Gelsenkirchen. „Knöllchen“-Streit in Gelsenkirchen: Mehrere Anwohner sind sauer, weil sie die Anwohnerparkplätze direkt vor ihrem Haus nicht nutzen dürfen.
Wilma Mittelbach (72), Walid Hasan (56) und Hevin Kuro (42) stellen ihre Autos gern auf einem der vier Parkplätze ab, die sich direkt vor dem Mehrfamilienhaus befinden, in dem sie leben. Das Problem: Die Stadt hat ihr Haus an der Hauptstraße 40 in der Altstadt der „Parkausweiszone P“ zugeordnet, besagte vier Parkplätze davor gehören aber zur „Parkausweiszone S“. Damit parken die Anwohner direkt vor ihrer Haustür also immer falsch. Jahrelang sei das aber toleriert worden, beteuert das Trio. Erst seit Mai 2024 sollen sie plötzlich für die ausgestellten „Knöllchen“ zahlen, was sie konsequent verweigern. Der Streit darum ist inzwischen sogar vor dem hiesigen Amtsgericht gelandet.
Regelung wirkt wie ein Schildbürgerstreich der Stadt Gelsenkirchen
Was im ersten Moment wie ein Schildbürgerstreich der Stadtverwaltung wirkt, erweist sich beim Ortstermin in der Hauptstraße als Realität: Gleich mehrere Hausnummern (28-42) der Hauptstraße sind von dieser seltsamen Parkregelung betroffen. Bei Hausnummer 40 ist es aber besonders absurd: Dort liegen die strittigen Parkplätze wirklich direkt vorm Haus. Und dürfen laut Straßenverkehrsordnung dennoch nicht genutzt werden. Offiziell zumindest.
„Ich wohne jetzt seit 1999 in diesem Haus. Und in all der Zeit haben wir mit dem P-Parkausweis auch in der S-Zone parken können“, behauptet Mittelbach. Und ihre beiden Nachbarn, die jeweils aus Syrien stammen und seit zehn bzw. sechs Jahren dort zu Hause sind, nicken zustimmend mit dem Kopf. Zwar hätten sie ab und an ein „Knöllchen“ bekommen. Nach einem schriftlichen Einspruch beim städtischen Verkehrsreferat und der Bußgeldstelle mit einem Verweis auf den vorhandenen, gültigen Anwohnerparkausweis seien all diese Verfahren aber nicht weiter verfolgt und dann eingestellt worden, sagt das Anwohner-Trio.
Die Zahlung der angefallenen „Knöllchen“ konsequent verweigert
Dieser Sichtweise widerspricht die Stadt vehement. Stadtsprecher Martin Schulmann betont, dass eine solche Kulanzregelung „vielleicht einmal in einem Einzelfall“ möglich gewesen sei. Ein systematisches, grundsätzliches „Beide-Augen-Zudrücken“ über Jahre hinweg könne es hingegen „definitiv nicht gegeben haben“. Denn bei solch einer Vielzahl an Parkvergehen müsse man von Vorsatz sprechen. Und in solchen Fällen müsse die Stadt stringent handeln.
Die Anwohner bleiben aber bei ihrer Darstellung, dass sie erst ab Mai 2024 keine Kulanz-Lösungen mehr erhalten hätten. „Diese Änderung kam für uns wie aus dem Nichts. Wir haben von der Stadt keine Erklärung bekommen, warum das Parken in der S-Zone plötzlich nicht mehr toleriert wurde“, sagt Mittelbach. Und Walid Hasan ergänzt: „Wie kann etwas plötzlich falsch sein, dass vorher offensichtlich immer okay war. Wir fühlen uns im Recht.“ Und deshalb habe man auch auch kollektiv die Zahlung der angefallenen „Knöllchen“ verweigert.
Eine Anwohner-Familie hat inzwischen 51 unbezahlte „Knöllchen“ angehäuft
Das sind inzwischen ganz schön viele: Bei Mittelbach sind seit dem 5. Juni sieben „Knöllchen“ angefallen, mit einer Gesamtforderung in Höhe von 312,50 Euro. Bei Hevin Kuro sind es seit 1. Juli 17 „Knöllchen“ mit 673,50 Euro. Und weil Familie Hasan gleich über vier Autos verfügt, sind in der Zeit sogar 51 Knöllchen mit einer Gesamtforderung in Höhe von 2448 Euro eingegangen. „Bei Frau Kuro war inzwischen sogar schon ein Gerichtsvollzieher da. Und wir alle haben in den nächsten Wochen einen Termin vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen“, so Mittelbach.
Und wo dürfen die Anwohner mit ihrem Ausweis nun legal parken? Für die Antwort gehen wir 60 Meter weiter um die Ecke. Dort beginnt die Straße Im Lörenkamp. Und auf etwa 150 Metern Länge gibt es zwölf Stellplätze für die P-Parkzone, die sich übrigens bis hinunter zum Hauptbahnhof zieht. „Hier in unserer Nähe ist aber so gut wie nie etwas frei“, sagt das Trio. Die Folge: Man müsse manchmal mehrere hundert Meter weit weg von der Haustüre parken. Gerade wenn es gilt, Einkaufstüten nach Hause zu tragen, sei das ein absolutes Ärgernis.
Hauptstraße bildet die Grenze zwischen zwei Anwohner-Parkzonen
Die Stadt Gelsenkirchen erklärte, dass die Hauptstraße genau die Grenze zwischen den Parkzonen P und S bilden würde. Die Häuser der nördlichen Straßenseite mit den ungeraden Hausnummern seien der S-Zone zugeordnet worden, die auf der südlichen Straßenseite mit den geraden Hausnummern der P-Zone.
Warum dann aber die vier Parkplätze der südlichen Straßenseite trotzdem zur nördlichen S-Zone gehören, konnte Stadtsprecher Schulmann nicht beantworten. Diese Regelung hätte das städtische Referat Verkehr vorgenommen und bestehe seit mindestens zehn Jahren. „Irgendwo müssen die Grenzen der Parkzonen verlaufen, sodass es immer Leidtragende gibt“, stellte Schulmann abschließend fest.