Gelsenkirchen-Buer. In Gelsenkirchen-Buer reift demnächst edler Whisky: Zwei Jungunternehmer haben für ihre Fässer einen spektakulären Standort gefunden.

Es gibt wohl wenige Getränke, deren Herstellung mit so viel Romantik verbunden ist wie der Whisky. Bei Whisky denken die meisten an pittoreske Destillerien in idyllischen schottischen Tälern, wo die Fässer im Halbdunkel historischer Lagerhallen jahrelang vor sich hinreifen. An Zechen denkt beim Thema Whisky vermutlich niemand. Und auch nicht zwingend an Gelsenkirchen. Das soll sich aber bald ändern.

Das liegt an drei Menschen: Andree Stryewski, Björn Nessmann und Klaus Herzmanatus. Die ersten beiden sind für den Whisky verantwortlich, der dritte für die Zeche. Stryewski und Nessmann haben vor einigen Jahren die Firma „Ruhrpott Whisky“ gegründet. Selbst große Fans des hochprozentigen Getränks, hatten die beiden Studienfreunde irgendwann überlegt, ob sie den Whisky nicht selbst herstellen wollen. Selbst zu brennen: Das war zu aufwendig, dazu braucht es zu viele Gerätschaften und auch Know-how. Stattdessen entschieden sich die beiden für einen Mittelweg: Das Brennen des Whiskys übernimmt die Sprockhöveler Brennerei Habbel, Stryewski und Nessmann kümmern sich um die Lagerung.

Whisky zieht demnächst von Herten nach Gelsenkirchen um

Die macht bekanntlich bei der Whiskyherstellung einen wichtigen Teil aus. Zur Erinnerung: Whisky wird aus Getreide, in der Regel aus Gerste, gebrannt. Dabei wird die gemälzte Gerste mit Wasser und Hefe versetzt, das dabei entstehende Gebräu, das einem einfachen Bier ähnelt, wird dann mehrfach destilliert. Das Destillat wird in Holzfässer gefüllt, die mindestens drei Jahre, meistens länger, gelagert werden. Dabei gehen viele der Geschmacksstoffe des Fasses in den Whisky über.

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„Wir lagern unseren Ruhrpott-Whisky, wie es sich gehört, auf einer Zeche“: Das war im Grunde die Ursprungsidee von Andree Stryewski und Björn Nessmann. Auf der ehemaligen Zeche Schlägel und Eisen in der Nachbarstadt Herten fanden sie einen Raum, in dem sie ihren Whisky lagern konnten. 2021 gebrannt, konnten sie nach den vorgeschriebenen drei Jahren Mindestlagerzeit in diesem Jahr den ersten Whisky auf Flaschen füllen. Zwei Sorten haben die beiden bislang im Angebot: den etwas milderen „Schlägel und Eisen“ sowie den deutlich rauchigeren Whisky der Marke „Maschinenhalle“.

Doch einer der beiden Räume auf Schlägel und Eisen darf nicht mehr weiter verwendet werden. Es mussten also neue Räume in einer Zeche her, um auch zukünftig weiter wachsen zu können, und diese wurden schnell gefunden. „Ich hatte schon vorher einmal Kontakt zu Klaus Herzmanatus aufgenommen“, berichtet Andree Stryewski. Die beiden fanden sich schnell sympathisch – und so gibt es bald Whisky auf Hugo.

Im Fördermaschinenhaus fand sich ein Plätzchen für die Fässer

Neuer Lagerort für den Whisky: Klaus Herzmanatus vor dem Schacht 2 der ehemaligen Zeche Hugo.
Neuer Lagerort für den Whisky: Klaus Herzmanatus vor dem Schacht 2 der ehemaligen Zeche Hugo. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Klaus Herzmanatus muss man in Gelsenkirchen eigentlich nicht vorstellen. Der ehemalige Bergmann und Betriebsratsvorsitzende der Zeche Hugo hat sich nach der Schließung des Bergwerks im Jahr 2000 dafür eingesetzt, dass Hugo nicht vom Erdboden verschwindet. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gründete er den Förderverein Schacht 2, und das mit Erfolg: Der Förderturm über dem besagten Schacht 2 der Zeche blieb stehen und ist seitdem Denkmal, in der dazugehörigen Maschinenhalle finden immer wieder Veranstaltungen statt.

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„Andree hat mich gefragt, ob wir auf Hugo irgendwo noch ein Plätzchen hätten, wo man Whisky lagern könnte“, erzählt Klaus Herzmanatus. Hatte er: Im Keller des Fördermaschinenhauses. „Ich fand das eine tolle Idee“, sagt Herzmanatus, und bestätigt ebenfalls: „Die Chemie zwischen uns stimmt.“

Im Oktober: Tasting im Bergbauambiente

Demnächst – der Zeitpunkt steht noch nicht fest – sollen die Fässer also von Herten nach Buer umziehen, dann reift das „Wasser des Lebens“, wie Whisky auch genannt wird, unter dem Förderturm von Hugo. Der Umzug werde eine logistische Herausforderung, sagt Andree Stryewski: „Wir müssen 3500 Liter Alkohol bewegen.“ Trotzdem: Er freut sich auf den neuen Standort – zu dem er auch einen familiären Bezug hat. „Auf einem alten Foto, das Bergleute auf der Zeche Hugo zeigt, habe ich meinen Großvater wiedererkannt“, sagt Stryewski.

Wer einmal probieren will, wie der Zechenwhisky schmeckt, der hat an zwei Tagen im Oktober dazu Gelegenheit, und das direkt vor Ort. Am 11. und 12. Oktober findet auf dem Zechengelände ein Tasting statt. „Das machen wir stilecht in unserer Bergbaustrecke“, sagt Klaus Herzmanatus: In einem „Tunnel“ haben er und seine Mitstreiter eine Strecke nachgebaut, wie man sie früher unter Tage gefunden hat. Dort sollen Interessierte dann den Whisky probieren können. Wer nicht so lange warten möchte: Auch am 14. September bietet „Ruhrpott Whisky“ ein Tasting an, dann in der Buchhandlung Kottmann in Buer.

Den im Juni abgefüllten Whisky gibt es jetzt zu kaufen – entweder im Internet, oder in der Buchhandlung Kottmann sowie bei „Vom Fass“ in Buer.