Gladbeck. Das Infektionsschutzgesetz verlangt bald einen Impfschutz für Beschäftigte in Praxen und Heimen. So ist derzeit die Situation in Gladbeck.
Die diskutierte allgemeine Impfpflicht führt derzeit auch zu Demonstrationen von Impfskeptikern in Gladbeck. In einem Bereich sind bereits gesetzliche Fakten geschaffen: Ab dem 15. März dürfen Personen nicht mehr in medizinischen und pflegerischen Bereichen beschäftigt werden, die über keinen Immunitätsnachweis gegen Corona verfügen. Die Nachfrage der WAZ im Krankenhaus, Altenheim, beim Pflegedienst und dem Gladbecker Ärztenetz ergab, dass einigen Beschäftigten der Verlust ihres Jobs droht.
Zunächst gilt festzustellen, dass die Impfquote in den befragten Einrichtungen generell hoch ist. Nahezu überall gibt es eine kleine Minderheit von Ungeimpften. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, wie viele Mitarbeiter betroffen sind, und wie mit dem Thema umgegangen wird.
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Caritasverband
Der Caritasverband zählt zu einem der größten Arbeitgeber in Gladbeck. Rund 750 Menschen arbeiten in Seniorenzentren (St.-Altfrid-, Johannes-van-Acken-Haus), in der Pflege (Ambulante Dienste), in Wohneinrichtungen (St.-Suitbert-Haus) oder in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Caritasdirektor Rainer Knubben sagt, dass das Thema keine so große Relevanz habe, „da 99 Prozent der Mitarbeitenden geimpft sind und nur ganz, ganz wenige nicht“. Konkret sind es beim Caritasverband fünf Menschen, die keinen Impfschutz haben. Einige davon hofften auf einen Totimpfstoff. „Wir suchen weiter das Gespräch und hoffen, dass wir sie bis zum Stichtag so weit haben, dass sie sich impfen lassen.“ Falls nicht, „werden wir den gesetzlich vorgegebenen Weg gehen, und die nicht immunisierten Mitarbeiter dem Gesundheitsamt melden müssen“. Dass die Behörde mit dem Thema zusätzlich belastet werde, findet Knubben wenig vom Gesetzgeber durchdacht. Das hätte man im Gesetz klar und eindeutig regeln können, „unter welchen Gegebenheiten sofort ein Beschäftigungsverbot gilt“.
Das Gesundheitsamt
Das für die Einhaltung der Gesetzesvorgabe in Gladbeck zuständige Gesundheitsamt des Kreises Recklinghausen bereite sich „zurzeit auf die ab 15. März geltende Situation vor“, so Sprecherin Lena Heimers.
Regelung durch Paragraf 20a Infektionsschutzgesetz
Paragraf 20a Infektionsschutzgesetz schreibt vor, dass Mitarbeitende in medizinischen Einrichtung der Leitung bis zum 15. März einen Impf- oder Genesenen-Nachweis oder ein ärztliches Zeugnis über eine medizinische Kontraindikation gegen die Impfung vorlegen.Wird der Nachweis nicht vorgelegt, muss die Einrichtungsleitung das Gesundheitsamt benachrichtigen. Das Gesundheitsamt fordert die Person selbst erneut auf. Wird auch dann kein Nachweis vorgelegt, kann das Gesundheitsamt ein Betretungs- beziehungsweise Tätigkeitsverbot für die Einrichtung aussprechen.Das arbeitsvertragsrechtliche Vorgehen müssen Einrichtung und Träger abklären. Arbeitgeber sind verpflichtet, mildere Mittel zu suchen, bevor sie Kündigungen aussprechen. Ob andere Einsatzmöglichkeiten eine Option sind, wird im Einzelfall entschieden.
