Gelsenkirchen. Wenn selbst wichtige Vertreter der Stadt ernüchtert sind: Gelsenkirchens neue Hundemarke zeigt, dass Digitalisierung nicht alles besser macht.
Macht die Digitalisierung alles einfacher und effizienter? Luidger Wolterhoff – als Dezernent für Finanzen, Personal und Organisation einer der wichtigsten Amtsträger in der Gelsenkirchener Stadtverwaltung – findet jedenfalls, man müsse sich auch mal ehrlich machen und anerkennen, dass die Umstellung aufs Digitale „nicht nur Vorteile bietet.“ Das Beispiel dafür: Die neue digitale Hundemarke der Stadt Gelsenkirchen, deren Einführung jetzt mit reichlich Chaos verbunden ist.
Die Hundemarke dient nicht dazu, entflohene Hunde wiederzufinden oder zuzuordnen, sie ist vielmehr ein Nachweis für die ordnungsgemäße Anmeldung des Hundes und demnach auch für die Hundesteuer. Die Gültigkeit der „Metall-Hundesteuermarke“ ist seit dem 31. Januar 2025 abgelaufen. Mit dem diesjährigen Hundesteuerbescheid wurde stattdessen ein QR-Code mitgeschickt, mit dem man die neue digitale Hundemarke direkt in seine digitale Geldbörse („Wallet“-App) laden kann.
Technische Probleme bei der digitalen Hundemarke in Gelsenkirchen
Wie unsere Redaktion Anfang Januar berichtete, funktioniert das allerdings bei vielen Nutzern nicht. Man muss sich damit aushelfen, den QR-Code abzufotografieren. In die digitale Geldbörse wurde nichts automatisch geladen. Wie das sein kann und was zur Lösung des Problems getan wird, wollte die FDP im vergangenen Haupt- und Digitalisierungsausschuss von der Stadt wissen.
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Hauptadressat für die Fragen war da zunächst der verantwortliche Ordnungsdezernent Simon Nowack. Und der wiederholte zunächst das, was auch auf der Internetseite der Stadt zu lesen ist: Seit einem System-Update im Dezember 2024 kommt es bei iPhones dazu, dass die im QR-Code enthaltenen Informationen ausgelesen und darauf basierend direkt Aktionen ausgeführt werden, ohne zuvor die Inhalte anzuzeigen. Da in dem QR-Code die Adresse der Hundehalter hinterlegt ist, möchte das System die Nutzer beim Scan direkt nach Hause navigieren – der Hundesteuernachweis landet allerdings nicht in der digitalen Geldbörse.
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Nowack erklärte im Hauptausschuss, dass iPhone-Nutzer erst eine andere Wallet-App herunterladen müssten, der Fehler tauche vor allem bei der Standard-Wallet auf, die alle iPhone-Nutzer automatisch auf ihren Smartphones installiert haben. Mit der anderen App müsse es dann funktionieren, sagte der Dezernent und versprach bei der Sitzung am 6. Februar: Entsprechende Informationen „werden auf der Internetseite der Stadt zur Verfügung gestellt“.
Dort wird als „Problemlösung“ allerdings vor allem empfohlen, dass man einfach ein Foto vom QR-Code auf dem Handy abspeichern solle, falls das mit der Wallet nicht funktioniert. Das hatten Hundebesitzer gegenüber unserer Redaktion bereits als „nicht besonders digital“ verspottet.
Problembehebung für iPhone-Nutzer: Stadt Gelsenkirchen kann keinen Zeitpunkt nennen
Hannah Trulsen, Stadtverordnete der SPD, versuchte im Ausschuss mehrmals bei der Verwaltung nachzufragen, wann das Problem denn genau behoben werden soll und zu welchem Zeitpunkt die Stadt den Dienstleister wechseln könnte, falls dieser keine Lösung findet. „Wir bekommen da ja durchaus Fragen von den Leuten – und bekommen dann aufs Brot geschmiert, dass wir ,Smart City‘ sind“, so Trulsen.
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Doch einen konkreten Zeithorizont – den konnte Nowack nicht nennen. Weder sei ersichtlich, wann der Betreiber das Problem gelöst haben könnte, noch könne man eine Aussage dazu treffen, wann man ihm kündigen kann. Man müsse dem eingekauften Software-Anbieter eine „angemessene Zeit“ einräumen, bevor man feststellen könne, dass er der „Nachbesserungspflicht nicht nachkommt“. Wie lange so eine Frist ist: „Da kann ich keinen genauen Zeitpunkt zusagen“, so Nowack.
Aber die Einführung der digitalen Hundemarke entwickelt sich nicht nur organisatorisch zu einer kleinen Posse; Kämmerer Wolterhoff räumte auf Nachfrage der FDP auch ein, dass in der elektronischen Form auch „keine wesentliche Ersparnis“ für den städtischen Haushalt liege. Ob es zudem so praktisch sei, dass die Marke nicht mehr am Hund sei, dafür jetzt praktisch jedem geschickt werden müsste, der mit dem Tier mal Gassi geht, hinterfragte Wolterhoff ebenso. Und kam dann zu seinem Fazit: „Möglicherweise ist die Hundemarke ein Beispiel dafür, dass die Digitalisierung nicht immer nur Vorteile bietet.“
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