Gelsenkirchen. Wie gut besucht sind Gelsenkirchens Zentren? Die IHK hat an der Bahnhof- und Hochstraße gezählt - mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen.

Der Niedergang von Gelsenkirchens einstiger Flaniermeile wurde schon häufig beschrieben, die Lage an der Hochstraße in Buer ebenfalls. Nun gibt es – ermittelt durch die IHK Nord Westfalen – neue Zahlen nach umfangreichen Passantenfrequenz-Messungen. Sie zeigen: In Gelsenkirchen ist ein Wandel in vollem Gange. Und genau das führt laut IHK zu immer weniger Menschen, die vor allem die Bahnhofstraße ansteuern, sogar noch weniger als im Corona-Krisenjahr 2022.

Hochstraße und Bahnhofstraße: So viele Menschen kommen in Gelsenkirchens Zentren

An insgesamt 16 Messtagen, acht davon an einem Donnerstag (15 bis 16 Uhr) und acht an einem Samstag (11 bis 12 Uhr), in der Zeit von Ende April bis Anfang Juli (ohne die Feiertagswochen), wurden an der Hochstraße 13 in Buer und an der Bahnhofstraße 79 in der City die Besucherinnen und Besucher gezählt. Allein die Zahlen können natürlich nicht ausdrücken, wie attraktiv ein Zentrum ist – entscheidend ist demnach nicht nur die Anzahl der Menschen, die über Hoch- und Bahnhofstraße laufen, sondern auch deren Motivation, etwas zu kaufen.

Die Hochstraße in Buer steuern mehr Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener an als die Bahnhofstraße.
Die Hochstraße in Buer steuern mehr Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener an als die Bahnhofstraße. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Zahlen sind dennoch ernüchternd: An einem Donnerstag, in der Zeit von 15 bis 16 Uhr, wurden an der Bahnhofstraße genau 2029 Passantinnen und Passanten gezählt, im Jahr 2022 waren es knapp 300 (2328) mehr, im Jahr 2018 waren es 2508. Noch dramatischer sieht es am Samstagmorgen in der Zeit von 11 bis 12 Uhr aus: 1593 Menschen zählte die IHK in diesem Jahr, zum Vergleich: Selbst im pandemiebedingten Krisenjahr 2022 waren es noch 2019 und vier Jahre zuvor 2028.

Weniger Menschen auf der Bahnhofstraße, mehr auf der Hochstraße

Auch beim Blick auf den gesamten Tag wird die Bahnhofstraße an einem Donnerstag zum Verlierer: Von 10 bis 18 Uhr wurden 11.140 Passanten gezählt, 2022 waren es noch 12.326. Anders die Daten für einen Samstag im besagten Zeitraum: Ebenfalls in der Zeit von 10 bis 18 Uhr liefen 16.901 Menschen über die Bahnhofstraße, zwei Jahre zuvor waren es knapp 1000 weniger (15.913).

Die IHK bescheinigt der Bahnhofstraße einen rückläufigen Trend seit 2014 – was sicherlich auch an der schwindenden Attraktivität des Einzelhandels liegen mag. Immer häufiger ist in den sozialen Medien zu lesen und bei Gesprächen in der Stadt zu hören, dass viele Gelsenkirchener ihre Bahnhofstraße mittlerweile meiden und zum Einkaufen gleich ganz woanders hinfahren, weil es kaum noch hochwertiges Angebot in der Innenstadt gibt. Und auch um die Bahnhofstraße herum schlagen etwa die Geschäftsleute von der Hauptstraße Alarm, attestierten ihrem Quartier jüngst eine „katastrophale Entwicklung“.

Das steckt hinter der IHK-Zählung

Die Passantenfrequenzzählung der IHK findet seit 2014 alle zwei Jahre und in diesem Jahr zum sechsten Mal statt, in allen 32 Mittelzentren des Münsterlandes (Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf) und der Emscher-Lippe-Region (Bottrop, Gelsenkirchen, Kreis Recklinghausen).

Ziel der Passantenfrequenzzählung ist zu beobachten, wie sich die Anziehungskraft der Mittelzentren in der Region über die Zeit entwickelt. Die Passantenfrequenz ist „hierbei immer noch ein zentraler Indikator bei der Beurteilung eines Standortes und für die Attraktivität einer Innenstadt“, heißt es seitens der IHK. Die Gleichung, dass hohe Frequenzen automatisch zu hohen Umsätzen im Einzelhandel führten, gehe allerdings nicht mehr in jedem Fall auf, so die IHK weiter.

Mit der aktuellen Zählung hat die IHK einige Neuerungen eingeführt, die die Aussagekraft der Messergebnisse künftig weiter erhöhen sollen. Während bis 2022 jeweils in einer Stunde an einem Donnerstag und einem Samstag Besucher gezählt wurden, werden in diesem Jahr erstmals die Daten von insgesamt 16 Terminen pro Zählstandort einbezogen. Dazu wurden nun GPS-Bewegungsdaten genutzt.

Mit 82,9 hat Gelsenkirchen weiterhin den niedrigsten Kaufkraft-Index aller von der IHK im Rahmen der Frequenzzählung untersuchten Städte. Hinzukommt der weiterhin bestehende Leerstand der großen Flächen, also die von Kaufhof, Primark oder Saturn. „Hier loten die Innenstadtakteure neue Entwicklungschancen für betroffene Großimmobilien aus“, erläuterte Uta Willim, Chefin der örtlichen Wirtschaftsförderung. Zuletzt war beispielsweise die Rede davon, dass ein Unternehmen aus der Supermarkt-Branche ins Erdgeschoss des ehemaligen Kaufhofs ziehen könnte.

Besucherzahlen: Hochstraße in Buer weist einen stabilen Trend auf

Was für die Bahnhofstraße gilt, gilt wiederum nicht für die Hochstraße, die über die vergangenen zehn Jahre einen stabilen Trend aufweist, was die Besucherzahlen angeht. Das belegen auch die Zahlen: An einem Donnerstagnachmittag wurden dort 1741 Menschen gezählt, 2018 waren es beispielsweise 1704, vier Jahre später 1809. An einem Samstag wurden 2349 Passanten gezählt, im Vergleich zu den Messungen vor sechs Jahren (hier wurden 2286 Passanten gezählt) ist die Frequenz sogar gestiegen. Nur im eigentlichen Krisenjahr 2022 war der Wert höher und lag bei 2586 Menschen.

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Bei der Tagesfrequenz konnte die Hochstraße an beiden Tagen ihre Zahlen steigern. Von 11.177 Personen im Jahr 2022 stieg die Zahl in diesem Jahr auf 13.044 an einem Donnerstag, an einem Samstag von 15.913 (2022) auf 16.901 (2024).