Gladbeck. Auch in Gladbeck bearbeiten Buntspechte weiche Fassadendämmungen, um Wohnhöhlen anzulegen. Darum müssen Hausbesitzer Schäden zügig beseitigen.

„Eins, zwei, drei …“, Naturschützer Michael Korn hat mit Blick auf ein Mehrfamilienhaus an der Roßheidestraße begonnen zu zählen – und er hört erst bei der Zahl Sechs wieder auf. So viele Aushöhlungen sind in der Fassadendämmung der Giebelwand des Gebäudes in Gladbeck zu erkennen. „Ein Specht ist hier sehr aktiv gewesen“, so der Vertreter der örtlichen Naturschutzbund-Gruppe (NABU). Für den Hausbesitzer ein kostspieliger Schaden, der schnell beseitigt werden müsse. Dabei sei aber einiges zu beachten sagt Korn, der Tipps zur Schadensbehebung und Vorbeugung parat hat, aber auch auf einzuhaltenden Schutzbestimmungen hinweist.

Zunächst sei dem vermutlich hier tätigen Buntspecht, den eifrigsten Baumeistern und den hiesigen Spechtarten, kein Vorwurf zu machen. Denn in immer mehr verdichteten Stadtgebieten seien für den Höhlenbau geeignete Wohnbäume zunehmend rar. Spechte würden Bruthöhlen meist in kranken und abgestorbenen Baumpartien, manchmal auch in gesundem Weichholz schlagen. Und um das Weibchen bei der Balzzeremonie als Braut von sich zu überzeugen, lege das Männchen immer mehr Höhlen an, als benötigt werden. Die selbst nicht genutzten Höhlen stünden dann anderen Tieren als Behausung zur Verfügung (z.B. Star, Meise, Eichhörnchen, Fledermäuse).

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Eine Wohnhöhle in der Hauswand ist in wenigen Tagen bezugsfertig

Deutlicher Schaden: Sechs Spechthöhlen sind in der Giebelseite eines Mehrfamilienhauses an der Roßheidestraße in Gladbeck zu sehen, die saniert werden müssen, um weitere Kosten zu vermeiden.
Deutlicher Schaden: Sechs Spechthöhlen sind in der Giebelseite eines Mehrfamilienhauses an der Roßheidestraße in Gladbeck zu sehen, die saniert werden müssen, um weitere Kosten zu vermeiden. © Michael Korn | NN

Da es immer mehr verdämmte Hausfassaden gebe, seien diese auch vom Buntspecht entdeckt worden. „Und wenn das Tier mit seinem Schnabel auf die Fläche klopft, klingt es dumpf wie totes oder faules Holz, in dem sich Nahrungsinsekten verbergen könnten“, berichtet Korn. Spechte seien zudem lernfähig und würden so schnell entdecken, „dass das weiche Dämmmaterial zügig zu entfernen ist“. Eine Wohnhöhle sei in der Hauswand so in wenigen Tagen bezugsfähig, „im harten Baumstamm dauert es zwei bis drei Wochen“, so Korn. Der lernfähige Specht beziehe eine Wohnung nach der Brut kein zweites Mal, sei aber standorttreu, so dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass eine einmal entdeckte ideale „Wohnfassade“ in Folgejahren erneut angeflogen und vom gefiederten Baumeister beschädigt wird.

Fassadenhacker ist nicht im Bestand gefährdet

Der kleine Buntspecht gilt in seinem Bestand als nicht gefährdet und verbreitet sich in Deutschland. Als Wildvogel steht er aber auch unter Naturschutz. „Die zuständige Untere Naturschutzbehörde des Kreises muss aber nicht informiert werden, wenn eine Spechtschaden innerhalb einer Hausfassade wieder verschlossen wird“, sagt Svenja Küchmeister von der Pressestelle im Kreishaus.Es müsse vor der Sanierung aber sichergestellt werden, dass die Spechthöhle nicht mehr von den Vögeln, ihrer Brut „oder anderweitig von Tieren bewohnt ist“, unterstreicht Svenja Küchmeister. Auch Maßnahmen an der privaten Hausfassade, um die Tier zu vergrämen, seien zulässig. Gut zu wissen: Nistkästen als Ersatz- oder präventives Wohnangebot nehmen Buntspechte meist nicht an.

Korn spricht so von einem zunehmenden Problem, obgleich in Gladbeck Spechtschäden an Fassaden bislang eher Einzelfälle sind. Das bestätigt die Anfrage bei der Gladbecker Wohnungsgesellschaft (GWG). „In unserem Bestand ist mir aktuell kein Fall bekannt“, so Geschäftsführer Thomas Balke. Das hänge sicher auch mit den Standorten der Immobilien zusammen und im grünen Gladbeck gebe es ja noch viele Bäume, die offensichtlich fleißig von Spechten bearbeitet würden, „das höre ich deutlich bei mir daheim in Rentfort, wenn ich im Garten sitze“. Auch an städtischen Gebäuden sei die Specht-Lage „derzeit ruhig“, so Pressesprecher David Hennig. In der Vergangenheit habe es Einzelfälle gegeben, „die wir schnell nach der Brutzeit beseitigt haben“.

Der entstandene Schaden in der Wärmedämmung muss zügig beseitigt werden

Zügig den Spechtschaden zu beseitigen, sei richtig und wichtig, sagt Michael Korn. Denn durch die Schadstelle könne Feuchtigkeit eindringen, sich Wärmebrücken bilden, die Tauwasser an der Wand entstehen lassen. Schimmelbefall und große Schäden seien so bei Untätigkeit möglich. „Die Sanierung muss aber behutsam erfolgen, denn alle europäischen Wildvogelarten in Deutschland stehen unter besonderem Schutz“, unterstreicht der Tierfreund (siehe Infobox). Gegebenenfalls bereits entstandener Schaden müsse ermittelt werden und eine fachgerechte Sanierung erfolgen. Das könne an einer hoch gelegenen Schadstelle, „die nur mit einem Hubsteiger erreichbar ist“, aufwendig und entsprechend teuer sein.

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Die Vorliebe des Spechtes für Wärmedämmungen ist auch beim Wohnungsunternehmen Vonovia bekannt, „in Gladbeck oder Bottrop haben wir an unseren Immobilien derzeit aber kein Spechtproblem“, so Pressesprecherin Bettina Benner. „Wir haben als Gegenmaßnahme auch schon Vogel-Feindattrappen an Fassaden angebracht, aber festgestellt dass der Specht schnell bemerkt, dass keine Gefahr droht, wenn sich der Raubvogel nicht bewegt.“ Ob es sinnvoll sei, die Putzstärke auf der Wärmedämmung als „Schutzpanzer“ zu erhöhen, sei auch umstritten, so Benner. Auch bewegliche Flatterbänder, glitzernde CDs oder Wimpelleinen könnten zunächst abschrecken, ein Gewöhnungseffekt sei aber zu erwarten.

Es gibt sinnvolle Gegenmaßnahmen, die die Hausfassade vor Spechtbefall schützen

Michael Korn sagt, dass es aber durchaus erfolgversprechende Gegenmaßnahmen gebe, die Baumeister Buntspecht von der Besiedlung einer wärmegedämmten Fassade abhalten. Die allerdings den finanziellen Aufwand erhöhen. Er nennt eine Verkleidung mit glatten Materialien, „die dem Specht keine Festkrallmöglichkeit bieten“, „engmaschige Drahtgeflechte unter dem Putz“ oder „schwer durchdringbare Riemchenklinker“ als Lösung.