Gelsenkirchen/Bochum-Wattenscheid. „Holland-Quartier“ soll ein neues XXL-Projekt an der Grenze Wattenscheid-Ückendorf heißen. Locken will man mit einigen Besonderheiten.
Von Hugo bis Westerholt: Wenn alles so läuft wie geplant, werden sich in Gelsenkirchen in den nächsten Jahren weitere prägende Standorte der Zechen-Ära in moderne Wohn- und Geschäftsquartiere verwandeln. Immer konkreter werden auch die Pläne für die Stadtgrenze zu Wattenscheid. „Das wird das Gesicht Gelsenkirchens verändern“: Als Oberbürgermeisterin Karin Welge das in ihrer Rede zum Haushalt 2025 sagte, da meinte sie damit auch das geplante XXL-Projekt gegenüber von Schacht I/II der Zeche Holland, am einstigen Güterbahnhof Wattenscheid und direkt am heutigen Radschnellweg.
„Quartier Holland“: Das soll das neue Großprojekt in Gelsenkirchen und Bochum bieten
Der RS1 endet dort ohnehin noch ziemlich abrupt. Aber derzeit befindet sich schon vor den letzten hundert Metern der Teilstrecke, an der Auffahrt nahe der Eisenbahnbrücke Ückendorfer Straße, eine Absperrung. Dahinter sind Baggerfahrer damit beschäftigt, einen Durchlass für den Wattenscheider Bach zu erneuern, eine Maßnahme, die mit der Renaturierung der Emscher zusammenhängt. In nicht allzu ferner Zukunft werden die Baumaschinen dann noch sehr viel mehr zu tun haben.
Hier neben der Fahrrad-Autobahn, im verlassenen Grün, wo 1976 die Güterabfertigung und 2004 der Streckenabschnitt der Rheinischen Bahn schließlich vollends stillgelegt wurde, wo heute nur einige verwucherte Gleise an die alte Nutzung erinnern, soll mit dem „Quartier Holland“ das neue Vorzeige-Viertel entstehen, mit dem sich Gelsenkirchen als „moderne, zukunftsfähige Stadt“ präsentieren will und gemeinsam mit Bochum die „interkommunale Tradition“ stärken möchte.
„Moderne Townhouses und Stadtvillen“ an der Grenze von Gelsenkirchen zu Wattenscheid
Angebunden an den Radschnellweg und die Straßenbahnlinie 302, soll hier auf einer fünf Hektar großen Fläche so ziemlich alles Platz bekommen, was zu einem lebendigen Viertel gehört: Fahrradverleih und Gastronomie, Klein- und Kleinstgewerbe, Büros, Ärztehäuser, vielleicht sogar ein „Fahrrad-Hotel“ für Touristen auf dem Radschnellweg, und – natürlich – Wohnungen für verschiedenste Bedürfnisse. Heißt: Mehrfamilienhäuser mit bezahlbaren Mietwohnungen, studentische Appartements, Eigentumswohnungen, Reihenhäuser und Doppelhaushälften. Die Stadt spricht von „modernen Townhouses und Stadtvillen“. 220 Wohneinheiten sollen insgesamt geschaffen werden.
Ein „wichtiges stadtplanerisches Ziel“ ist das nicht nur, weil es in Gelsenkirchen an „qualitativ gutem und zielgruppengerechtem, bezahlten Wohnraum“ mangelt, auch bestehe in der Stadt eben noch „Bedarf an Eigentumsbildung“, wie Stadtsprecher Martin Schulmann betont. Tatsächlich ist die Eigentumsquote in Gelsenkirchen auffällig gering; sie liegt bei etwa 20 Prozent, im Land bei knapp 41. Und „aufgrund der vergleichsweise geringen Bautätigkeit sowie der niedrigen Sanierungsquoten“ werde sich die Situation am Wohnungsmarkt voraussichtlich noch verschärfen, prognostiziert die Verwaltung.
Neues Viertel am Güterbahnhof Wattenscheid: Gelsenkirchen ist weiter als Bochum
Die genannten Pläne gelten zunächst erst einmal nur für die fünf Hektar große Gelsenkirchener Fläche. Zwei weitere Hektar liegen auf Bochumer Gebiet. Aber hier sind die Planungen noch nicht so fortgeschritten wie in Gelsenkirchen, weiß man in der Bauverwaltung. Das liegt auch daran, dass der Bochumer Teil bebaut ist und es dort eine Vielzahl von Eigentümern gibt. Hier kann nicht einfach ein ganzes Areal neu überplant werden.
Der überwiegende Teil des Gelsenkirchener Gebietes befindet sich im Eigentum der Deutschen Bahn. Die Stadt Gelsenkirchen hatte bereits 2018 einen ersten Teilbereich erworben, Ankaufsverhandlungen für die restlichen Flächen laufen bereits, wie es aus der Verwaltung heißt. Am 29. September 2022 bereits wurde im Rat der Stadt der einleitende Beschluss zum Bebauungsplan Nr. 450 mit dem Titel „Ehemaliger Güterbahnhof Gelsenkirchen-Wattenscheid“ gefasst. Seitdem mahlen gemächlich die Mühlen des – gemessen an den üblichen Zeithorizonten – noch jungen Bebauungsplanverfahrens.
Vermarktungsgespräche mit Investoren haben also noch nicht stattgefunden, wie die Stadt auf WAZ-Nachfrage mitteilt. Wohl aber wurde bereits ein „umfangreiches“ Verkehrsgutachten erstellt. Damit sollte untersucht werden, wie der Verkehr die geplanten Entwicklungen wohl beeinflussen wird und ob das zukünftige Verkehrsaufkommen an Knotenpunkten und Kreuzungen im Umfeld störungsfrei abgewickelt werden kann.
Verkehrsgutachten für neues XXL-Quartier kommt zu einem beruhigenden Ergebnis
Das Ergebnis des Gutachtens: Alles gut – das Straßennetz kann gut verkraften, was hier am „Quartier Holland“ geschehen soll. Aufgrund der besonderen Lage, der Anbindung an den RS1 und die 302, sei „ein geringer Kfz-Anteil, vor allem im Besucherverkehr, im Vergleich zu anderen Quartiersentwicklungen zu erwarten“, teilt man aus dem Rathaus mit.
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Als nächster „Meilenstein“ ist die frühzeitige Bürgerbeteiligung geplant, die zu Beginn des nächsten Jahres starten soll. Hier haben Bürgerinnen und Bürger dann die Möglichkeit, sich aktiv am Planungsprozess zu beteiligen und Ihre Anregungen und Bedenken zu äußern. Wann dann der erste Spatenstich erfolgt? Das wird noch Jahre dauern - die Öffentlichkeitsbeteiligung stellt schließlich immer noch ein frühes Stadium im Bauleitplanverfahren dar.