Gladbeck. Die Inzidenz im Kreis und damit in Gladbeck ist auf niedrigem Niveau. Doch die Werte sind nicht repräsentativ. Hohe Positivquote bei Tests.
Die Inzidenz im Kreis Recklinghausen sinkt, am Donnerstag liegt sie laut Robert Koch-Institut bei 604,3. Doch dieser Wert gilt nur auf dem Papier. Die Zahl der Corona-Tests und damit der nachgewiesenen Infektionen nimmt zwar ab, die Realität aber sieht anders aus. „Viele, die infiziert sind, sich aber noch wohlfühlen, gehen etwa trotzdem weiter zur Arbeit. Das ist fahrlässig“, sagt Patrick Schürhoff vom Teststellenbetreiber Testcov mit zwei Standorten in Gladbeck.
Viele nehmen das Virus aktuell auf die leichte Schulter, beobachtet Schürhoff immer wieder. „Die Menschen wollen einfach nicht in Isolation.“ Dabei verbreitet sich Corona im Moment sehr stark. Sieben Prozent der Schnelltests in den Zentren von Testcov sind inzwischen positiv. „Die Quote der positiven Tests ist deutlich gestiegen.“ Zeitgleich ist die Zahl der angeforderten Tests extrem gesunken. Gerade die jungen Menschen ließen sich nicht mehr testen. „Für sie waren die Abstriche nur Mittel zum Zweck, etwa, um in die Gastronomie zu kommen.“
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Die Zahl der Corona-Tests in Gladbeck ist im Vergleich zum Beginn des Jahres deutlich gesunken
An der Teststelle am Festplatz etwa werden täglich rund 250 Abstriche für einen Schnelltest gemacht, Anfang des Jahres waren es an Spitzentagen bis zu 1400. Und die Zahl der PCR-Tests ist von rund 60 auf 40 pro Tag gesunken. Schürhoff ist daher überzeugt: „Die derzeitigen Inzidenzen sind absolut nicht repräsentativ.“
Teststellen sollen bestehen bleiben
Trotz gesunkener Nachfrage will auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) weiter an seinen beiden Teststellen (Europastraße und Hochstraße) festhalten. „Eventuell werden wir über den Sommer die Öffnungszeiten etwas einschränken“, so DRK-Chef Wilhelm Walter. Auch beim DRK sind die positiven Test-Ergebnisse zuletzt deutlich mehr geworden. „Über Ostern waren zehn Prozent positiv, das ist viel“, so Walter.Auch Patrick Schürhoff möchte mit den beiden Testzentren am Festplatz und am Glückauf-Center weiter in Gladbeck bleiben. „Bis Ende Juni soll das Angebot des kostenlosen Bürgertests ja noch bestehen bleiben.“ Aber auch danach wolle Testcov im Sommer vor Ort bleiben, „um im Herbst bei steigenden Inzidenzen und möglicherweise neuen Varianten schnell reagieren zu können“.
Das bestätigt auch Svenja Küchmeister, Sprecherin der Kreisverwaltung Recklinghausen. „Besonders in dieser Woche kann man den Zahlen nur wenig Vertrauen schenken.“ Das liege daran, dass über die Osterfeiertage noch weniger getestet wurde als ohnehin schon. „Arztpraxen waren ja zum Beispiel geschlossen.“ Und gerade dort werden die PCR-Tests gemacht, die einzig in die Statistik einfließen. Schnelltest-Ergebnisse werden hingegen nicht erfasst.
Kreisverwaltung erwartet steigende Inzidenz nach dem Ende der Osterferien
„Wir gehen davon aus, dass es viele gibt, die einen positiven Schnelltest haben. Und der reicht ja im Moment, etwa zur Vorlage beim Arbeitgeber, auch aus.“ Kaum jemand sei noch darauf angewiesen, einen PCR-Test zu machen. „Daher liegt die tatsächliche Inzidenz wohl deutlich höher.“ Den Inzidenzwert für Gladbeck veröffentlicht der Kreis erst am Freitag wieder. In der kommenden Woche, davon geht die Kreisverwaltung aus, werde der Wert jedoch wieder steigen. „Dann haben wir die Urlaubsrückkehrer, und es treffen wieder mehr Menschen zusammen, ob in der Schule oder im Sportverein, wo das Training in den Ferien nicht immer stattgefunden hat.“ Und mehr Kontakte bedeuteten mehr Infektionen.
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Dr. Gregor Nagel, Sprecher des Ärztenetzes Gla, geht ebenfalls von vielen unerkannten Infektionen aus. „Viele machen nur einen Selbsttest zu Hause und lassen sich gar nicht offiziell testen, daher fließen diese Infektionen in keine Statistik ein“, beobachtet auch er. Er stellt zudem fest, dass auch in der Praxis nach wie vor viele Corona-Fälle auflaufen, die Tendenz aber leicht rückläufig sei. Auch wenn die Schwere der Krankheitsverläufe etwas abnehme, gebe es bei immer mehr Infektionen auch immer mehr Patientinnen und Patienten, die sich nach den Erkrankungen schlapp und eingeschränkt fühlten. Ob es sich dabei jedoch immer um Post-Covid handele, oder um Nachwirkungen wie bei grippalen Infekten auch, sei derzeit noch nicht auszumachen.