Gelsenkirchen. Admir Bulic, ein Mann der anpackt, ist neuer Chef der Awo: Was sich der 45-Jährige für seine Arbeit wünscht – und wo Gelsenkirchen Grenzen setzt.
Admir Bulic ist ein Mann, der anpackt. Und wenn der 45-Jährige von seiner Arbeit, vielmehr der seiner vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichtet, dann sieht man ihm an, wie überzeugt er davon ist. Admir Bulic ist seit dem 1. Januar dieses Jahres neuer Geschäftsführer des Unterbezirks Gelsenkirchen/Bottrop der Arbeiterwohlfahrt (Awo), er übernimmt den Posten von Gudrun Wischnewski, die sich nach 23 Jahren in den Ruhestand verabschiedet hat. Im Gespräch mit der WAZ spricht er über die Herausforderungen für die Wohlfahrtspflege in einer Stadt wie Gelsenkirchen und fordert klar: mehr Aufmerksamkeit und mehr (auch finanzielle) Förderung von Land, Bund und der Europäischen Union.
Chef der Gelsenkirchener Awo: „Es geht in unserer Arbeit nicht um Sozialromantik“
Der studierte Sozialwissenschaftler ist Chef von 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, in der Emscherstadt, in den Stadtteilen und Nachbarschaften bietet die Awo eine Vielzahl an Dienstleistungen an: angefangen bei den Awo-Quartierszentren, verschiedene auch in den Arbeitsmarkt integrierte Beratungsangebote, Nachbarschaftsprojekte, seniorengerechte Wohnungen, Frauenhäuser und darüber hinaus ist die Awo Träger im Offenen Ganztag (16 Standorte) und mittlerweile auch von zwei Kindertagesstätten im Stadtgebiet.
„Die Herausforderungen und zugleich Chancen in dieser Stadt sind so vielfältig“, sagt Bulic, und demnach sei es auch die Arbeit der Awo vor Ort. Der gebürtige Gelsenkirchener wird deutlich: „Es geht in unserer Arbeit nicht um Sozialromantik.“ Bei all den Problemen, die diese Stadt hat, gibt der Bulic dennoch aus: „Soziale Arbeit darf und wird nicht resignieren.“ Er weiß aber auch: „Die Menschen in der Beratung haben jetzt die Probleme, die sie vorher auch schon hatten – nur noch viel intensiver.“
Immer wieder befristete Projektförderungen sorgen für massive Probleme
Die Inflation und gestiegenen Lebenshaltungskosten verursachten einen Brennglaseffekt, so Bulic weiter, der zu einem erhöhten Beratungs- und Unterstützungsbedarf in der Sozialen Arbeit führe. „In Gelsenkirchen gibt es bereits gute Ansätze, die nicht nur punktuell, sondern flächendeckend umgesetzt werden müssen. Dafür benötigen wir Unterstützung“
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Konkret gesehen sind es gleich mehrere Punkte, die die Arbeit der Awo vor Ort massiv beeinflussen (und in Zukunft auch noch werden): Die immer wieder nur befristeten Projektförderungen, die dafür sorgen, dass beispielsweise die Jobs und Stellen für die Mitarbeiter verständlicherweise an Attraktivität verlieren. Oder der ab 2026 geltende Rechtsanspruch für einen Platz im Offenen Ganztag, zu dem es bislang noch keinerlei Vorgaben oder Richtlinien gibt. Oder die Kürzung von öffentlichen Mitteln, die auch einen der größten deutschen Wohlfahrtsverbände wie die Awo es ist, vor enorme Probleme stellen können.
Neuer Awo-Chef Admir Bulic: „Es wird spürbar besser, nicht gut genug, aber besser“
„Wir alle müssen mehr miteinander ins Gespräch kommen, uns gegenseitig zuhören und gemeinsam umsetzbare Lösungsansätze für Probleme entwickeln“, betont Bulic.
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„Wir haben hier viele Ressourcen“, auch davon ist Admir Bulic, der mehr als 20 Jahre in der Wohlfahrtspflege tätig ist, überzeugt. „Punktuell“, so sagt er, laufe es gut. Beispielhaft erwähnt er dann auch die Müllsammelaktionen, die die Awo seit einiger Zeit nun schon in den Quartieren initiiert. Müll, Umwelt, Nachhaltigkeit, das sei bekanntlich immer wieder ein Thema in Gelsenkirchen. Zuletzt hätten sie 250 Anmeldungen zur stadtweiten Aktion „GEputzt“ gehabt, viele Menschen haben sie bislang erreichen können. „Es wird spürbar besser, nicht gut genug, aber besser“, so Bulic.
Ab von der Müll-Problematik haben die Awo-Mitarbeitenden die Erfahrung gemacht, dass es gut und nützlich ist, sich stets weiterzuentwickeln, sich den aktuellen Bedarfen anzupassen. Und so könne es sein, dass der eine Ansatz in einem bestimmten Quartier helfe, gefühlt zwei Straßen weiter dann aber vielleicht nicht mehr. Ansätze der Sozialen Arbeit müssten individuell und bedarfsorientiert sein, so Bulic.
Der 45-Jährige ist nicht nur der hauptamtliche neue Geschäftsführer der Awo, sondern wurde auch zum ehrenamtlichen Geschäftsführer ernannt. Demnach ist ihm auch das ehrenamtliche Engagement besonders wichtig – ohne dass es in weiten Teilen auch schlicht nicht funktionieren würde. Bulic, dessen Elten einst als Gastarbeiter nach Gelsenkirchen kamen, betont in diesem Zusammenhang: „Jede Stunde Engagement, die vor Ort investiert wird, kann einen Unterschied machen.“ Für ihn ist die Devise wichtig: nicht abzuwarten, was passiert, sondern aktiv mitzugestalten.
Die Awo sucht weitere Menschen, die sich ehrenamtlich einbringen möchten, sei es zum Beispiel bei Lernpatenschaften für digitale Medien oder Angeboten zur Begegnung. Wer mitmachen möchte, kann sich per E-Mail unter GEmeinsam@awo-gelsenkirchen.de melden.