Gladbeck. Die Stadt Gladbeck nahm einst Kredite in Höhe von 85,4 Millionen Schweizer Franken auf. Mit hohen Wechselkursverlusten werden sie nun abgelöst.

Die Stadt Gladbeck wird sich Schritt für Schritt von ihren umfangreichen Krediten in Schweizer Franken, die sie zwischen 2006 und 2010 aufgenommen hat, trennen und dabei millionenschwere Verluste realisieren. Ein entsprechendes Ausstiegsszenario beschloss auf Anraten von Stadtkämmerer Thorsten Bunte der Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss. Die Zustimmung des Rates am Donnerstag gilt als sicher, auch wenn die CDU im Ausschuss dagegen stimmte.

Die Stadt wird mit dem Abstoßen der Franken-Kredite einen Verlust in Höhe von sage und schreibe 27,7 Millionen Euro einfahren – eigentlich wollte sie mit den Kassenkrediten in der Schweizer Währung – wie übrigens viele Kommunen damals – einen dicken Zinsvorteil einfahren, im Fall von Gladbeck knapp vier Millionen Euro. Nun das dicke Minus, eine Folge des Euro-Kursverfalls gegenüber dem Franken ab 2015. Lange verfolgte die Stadt, so Bürgermeisterin Bettina Weist im Ausschuss, eine „Strategie des langen Atems“, hoffte auf eine Kurserholung. Vergeblich.

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Kämmerer Thorsten Bunte empfiehlt, dass sich die Stadt von den Franken-Krediten trennt – auch wenn dabei Millionen-Verluste gemacht werden.
Kämmerer Thorsten Bunte empfiehlt, dass sich die Stadt von den Franken-Krediten trennt – auch wenn dabei Millionen-Verluste gemacht werden. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Nun empfiehlt Kämmerer Bunte trotz des enormen Verlustes den Strategiewechsel, nämlich komplett aus dem Franken auszusteigen. Angesichts des Ukraine-Krieges mit unabsehbaren Folgen für Inflation, Wirtschaft und Währungsmarkt, rechne er mit wachsenden, unkalkulierbaren Risiken, aber auch mit steigenden Zinsen. „Wir müssen uns deshalb neu aufstellen.“ Derzeit könne man bei der anstehenden Umschuldung noch auf niedrige Zinsen zurückgreifen, mahnt er zügiges Handeln an. „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“, so Bunte, dessen Vorgänger seinerzeit die Franken-Deals eingestielt hat.

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Die Stadt hält insgesamt Kassenkredite in Höhe von 85,4 Millionen Schweizer Franken. Sie wurden in den Jahren 2006, 2008 und 2010 bei deutschen Banken aufgenommen. Anfangs waren es sieben Kredite, seit mehreren Jahren sind es nur noch vier Kredite bei drei Banken. Sie laufen jeweils über unterschiedlich lange Zeiträume und wurden stets verlängert, immer zu angepassten Zinskonditionen – auch nach der Franken-Aufwertung 2015.

Stadt Gladbeck hält Kredite in Höhe von 85,4 Millionen Schweizer Franken

Die Kreditaufnahmen von 85,4 Millionen Franken hatten damals in der Summe einen Euro-Gegenwert von 55 Millionen Euro. Nach Aufgabe des Franken-Mindestkurses von 1,20 pro Euro im Jahre 2015 und dem Absacken des Wechselkurses auf zuletzt 1,03 Franken pro Euro stiegen die Rückzahlungsverpflichtungen der Stadt auf nunmehr 82,7 Millionen Euro – sie liegen damit 27,7 Millionen Euro über den damals ausgezahlten Beträgen. Den allergrößten Teil, nämlich 24,6 Millionen Euro, hat die Stadt bereits 2016 (bei einer Neubewertung der Kredite auf 79,6 Millionen Euro, als der Franken-Kurs bei 1,07 Euro lag) in ihrer Bilanz als Verlust ausgewiesen, so Bunte. Die restlichen 3,1 Millionen Euro Wechselkursverluste belasten allerdings nun nach der erneuten Franken-Aufwertung zusätzlich das Haushaltsergebnis 2021.

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Bunte empfiehlt nun die Trennung vom Franken – aber keinen „sofortigen Totalausstieg“, sondern einen „geordneten Rückzug“ mit sukzessiven Kreditablösungen. Beginnen will er mit einem ersten Teil im kommenden Mai. Im Februar 2023 hofft der Kämmerer dann, den letzten Franken-Kredit abgewickelt zu haben.

SPD sagt Ja zu den Plänen des Kämmerers, die CDU sagt Nein

Während die SPD-Fraktion Zustimmung signalisierte und vom „richtigen Zeitpunkt zum Handeln“, so SPD-Ratsherr Volker Musiol, sprach, versagte die CDU ihr Einverständnis. Fraktionschef Dieter Rymann meinte, man habe schon das letzte Haushaltssicherungskonzept, da zu unsicher, nicht akzeptieren können. CDU-Ratsherr und Parteichef Dieter Drosdzol brachte es auf den Punkt: „Wir heben nicht die Hände für 27 Millionen Miese.“ Grünen-Ratsherr Bernd Lehmann, der das Ja seiner Fraktion signalisierte, kritisierte das Nein der Union: „Wir haben dem letzten Haushalt auch nicht zugestimmt, wollen aber nicht wie die CDU den Kopf in den Sand stecken und uns der Probleme entsagen.“

Linke-Fraktionschef Rüdiger Jurkosek meinte, es sei ein Fehler gewesen, Kredite in Schweizer Franken aufzunehmen. „Kommunen haben auf dem Kapitalmarkt nichts zu suchen.“ Um aber die kommunalen Finanzen auf solide Beine zu stellen, stimme die Linke dem Vorgehen zu. FDP-Fraktionsvorsitzender Michael Tack sagte, auch seine Fraktion „geht mit“. Der Lösungsweg sei schlüssig. „Letztlich geht es um die Frage, verringern wir das Risiko oder setzen wir es fort.“ Auch ABD und AfD stimmten zu.