschäftsfrau zu spät.
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