Gladbeck. In Gladbeck gibt es Urnengräber an Bäumen auf zwei Friedhöfen. Eine Bestattungsform ist ganz neu. Doch was ist mit einer Ruhestätte im Wald?

In der Mitte ein Baum, noch sehr klein. Er soll jetzt kräftig wachsen. Drumherum ein großer Kreis, eingefasst mit einer doppelten Steinreihe. Im Kreis fällt der Blick sofort auf die Bronzeplatten, die um den Baum herum angeordnet sind. Zwölf an der Zahl sind es, sie decken im Boden versenkte Edelstahlröhren ab, die jeweils vier Urnen aufnehmen können: Auf dem städtischen Friedhof in Gladbeck-Brauck bietet der Zentrale Betriebshof Gladbeck (ZBG) seit Anfang des Jahres eine neue Bestattungsform an. Erste Beisetzungen haben auf dem Feld mit den Urnen-Baumwahlgräbern auch bereits stattgefunden haben.

ZBG-Chef: Junge Leute finden den klassischen Friedhof eher uncool

Mit dieser neuen Grabart reagiert man beim ZBG auf die Wünsche und Vorstellungen der Menschen an eine Friedhofskultur im Wandel. Die klassische Familiengruft, das pflegeintensive Einzelgrab – es liegt schon lange nicht mehr im Trend.

Ein Treffen mit Bürgern und Bernd Lehmann (Grüne, Ratsherr), Vera Bücker (BUND) und Vertretern des ZBG findet am Dienstag, 16. Januar 2024, im Buerschen Wald in Gladbeck statt. Dort sind Fällungen geplant, die als

„Angehörige schrecken oft vor dem hohen Pflegeaufwand zurück“

René Hilgner

„Angehörige schrecken oft vor dem hohen Pflegeaufwand dieser Grabformen zurück, oder sie wohnen zu weit weg, um sich regelmäßig kümmern zu können. Und nicht jeder kann sich eine Grabpflege durch einen Gärtner leisten“, sagt ZBG-Chef René Hilgner. Und ja, irgendwie würden junge Leute den klassischen Friedhof schlechthin auch eher uncool finden.

Urnenbeisetzungen an alternativen Orten seien vielmehr stark im Kommen. Auf hoher See, im Wald oder zumindest naturnah unter einem Baum. Auf diesen Trend reagiert man natürlich auch in Gladbeck. Nun sind Seebestattungen in der Stadt aus bekannten Gründen nun mal nicht möglich. Einen Fried- oder Ruhewald gibt es ebenfalls nicht. Mit der naturnahen Bestattung unter Bäumen bietet der ZBG allerdings eine Alternative zur letzten Ruhestätte in einem Wald an.

Zwölf immergrüne Bäume werden für die Urnen-Baumwahlgräber auf dem Friedhof in Brauck gepflanzt

Neu dabei: die bereits erwähnten Urnen-Baumwahlgräber. Sie sind erstmal nur für den Braucker Friedhof angedacht. „Sollte die Nachfrage aber steigen, kann man sie auch auf den anderen Friedhöfen anbieten“, stellt Silke Kuckert-Brinkmann, zuständige Abteilungsleiterin beim ZBG, in Aussicht. Den Anfang machen jetzt aber erst einmal die zwölf immergrünen Bäume, die für diese neue Bestattungsart in Brauck auf dem Friedhof gepflanzt wurden, beziehungsweise noch gepflanzt werden sollen. Sind alle Urnenplätze um einen Baum belegt, wird der nächste Kreis angegangen.

Friedhofsgärtner Maik Weber zeigt die als Grabmal dienenden Bronzeverschlussplatten auf dem neuen Grabfeld des Braucker Friedhofs.
Friedhofsgärtner Maik Weber zeigt die als Grabmal dienenden Bronzeverschlussplatten auf dem neuen Grabfeld des Braucker Friedhofs. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Die neuen Urnen-Baumwahlgräber sind als pflegeleichte Gräber gedacht. In eine Edelstahlröhre passen jeweils vier Urnen übereinander. Dabei sind nur Bio-Schmuckurnen und Bio-Aschekapseln mit einem kleineren Durchmesser zugelassen. Als Grabmal dient die Bronzeverschlussplatte, die in der Mitte das Relief eines Baumes schmückt. Drumherum können vier Schilder mit den Namen der Verstorbenen angebracht werden. Art und Gestaltung des Grabes obliegt der Friedhofsverwaltung. Das Nutzungsrecht dieser Grabstätte liegt bei 33 Jahre und ist verlängerbar. Gepflegt wird das Feld mit den Urnen-Baumwahlgräbern von der Friedhofsverwaltung. Grabschmuck kann auf dafür vorgesehenen Flächen abgelegt werden.

Baumgräber findet man in Gladbeck auf den Friedhöfen in Rentfort und Brauck

Bereits seit einigen Jahren gibt es auf den Friedhöfen in Rentfort und Brauck die Baumgräber. Darunter versteht man Urnen-Reihengrabstellen unter Baumbestand. In unmittelbarer Nähe der Bäume stehen Gedenksteine in Form von Stelen mit den Namen der Menschen, die dort beigesetzt wurden. Bei den Baumgräbern beträgt die Nutzung laut Info vom ZBG 25 Jahre. Anders als bei den neuen Urnen-Baumwahlgräbern ist hier keine Verlängerung möglich. Auch mit dieser Bestattungsform kommt man in Gladbeck dem Wunsch nach einer naturnahen Beerdigungsform nach.

Und wie sieht es aus mit einem Friedwald auf Gladbecker Gebiet?

Doch was spricht dagegen, dieses Angebot noch durch einen Friedwald auf Gladbecker Gebiet zu ergänzen? „Mit einer Waldbestattung würden wir uns ja selber Konkurrenz machen“, erklärt René Hilgner mit Blick auf die beiden bereits bestehenden Bestattungsformen an Bäumen auf den städtischen Friedhöfen. Natürlich, gibt der Experte zu, sei die nahegelegene Naturruhestätte in Herten-Westerholt auch bei den Gladbeckern beliebt und stelle somit eine Konkurrenz zu dem Angebot innerhalb der Stadt dar. Dennoch stellt ein Friedwald auf städtischem Gebiet – anbieten würde sich da der Wittringer Wald – für den Experten keine Option dar. Schon allein die Tatsache, dass es sich beim Wittringer Wald um eine Naherholungsstätte handele, würde das Ganze erschweren. Hilgner: „Und es würde sich für uns auch nicht rechnen.“

Darüber hinaus habe die Baumbestattung auf den parkähnlich angelegten Friedhöfen in Gladbeck durchaus auch Vorteile gegenüber einer Waldbestattung. „Älteren Menschen, die vielleicht auch noch auf einen Rollator angewiesen sind, wird es schwerfallen, ein Baumgrab mitten in einem Wald und ohne Wegesystem zu besuchen.“

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