Gelsenkirchen-Bulmke-Hüllen. „Überlegen, ob wir ausziehen“: In Bulmke-Hüllen wehren sich Anwohner vehement gegen eine geänderte Buslinie. Diese Vorwürfe machen sie der Stadt.
„Man kann doch ein ganzes Wohngebiet nicht so derart auf den Kopf stellen“ – Anja Kaufmann ist einigermaßen fassungslos und „höchst verärgert“, wie sie in einem Brief an Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge deutlich macht. Mit ihrem Unmut ist sie nicht allein: An ihrer Seite ist Andreas Halm und mit den beiden wehren sich noch knapp 50 weitere Anwohnerinnen und Anwohner des Viertels rund um die Florastraße/Hohenzollernstraße/Bulmker Straße und Hohenstaufenallee in Bulmke-Hüllen mittlerweile sehr vehement gegen die geänderte Linienführung der Buslinie 382.
Stark nachgefragte Gelsenkirchener Buslinie ändert Strecke – Anwohner sind massiv verärgert
Was ist passiert? Seit dem 22. August fährt der Bus der Linie 382 nicht mehr von der Florastraße abbiegend über die Hohenzollernstraße und dann weiter über die Bulmker Straße, sondern wird seitdem über die Hohenstaufenallee umgeleitet. Eigentlich nur eine Änderung um wenige hundert Meter, doch die hat es in sich. Von der Änderung hätten die Anwohner, wie sie auf Nachfrage berichten, im Vorfeld nichts erfahren. Die provisorisch aufgestellten Halteverbots- und Ersatzhaltestellenschilder waren die einzigen Vorboten des „Chaos“ im Viertel, wie Kaufmann und Halm es auch nennen.
Es sind gleich mehrere Punkte, die für Anja Kaufmann, Andreas Halm und die anderen Anwohner entscheidend sind: Da sind zum einen ihren Schätzungen nach rund 20 Parkplätze an der Hohenstaufenallee, die seit der Linienänderung wegfallen, da dort seitdem ein Halteverbot gilt, damit die Busse auch ungehindert fahren können. Eine Nachbarin von Andreas Halm und Anja Kaufmann, die ihren Namen nicht veröffentlicht sehen möchte, wohnt seit mehreren Jahrzehnten im Viertel. Der Lärm sei schwer zu ertragen, ab den frühen Morgenstunden sei an Schlaf kaum mehr zu denken. Nun ist sie so weit, dass sie sagt: „Wir überlegen, ob wir ausziehen. Aber wer kauft uns unsere Wohnung ab, unter diesen Voraussetzungen?!“
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Auch beim Ortstermin mit der Redaktion wird deutlich: Die Gelenkbusse der Bogestra donnern an einem späten Nachmittag im Fünf-Minuten-Takt über die Hohenstaufenallee, hin und zurück. Der erste Bus starte in der Woche um 4.43 Uhr, ab 5.43 Uhr dann in oben beschriebenen Takt, wie Anja Kaufmann berichtet. „Natürlich fahren die Linien auch samstags und an Sonn- und Feiertagen, zwar in anderen Zeitabständen, aber das ändert für uns nichts an der unzumutbaren Parksituation, sowie der extremen Lärmbelästigung“, heißt es in einem Brief der Anwohner an die Bogestra und die Stadt.
Im Lauf der vergangenen knapp drei Monate ist eine Art Briefwechsel zwischen den Betroffenen und OB Welge entstanden, der auch der WAZ vorliegt. In den Dokumenten finden die Anwohner deutliche Worte, gegenüber der Redaktion sagen sie: „Briefe an die Bogestra und die Oberbürgermeisterin scheinen dort auf taube Ohren zu stoßen. Alle gegebenen Antworten seitens der Oberbürgermeisterin gehen leider nicht auf den konkreten Grund der geänderten Linienführung ein“, beschweren sich Kaufmann und Halm.
