Gelsenkirchen-Horst. Mit seiner Gründung 1985 leitete der Förderverein die Wende ein: So wurde die Ruine zum Prachtbau. Entscheidend war auch ein Zufalls-Besuch.

„Die da oben“, „wir hier unten“: Wer von Politikverdrossenheit heimgesucht wird, könnte sich tief im Westen Gelsenkirchens eine Portion Mut und Motivation abholen: Vor wenigen Jahrzehnten war Schloss Horst, heute ein repräsentativer Prachtbau und Publikumsmagnet, eine Ruine. Und wenn sich vor genau 40 Jahren nicht 240 Horsterinnen und Horster zusammengeschlossen hätten, um den endgültigen Verfall zu verhindern, wäre es das womöglich immer noch. So aber geriet die Gründung des Fördervereins Schloss Horst zur Initialzündung für die Rettung des kunsthistorischen Juwels - und zu einem Lehrstück darüber, was bürgerschaftliches Engagement bewirken kann.

Es war eine Initiative um den resoluten, zupackenden Reisebüro-Inhaber Johann Kollner, die das schier Unmögliche auf den Weg brachte: Er und seine Mitstreitenden wollten sich mit dem traurigen Zustand der 1573 fertiggestellten Anlage nicht abfinden, von der seit den 1970ern nur noch der Sockelbereich als Gastronomie und Diskothek genutzt wurde.

Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin: Schloss Horst stand vor Vereinsgründung zur Disposition

Wie dramatisch die Situation damals war, rief jetzt Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) auf der Jubiläumsfeier in Erinnerung. „Damals stand das Gebäude real zur Disposition. Es hätte durchaus von der Bildfläche verschwinden können.“

Das Ziel der Horster 1985: Das Gebäude sollte in den Besitz der Stadt überführt und sinnvoll denkmalgerecht genutzt werden. Dafür rührten sie unermüdlich im Stadtteil und in Gesprächen mit Experten und der Verwaltung die Werbetrommel. Dass es am Ende auch so kam, sei dem Einsatz vieler Verantwortlicher in Förderverein, Stadt und Land, aber auch einer Verkettung glücklicher Umstände zu verdanken, erklärte Elmar Alshut, 1999 bis 2015 Schloss-Leiter, im Gespräch mit der Redaktion.

Dieser Zufalls-Besuch in Gelsenkirchen trug mit zur Rettung von Schloss Horst bei

Förderverein Schloss Horst feiert 40-jähriges Bestehen
Die Vereinsvorstands-Mitglieder Klaus Verse (l.) und Sandra Nienhaus (r.) hießen zur Jubiläumsfeier des Fördervereins Schloss Horst auch Maximilian Freiherr von Fürstenberg willkommen. Seine Familie war Eigentümerin des Renaissance-Baus, bis sie es 1988 an die Stadt Gelsenkirchen verkaufte. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Da war etwa Dr. Lutz Heidemann, damals Gelsenkirchener Stadtplaner, der den Verein als Vorstandsmitglied wissenschaftlich begleitete und dafür sorgte, dass die Initiative als Partner auf Augenhöhe ernst genommen wurde. Oder NRW-Denkmal-Minister Christoph Zöpel (SPD), der bei einem eher zufälligen Besuch vor Ort den hohen Wert der Bauplastik erkannte und eine hundertprozentige Landesförderung vermittelte.

Extra zum Vereins-Jubiläum nach Horst angereist, bekräftigte der heute 81-Jährige, wie groß damals sein Anliegen gewesen sei, das Gebäude vor dem Verfall zu retten. „Unser Anspruch war, es für die Bürgerinnen und Bürger zu erhalten und einen Impuls zu setzen für den Stadtteil und die Stadt. Das hat gut geklappt“, lobte er das „großartige“ Ergebnis der konzertierten Aktion.

Grabungen rund um Schloss Horst in Gelsenkirchen förderten Spektakuläres zutage

Wurde 1999 nach aufwendiger Sanierung eröffnet: Schloss Horst in Gelsenkirchen.
Wurde 1999 nach aufwendiger Sanierung eröffnet: Schloss Horst in Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Denn nachdem die Stadt das 11.000 Quadratmeter große Areal 1988 samt Schloss für 650.000 Mark von der Familie von Fürstenberg gekauft hatte, wurde es auf der Basis eines Entwurfs des Frankfurter Architekten Jochem Jourdan von 1994 bis 1999 für 31 Millionen Mark restauriert und teilweise auch wieder aufgebaut.

Zuvor hatten Archäologen des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) bei Ausgrabungen nicht nur Spuren der Vorgängerbauten aus dem 11. und 12. Jahrhundert zutage gefördert, sondern auch teils spektakuläre Funde gemacht: etwa Fassaden-Fragmente, Medaillonstücke und kostbare Gefäße. Als Glücksfall für die Forschung entpuppten sich die Bautagebücher des adligen Bauherrn Rutger von der Horst (1519-1582), die die Arbeitsaufträge an die Handwerker in der Bauphase von 1554 bis 1567 und deren Kosten dokumentieren.

Förderverein Schloss Horst engagierte sich auch nach der Rettung als „Hüter und Mahner“

Dabei war der Förderverein immer ganz nah dran: Er begleitete (nicht nur) über Vereinsmitglied (und Kunsthistoriker) Alshut die Grabungen und deren Auswertung und förderte entsprechende wissenschaftliche Publikationen. Er sah sich darüber hinaus auch nach vollbrachter Rettung immer noch als „Hüter und Mahner“ des Horster Denkmals, das heute neben der Gastronomie „Gewölbe“ auch Standesamt, Bürgercenter, Bezirksverwaltungsstelle, Erlebnismuseum, Stadtteilbibliothek und historische Druckwerkstatt beherbergt. Besonders beliebt ist die Glashalle als Veranstaltungsort für Konzerte, Lesungen - und Hochzeitsfeiern.

Wieviel Geld der Förderverein in den vergangenen 40 Jahren in die Arbeit rund um das Schloss investiert hat? „Eine Menge“, so Alshut. „Der Verein förderte das Miniatur-Modell des Schlosses mit rund 60.000 Euro und ermöglichte die Ritterspiele ,Gaudium‘.“ Die Mitglieder kümmerten sich immer wieder um die Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes, die Parkplatzsituation, sie unterstützten den Aufbau und die Erweiterung des Erlebnismuseums und führten unzählige Konzerte und Veranstaltungen durch, entweder in Eigenregie oder in Zusammenarbeit mit dem Referat Kultur.

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In den Anfängen der Coronazeit drohte dem Verein kurzzeitig die Auflösung, weil sich kaum Kandidaten für den Vorstand finden ließen. Das konnte jedoch doch noch verhindert werden, und heute präsentiert er sich mit einem neuen Vorstand unter dem Vorsitz von Sandra Nienhaus konsolidiert. In seiner neuen Rolle als „guter Geist des Hauses“ (Alshut) begleitet er nach wie vor tatkräftig die (Weiter-)Entwicklung vor Ort: Erst vor Kurzem beteiligte er sich etwa finanziell an der neuen Lichtinszenierung des „Pächterhauses“ im 2010 eröffneten Erlebnismuseum, stellte Vorsitzende Nienhaus heraus - und freute sich sichtlich über das Lob von OB Welge: „Sie haben sich große Verdienste um das kulturelle Erbe der Stadt erworben und gezeigt, was alles möglich ist, wenn Menschen sich zusammentun.“