Die neue Aufgabe bedeute eine zusätzliche Belastung für die Behörde, die mit der Corona-Kontaktnachverfolgung und weiteren Aufgaben (z.B. Schuleingangsuntersuchungen) bereits am Limit arbeite. Man erwarte nun noch konkretere Vorgaben des Bundes. Es gebe bereits Arbeitgeber, die ungeimpfte Beschäftigte der Behörde melden wollten. „Davon bitten wir abzusehen, da für Arbeitnehmer in den betroffenen Bereichen bis zum 15. März noch die Möglichkeit besteht, einen Nachweis zu erbringen.“
St. Barbara-Hospital
Im St. Barbara-Hospital sind rund 700 Mitarbeiter in medizinischen, pflegerischen und sonstigen funktionalen Bereichen beschäftigt. „Rund 97 Prozent davon sind geimpft“, so Unternehmenssprecher Wolfgang Heinberg. Es sei Ziel, zum 15. März die 100 Prozent-Quote zu erreichen, was man mit zahlreichen Aktionen, Informationskampagnen und Impfangeboten befördert habe. Letztlich werde man notfalls „im Einzelfall entscheiden, wie weiter vorgegangen wird“.
Arbeiterwohlfahrt
Die Awo betreibt u.a. drei Pflegedienste und zwei Tagespflegen in Gladbeck. Für die dort beschäftigten 115 Mitarbeitenden ergebe sich „eine Impfquote von 97 Prozent, da nur drei Personen nicht geimpft sind“, so Sabine Arndt, Fachbereichsleiterin Gesundheitsdienste. Bei diesen seien Ängste ausschlaggebend, zwei Mitarbeiterinnen warteten etwa auf den Totimpfstoff. Man habe Gespräche geführt, die Gesetzeslage erklärt und die Bitte geäußert, die Impfskepsis zu überdenken, da sonst ab dem Stichtag keine weitere Beschäftigung möglich sei.
Diakonie
Das Diakonische Werk Gladbeck-Bottrop-Dorsten betreibt u.a. Wohnstätten (Wichernhaus) und Seniorenzentren. Das Vinzenzheim und Marthaheim leitet Joachim Georg. In den Häusern gebe es eine Impfquote von 99 Prozent. Von den 180 Mitarbeitern seien drei nicht geimpft. „Wir sind mit allen im Gespräch und setzen auf Information, um die Ängste vor dem Impfstoff zu beseitigen und hoffen, dass noch ein Umdenken möglich ist.“ Klar sei, „wer zum Stichtag über keinen Schutz verfügt, kann den Dienst nicht mehr aufnehmen“.
Gladbecker Ärztenetz
Mehr als 60 niedergelassene Haus- und Fachärzte haben sich im Gladbecker Ärztenetz e.V. „Glanet.“ zusammengeschlossen. Zu Beginn der Pandemie und den ersten Schutzimpfungen habe es durchaus Unsicherheiten bei medizinischem Personal gegeben, da etwa Sorgen bestanden, dass sich der neue Impfstoff negativ auf einen Schwangerschaftswunsch auswirken könnte, so Dr. Gregor Nagel, Sprecher des Ärztenetzes. Diese Bedenken hätten aufgrund der medizinischen Fakten beseitigt werden können. Im Hausarztzentrum Butendorf sei das gesamte Personal geimpft, berichtet der dort tätige Mediziner. Dies gelte auch für alle Praxen der Kolleginnen und Kollegen in Gladbeck, mit denen er gesprochen habe. Er könne es generell „nicht nachvollziehen“, so Nagel, wie Menschen, „die gerade im medizinischen Bereich tätig sind“, überhaupt Zweifel an der Impfung haben könnten.
Feuerwehr und Rettungsdienst
Bei der Stadt Gladbeck sind Löschzüge und Rettungsdienst der Feuerwehr von der gesetzlichen Impfpflicht betroffen. „Für uns stellt das kein Problem dar, da alle 123 Kolleginnen und Kollegen, die im Einsatz sind, einen Impfschutz haben“, so Pressesprecher David Hennig. Bei den mehr als 1300 Beschäftigten in der Stadtverwaltung betrage die Impfquote 95 Prozent. Hennig: „Wir haben schon frühzeitig Sonderimpfaktionen, etwa für Erzieherinnen, angeboten. Und mit dem vom DRK betriebenem Impfzentrum stehe „eine gut zu erreichende Impfmöglichkeit mit weiterhin freien Terminen bereit“.