Gelsenkirchen-Horst. Wie der neue Vorstand auswärtige Besucher nach Gelsenkirchen-Horst locken will. Und welche Rolle dabei Greifvögel und „TNT“ spielen.

Zollverein? Besucht fast jeder auswärtige Besucher des Ruhrgebiets. Und Schloss Horst? Hoffentlich auch bald! Darum will sich jedenfalls der neue Vorstand des Fördervereins mit Michael Kasperski an der Spitze bemühen. Gerade gewählt, brennt der Wissenschaftler dafür, das Renaissance-Denkmal zu beleben – mit durchaus ungewöhnlichen Ideen. Dabei setzt er auf die Hilfe von Greifvögeln, Eulen und „TNT“.

„Mit Leib und Seele, Herz und Verstand“, so das Motto der Bewerbung um den ehrenamtlichen Vorstandsposten, will der habilitierte Bauingenieur mit einem engagierten Team ans Werk gehen. Menschen zu motivieren, darin kennt er sich aus: Hauptberuflich gilt seine Leidenschaft als Leiter eines Forschungsteams der Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum dem Gebiet der Entwurfsgrundlagen im Konstruktiven Ingenieurbau, und dabei insbesondere dem Arbeiten mit Studierenden und Promovierenden.

Deckengemälde sollen restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden

Bislang ist von den empfindlichen Deckenmalereien in der ersten Etage von Schloss Horst in Gelsenkirchen nur ein Fresko freigelegt, die übrigen schlummern noch unter Holz. Sie zu restaurieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, hat sich nun der Förderverein vorgenommen.
Bislang ist von den empfindlichen Deckenmalereien in der ersten Etage von Schloss Horst in Gelsenkirchen nur ein Fresko freigelegt, die übrigen schlummern noch unter Holz. Sie zu restaurieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, hat sich nun der Förderverein vorgenommen. © WAZ FotoPool | Thomas Schmidtke

Im Bewusstsein, „auf den Schultern von Riesen zu stehen und in große Fußstapfen zu treten, weil unsere Vorgänger so viel für das Schloss erreicht haben“, zielen die Ideen von Kasperski und seinen Vorstandskolleginnen darauf ab, das Kleinod bekannter zu machen, intensiver für (neue) publikumswirksame und wissenschaftliche Veranstaltungen zu nutzen und weitere Kunstschätze zu heben.

„Zunächst gilt es, den dritten Museumsraum fertigzustellen. Langfristig regen wir an, die sehr empfindlichen, noch unter Holz verborgenen Deckengemälde in der ersten Etage freizulegen, zu restaurieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, berichtet er. Denn bislang ist nur ein Teil der Malereien sichtbar.

Schloss Horst und seine Besonderheiten als Thema von Master-Arbeiten

1773 unter Rutger von der Horst fertiggestellt, glich der einstige Prachtbau Schloss Horst in Gelsenkirchen Mitte des 20. Jahrhunderts einer Ruine. Der 1985 gegründete Förderverein war es, der die Initialzündung zur Rettung und Sanierung einleitete.
1773 unter Rutger von der Horst fertiggestellt, glich der einstige Prachtbau Schloss Horst in Gelsenkirchen Mitte des 20. Jahrhunderts einer Ruine. Der 1985 gegründete Förderverein war es, der die Initialzündung zur Rettung und Sanierung einleitete. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

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Der nur einen Steinwurf vom Schloss entfernt wohnende Horster will die Glashalle als mögliche Location für Konferenzdinner bei internationalen Tagungen an Hochschulen und Universitäten im Ruhrgebiet ins Gespräch bringen. „Für solche Events werfe ich mich dann in mittelalterliche Kleidung und biete Sonderführungen durch das Museum an.“

Museumspädagogik-Stelle wird neu ausgeschrieben

Die museumspädagogische Stelle am Schloss Horst, um die es zuletzt einigen Ärger gab, wird neu ausgeschrieben – zu welchem Termin, ist noch unklar. Dies teilte Stadt-Sprecher Martin Schulmann auf Anfrage mit. Besetzt werden soll sie mit einem Museumspädagogen und nicht mit einem Historiker.

Dabei handele es sich um eine 100-Prozent-Stelle. Die Ausschreibung ist so weit auf den Weg gebracht, dass sie zeitnah veröffentlicht werden soll.

Das Gebäude und seine (nicht nur) architektonischen Besonderheiten sollen auch unter Forschenden selbst bekannter werden: „Wir wollen verstärkt den Kontakt zu historischen Instituten von Universitäten suchen und Lehrstuhl-Inhaberinnen und -Inhaber dazu ermutigen, Themen von Master-Arbeiten zu stellen, die sich auf unser Schloss beziehen“, so Kasperski.

Nachwuchstalenten der Kleinkunst eine Bühne geben

Darüber hinaus würde er sich freuen, wenn Absolventen ihre Abschluss-Vorträge im Kaminzimmer oder Rittersaal hielten. Der Horster ist überzeugt: Das edle historische Ambiente ist dafür ideal.

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„TNT“ – was als Abkürzung steht für „Tolle Nachwuchs-Talente“ – soll zudem mehr kulturell interessierte Besucher anlocken: „Die Glashalle ist doch optimal als Veranstaltungsort nicht nur für Konzerte der Klassik, sondern auch für andere Musikrichtungen. Wir versuchen aktuell einen Dozenten der Hochschule für Musik und Tanz Köln als Schirmherrn für eine erste TNT-Reihe zu gewinnen. So werden wir auch Besucher aus größeren Städten wie Köln oder Düsseldorf anziehen“, denkt Kasperski durchaus groß.

Neues Vorstandsteam will neue Themenführungen anbieten

Für Kleinkunst-Lesungen und -Veranstaltungen mit einem kleinerem Publikum stünden mit dem Kaminzimmer und dem Rittersaal zwei weitere Räume im Horster Schloss zur Verfügung. „Über Kooperationen mit den Nachbarstädten sollte es gelingen, entsprechenden Künstlern eine zusätzliche Auftrittsmöglichkeit zu bieten.“

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Das aktuelle museumspädagogische Konzept von Kindergeburtstagen, Ferienprogrammen und Themenführungen möchte der Vorstand mit weiteren Angeboten bereichern. „Toll wären Führungen zu Astronomie, Falknerei sowie Mechanik und Mathematik im Mittelalter’“.

Greifvögel und Eulen sollen Führungen bereichern

„Hilfreich wären dafür Mini-Modelle etwa eines Laufkrans, die angehende Tischler oder Schreiner als Gesellenstücke bauen und uns als Leihgabe überlassen könnten.“ Auch sein Hobby Falknerei will der Bochumer Privatdozent einbinden in eine Themenführung: „Das Highlight ist dann der Großfalke auf meiner Faust.“

Seine eigenen Greifvögel und Eulen setzt Kasperski für die Arbeit mit Demenzkranken und Autisten ein. „Auch daher kommt die Idee des neuen Vorstands, Führungen durch unser Erlebnismuseum für Besuchende mit besonderen Bedürfnissen zu entwickeln.“

Und das Mittelalterfest „Gaudium“? Das soll mit ganz, ganz großer Wahrscheinlichkeit in 2022 wieder stattfinden. „Mit dem bewährten Konzept und einer weiteren Rittergruppe. Und natürlich mit freiem Eintritt“, so Kasperski.