Gelsenkirchen. „Gleichgültigkeit“, „kein Rückgrat“, „keine Lust“: Gelsenkirchener Gremien sehen Arbeit für mehr Sicherheit und Ordnung teils torpediert.
„Ohne sie liefe gar nichts“: So positiv bewirbt die Stadt die Arbeit der 16 örtlichen Präventionsräte in Gelsenkirchen (PräGE) - jedenfalls auf ihrer Homepage. Ein Protokoll von einer Sitzung Anfang November dokumentiert hingegen: Zumindest ein Teil dieser ehrenamtlich besetzten Gremien sieht sich in der Aufgabe, Sicherheit und Ordnung in den Stadtteilen zu verbessern, von der Verwaltung alles andere als wertgeschätzt. Im Gegenteil. Drei Vorsitzende beklagen fehlende Unterstützung, gar Gleichgültigkeit und sehen ihr eigenes Engagement teils sogar torpediert. Kurz: Der Frust, der sich in den vergangenen Monaten und Jahren bei ihnen aufgestaut hat, er ist groß.
Der brisante Absatz findet sich im Protokoll einer Sitzung vom 4. November im Rathaus Buer, wohin alle 16 PräGE-Vorsitzenden zum jährlichen Austausch eingeladen waren. Es erschienen jedoch nur vier Vertreter der Gremien Rotthausen, Bulmke-Hüllen und Horst, um u.a. das Rollenverständnis der Räte zu erörtern, Sitzungstermine für 2025 festzulegen und Projektideen zu diskutieren. Unter dem Punkt „Verschiedenes“ fassten sie schließlich ihre Kritik in deutliche Worte.
Gelsenkirchener Präventionsräte „müssen sich beschimpfen lassen“
Wie es heißt, seien die Vorsitzenden nicht nur „häufig frustriert über die zunehmende negative Resonanz seitens der Teilnehmenden.“ Vielmehr „fühle (man) sich in manchen Situationen häufig durch Fachreferate nicht ernst genommen. Insbesondere, wenn bestimmte Anliegen durch Fachreferate nicht umfassend und zeitnah aufgegriffen und Lösungen unterbreitet werden.“ Und weiter: „Als Schnittstelle zwischen Bürgerschaft und Verwaltung ,müsse man sich beschimpfen lassen‘ - und hat im Gegenzug kein Rückgrat durch die Fachreferate“, etwa bei Beschwerden über Vermüllung.
Hans-Georg Kouker, Vorsitzender des Präventionsrates Horst, konkretisiert auf Nachfrage der Redaktion: „Wir werden von der Verwaltung seit Monaten vertröstet, wenn es um das versprochene Gutachten für Feinstaub-Emissionen durch Holzkohle-Grill-Imbisse geht. Wenn ich nachfrage, heißt es tatsächlich, man habe etwa wegen personeller Engpässe aus Krankheits- oder Urlaubsgründen keine Zeit für meine Anfrage, außerdem gebe es Wichtigeres. Da höre auch ich dann auf nachzufragen.“
Präventionsratsvorsitzender aus Gelsenkirchen-Horst: Stadt lässt uns über Monate im Dunkeln
Aber wenn er nicht weiter nachhake, flössen kaum oder sehr spät Informationen über den Sachstand der angesprochenen Probleme. „So werden wir über Monate im Dunkeln gelassen.“
Was seinen Vorschlag in der letzten (Juni-)Sitzung angehe, die Müll-Container im Stadtteil durch jeweils einen Wertstoffhof in Horst-Süd und -Nord zu ersetzen, so sei er von Gelsendienste mit dem Verweis auf gesetzliche Vorgaben geradezu abgebügelt worden. „Die Verwaltung ist nicht einmal bereit, über solche Ideen zu diskutieren. Sie steckt den Kopf in den Sand, anstatt auch mal über neue Wege nachzudenken und sich da womöglich aus anderen Städten Expertisen zu holen.“ Ähnliches berichtet zum gleichen Problem auch Manfred Kosubek als Vorsitzender des PräGE Bulmke-Hüllen.
Gremiums-Chef aus Gelsenkirchen-Rotthausen: Es passiert nichts oder zu wenig
Wie gemeldet, wollte Kouker mit dieser Idee dazu beitragen, der viel beklagten Vermüllung rund um die Container Herr werden, die auch in anderen Städten für Ärger sorgt. Auch Kosubek befürwortet die Abschaffung von Müll-Containern. Die Stadt Oberhausen will etwa die Zahl der Altkleider-Container drastisch reduzieren und durch einen Abholservice ersetzen.
Gleichgültigkeit und teils sogar Untätigkeit werfen Kosubek und Andreas Lange, Vorsitzende der Präventionsräte Bulmke-Hüllen bzw. Rotthausen, der Verwaltung vor. „Es passiert einfach seit Jahren nichts oder zu wenig, etwa was die Beschwerden über die Müllhaufen und die falsch parkenden Sprinter auf dem Rotthauser Markt angeht“, schimpft Lange, einige Mitarbeitende in den Fachreferaten hätten „keine Lust“, tätig zu werden. So mutiere das Gremium zum „macht- und zahnlosen Tiger ohne jeglichen Sinn.“
Gelsenkirchener Präventionsratsvorsitzender: Anwohner erleben andere Wirklichkeit als Stadt
Besonders verärgert ist er, dass Gelsendienste seit einem Jahr nicht mehr zu den Sitzungen erscheine. „Mittlerweile erspare ich es mir, sie überhaupt einzuladen.“
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Kosubek bestätigt: „Die Bürger haben den Eindruck, es werde nichts unternommen.“ Als Beispiel nannte er die Falschparker vor einem Supermarkt an der Ecke Bulmker Straße/Hohenzollernstraße. Während der Kommunale Ordnungsdienst behaupte, keine Verstöße gegen die Verkehrsordnung festzustellen, erlebten die Anwohner täglich eine andere Wirklichkeit.
Gelsenkirchener Stadtverwaltung: Nehmen Kritik an der Verwaltung sehr ernst
Auf die Kritik der PräGE-Vorsitzenden angesprochen, betont die Stadtverwaltung, dass „gerade Kritik an der Verwaltung sehr ernst genommen und in direkten Gesprächen zwischen Verwaltung und Präventionsräten erläutert werde.“ Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne verweist darauf, dass die Stadttochter nicht ständiges Mitglied der Präventionsräte sei, sondern nur dann an den Sitzungen teilnehme, wenn sie wegen konkreter Tagesordnungspunkte auch zuständig sei. Auf gesetzliche Vorgaben, etwa in Bezug auf die Platzierung von Müll-Containern, habe sie keinen Einfluss.
Der Präventionsrat Horst tagt am Dienstag, 3. Dezember, 18 Uhr, wieder im Pfarrzentrum St. Hippolytus, Industriestraße 13. Auf der Tagesordnung stehen u.a. die Sachstände beim Emissionsgutachten sowie den Grabelandflächen an der Harthorststraße.