Gelsenkirchen-Süd. Der „Gastro Run“ führt dieses Mal durch Gelsenkirchens Süden. Vier Stunden Laufspaß mit Genuss und Anekdoten zur Lokalgeschichte der anderen Art.
Vor Brombeerranken und Brennnesseln, auf einem „Lost Place“, einem fast versteckten Ort mit langer Geschichte, stoßen sie hier mit langstieligen Weingläsern und edlen Tropfen an. Heute ist nur noch das Verwaltungsgebäude der Zeche Alma übrig geblieben, die Brache der Industrieanlagen hat sich das Grün längst zurückerobert. Die erste Station beim „Gastro Run“ durch den Gelsenkirchener Süden ist diesmal auf dem ehemaligen Zechenareal, das ein paar Jahre außerdem lautstark im Blickpunkt stand.
Alma war Teil eines Komplexes von Kokerei, Hochöfen, Gussstahl- und Walzwerk mit dem nahen Schalker Verein. Aber hier gab es auch schon eine Geschichte nach der Zechengeschichte: Auf dem „Alma-Ring“ ging es noch in den 80er-Jahren statt um Koks und Kohle um Vollgas und Rundenzeiten auf einem ziemlich kleinen Motodrom für Speedway-Rennen. Nach den turbulenten Motodrom-Tagen allerdings wurde das Gelände weitestgehend sich selbst überlassen.
Acht Stationen in vier Stunden in Gelsenkirchen angesetzt
Olivier Kruschinski, Organisator des „Gastro Runs“ in der besonderen „Auflage 04“, hat die gut zwei Dutzend Läuferinnen und Läufer schon über den größten Teil der Laufstrecke von Schalke bis nach Ückendorf geführt. Inspiration zu diesem Halbmarathon durch Gelsenkirchen war für ihn der „Medoc-Marathon“ zwischen französischen Weinbergen. Neben dem Spaß an der Bewegung und den Geschichten abseits der bekannten Ecken der Emscherstadt stehen Gastronomie und kleine Genüsse auf dem Plan. Schließlich sind ja doch einige Kilometer mit Extra-Kalorien zu bewältigen, vier Stunden sind dazu in etwa mit acht Stationen angesetzt.
Bitteres Bedauern klingt mit, als Kruschinski mit Blick auf das Backstein-Gemäuer erklärt, das Alma-Verwaltungsgebäude gehe auf den Industrie-Architekten Fritz Schupp zurück, der immerhin auch für die Bauten der Zeche Zollverein verantwortlich zeichnete. „Weltkulturerbe, weltbekannt, und hier ist nicht einmal klar, was wird“, kommentierte er kurz. Immerhin steht der Bau unter Denkmalschutz. Zurück im Hier und Jetzt mahnt der Tour-Guide: „Macht nicht zu lange, wir haben noch viel vor.“
Ein vollmundiger Rotwein aus Frankreich gleich zum Auftakt
Immerhin hat Dagwin Lauer, der wieder für seinen Teil der Gaumen-Genüsse sorgt, auch schon Rebensaft und Geschichten beigesteuert. Der „Sommelier vom Emscherstrand“, so sein Ehrentitel, hat für diesen Stopp etwas Besonderes aus dem Südwesten Frankreichs ausgesucht, einen Gaillac und einen Chardonnay, rot und weiß, „zum Einstieg“, macht er neugierig auf eine Cuvée von fünf Weinen aus 2018. „Natürlich“, stimmen alle zu, schmecke man, dass die Burgundertraube an den Geschmack von Litschi-Früchten erinnere.
Zum Schweizer Wurstsalat und Röstbrot schmeckt einigen von ihnen dann das Pils an der Station, die Kruschinski mit „Weltkultur-Erle“ anpreist. Viel Zeit gönnt er der Truppe im „Erlenhof“ bei Wirtin Moni und Vorgängerin Gisela allerdings wieder nicht. Am Rande gibt es erste Kommentare: „Den Rotwein spür‘ ich schon“, und „aber diesmal nicht so lange, das war ja schon 19 Uhr“. Denn das Finale sollte bei der „Auflage 04“ auf dem Winzermarkt in der Altstadt sein.
„Gastro Run“ lockt Läufer und Leckermäuler gleichermaßen
Der „Gastro Run“ bringt immer wieder gut zwei Dutzend Läuferinnen und Läufer auf die Strecke, und das nicht nur wegen der ungewöhnlichen Präsentation. „Es ist wirklich schade, dass es keinen offiziellen Lauf oder sogar Marathon mehr in Gelsenkirchen gibt“, ist am Rande zu hören. Aber natürlich gehen die Kommentare auch in die Richtung „Ist ja eigentlich ganz okay, die Veranstaltung, nur das Laufen stört. Aber so kommen wir auch mal satt vom Sport nach Hause.“
Bevor die Strecke in Richtung Innenstadt führt, wird noch am Wissenschaftspark Station gemacht, wo besonders gern Erinnerungsfotos per Handy mit Gläsern in der Hand entstehen. Lauer hat erneut Spezielles zu bieten, einen Syrah. Speziell mache den der Verschnitt aus Trauben vom Anbau sowohl an der Küste wie aus 900 Metern im Hochland. „Und der Winzer ist stolz darauf, dass der auch in Syrien im Holzfass gekeltert wird“, erzählte Lauer. Vor allem aber könne niemand sagen, wie lange noch Wein aus der Region zu erwarten sei, so schwierig wie es derzeit im Nahen Osten sei.
Werbung für den Sport und Dank an die Unterstützer auf lokaler Ebene kann Dagwin Lauer außerdem loswerden. „Den Käse hat Bjorn Liefers aus Buer gesponsert“, gibt er preis. Allerdings seien auch zwei ursprünglich eingeplante Gastronomen noch abgesprungen. Dem Käse kann auch der Zahnarzt Lauer Gutes abgewinnen: „Als basisches Finale zum Wein nur zu empfehlen. Der Käse neutralisiert die Säure im Wein, damit gibt‘s dann weniger Karies.“
Zu den weiteren Stationen gehörten unter anderem das Ristorante Trulli, wo es köstliche Tropfen und Häppchen aus Bella Italia zu verkosten galt, das türkische Wein- und Tapas-Restautrant Savarona, in dem verschiedene Dips zu den Weinen aus der Türkei geboten wurden, die Konditorei Pabst, wo sich die Läufer bei frirschgebackenem Kucken stärkten.