In einem der Briefe von Ende Oktober steht: „Für uns als Anwohner ist das ein absolut unzumutbarer Zustand!!! Es kann nicht die Lösung sein, eine Buslinie umzuleiten, nur weil die chaotische Parksituation an der Bulmker Straße vor dem Einkaufsladen durch das Ordnungsamt nicht reguliert und gewährleistet wird.“ Aus Sicht der Anwohner sei eben jene Parksituation der einzige Grund für die Änderung und die Umleitung. Karin Welge schreibt in ihrer Antwort Ende Oktober an Anja Kaufmann und Andreas Halm: „Wie mir die Bogestra AG erläutert, wurde die Anpassung der Linienführung aufgrund von Schwierigkeiten bei Abbiegevorgängen und dem Begegnungsverkehr im Bereich der Kreuzung Hohenzollernstraße / Bulmker Straße notwendig.“
Die Lage rund um den Adana-Supermarkt ist indes kein neues Thema, sondern ein echter Dauerbrenner, vor allem im Präventionsrat Bulmke-Hüllen. Das Problem wurde damals so geschildert: An der Bulmker Straße parkten Lieferverkehr und Kundinnen und Kunden häufig in zweiter Reihe und würden die Durchfahrt blockieren, wie schon andere Nachbarn bei vergangenen Sitzungen des Gremiums geklagt hatten. Bereits im April teilten KOD und Bezirksbeamte mit, dass es bei Kontrollen keine Verstöße gegeben habe.
Seitens der Bogestra heißt es nun auf eine aktuelle Nachfrage der Redaktion: „Besondere verkehrlichen Gegebenheiten auf der Bulmker Straße in Höhe der Hohenzollernstraße führten in der Vergangenheit leider auch zu Verspätungen. Um diesen in Zukunft vorzubeugen, fahren die Busse der Linie 382 seit August 2024 einen geänderten Linienweg.“ Und weiter: „Bei unseren Kolleginnen und Kollegen im Fahrdienst kommt diese Maßnahme gut an. Sie begrüßen es, dass ein anspruchsvoller Teil der bisherigen Fahrtstrecke jetzt umfahren wird. Das kommt letztendlich auch der Pünktlichkeit der Linie 382 zugute.“
Busfahrer mit unvorhersehbaren und zum Teil schwierigen Verkehrssituationen konfrontiert
Was mit besonderen verkehrlichen Gegebenheiten denn gemeint sei? „Das bedeutet, dass unsere Kollegen im Bus vor Ort regelmäßig mit unvorhersehbaren und zum Teil schwierigen Verkehrssituationen konfrontiert waren, die das Vorankommen unserer Busse erschwerten und zu Verspätungen führten.
Die Stadt teilt mit: „Die angespannte Verkehrssituation im Kreuzungsbereich der Bulmker Straße und Hohenzollernstraße ist der Verwaltung bekannt. Seit Eröffnung des Adana Marktes wird der Bereich kontinuierlich, verstärkt und intensiv überwacht.“ Begleitend zu der anlassfreien Überwachung würden gemeinsame Bestreifungen mit dem kommunalen Ordnungsdienst und dem Bezirksbeamten der Polizei erfolgen. Außerdem würden einige Anwohner aus dem nahen Umfeld den VÜD bei großem Kundenandrang oder konkreten Verkehrsstörungen informieren. Es werde kurzfristig reagiert, heißt es weiter, auf konkrete Hinweise auf Verkehrsbehinderungen.
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Zu den weggefallenen Parkplätzen sagt die Stadt, dass aktuell noch geprüft werde, an welche Stelle und in welcher Form die neuen Haltestellen dauerhaft angelegt werden können. „Eventuell wird diese Prüfung ergeben, dass im Zuge der Festlegung der endgültigen Haltestellenstandorte weniger Stellplätze am Fahrbahnrand (als aktuell) entfallen müssen. Das Ergebnis der Prüfung steht derzeit jedoch noch aus.“
Kein Zweifel besteht jedoch darin: Wenn es bezüglich der Umleitung – genehmigt ist diese bis Anfang Januar 2025 – „zu keinen nennenswerten Problemen kommt, ist von Seiten der Verwaltung geplant, dass die Buslinie 382 diesen Linienweg im Anschluss dauerhaft befährt.“