Gelsenkirchen-Buer. Der Gelsenkirchener Andree Stryewski lagert Whisky unter einer Zeche. Jetzt füllt er ein besonderes Fass ab. Dafür hat er einen schönen Grund.

Nein, in diesem Punkt versteht Andree Stryewski keinen Spaß. „Wenn mein Sohn im Jahr 2041 die Flasche Whisky aufmacht und sie mit Cola trinkt, dann wird er enterbt“, sagt der Gelsenkirchener – und zwinkert dabei natürlich mit den Augen. Zumindest ein bisschen. Whisky? Das Jahr 2041? Dahinter steckt eine außergewöhnliche Idee.

Stryewski betreibt gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Björn Nessmann die Firma „Ruhrpott Whisky“. Die beiden haben sich der Herstellung des schottischen Nationalgetränks verschrieben. Ihr Whisky soll allerdings nicht in den Highlands, zwischen idyllischen Bergen und Flüssen reifen – sondern unter einer waschechten Ruhrgebietszeche. Genau gesagt der Hertener Zeche Schlägel und Eisen, einen Whiskyglaswurf entfernt von der Buerschen Stadtgrenze.

Der Gelsenkirchener lagert den Whisky auf einer alten Zeche

Im Sommer 2021 haben die beiden ihren ersten Whisky gebrannt – beziehungsweise brennen lassen. „Wir haben erst überlegt, ob wir den Whisky auch selbst brennen sollen“, erzählt Andree Stryewski. Schnell wurde den beiden Freunden aber klar: Das ist zu aufwendig. Also nahmen sie Kontakt zur Sprockhöveler Brennerei Habbel auf. Dort wird die Spirituose gebrannt – „zumindest die Lagerung wollten wir aber selbst übernehmen“, sagt Stryewski. Welcher Art der Lagerplatz sein sollte, das war den beiden klar: „Natürlich eine Zeche.“

Seit 2021 liegen die Fässer jetzt unter der Maschinenhalle auf Schlägel und Eisen – weil vorgeschrieben ist, dass ein Whisky mindestens drei Jahre lagern muss, um Whisky heißen zu dürfen, können die ersten Flaschen erst im Mai 2024 abgefüllt werden. Geld verdienen können die beiden, die das Ganze nebenberuflich machen, aber schon jetzt: Wer will, kann einen „Anteilsschein“ an einem Fass erwerben. Damit hat man später, wenn es soweit ist, das Anrecht auf eine Flasche. In der Whisky-Community ist die Neugier auf den Whisky aus dem Pott schon groß.

Darum soll der Whisky bis zum Jahr 2041 liegen bleiben

Und auch privat läuft es gut bei Andree Stryewski: Gerade ist er Vater eines Sohnes geworden. Und wie es sich für einen echten positiv Whisky-Verrückten gehört, hat ihn dieses Ereignis auf eine Idee gebracht: „Ich fülle jetzt einen Whisky ins Fass – und lasse es bis zu seinem 18. Geburtstag liegen.“ An dieser Stelle muss ein kleiner Einschub zum Thema Whisky-Herstellung folgen, konkret zum Thema Single Malt, den Whisky, um den es geht. Aus gemälzter Gerste gebrannt, muss ein Whisky, wie gesagt, drei Jahre in Fässern, in der Regel Eichenfässern lagern, bevor er auf Flaschen gefüllt wird. Dort entwickelt er seinen Geschmack, je länger er im Fass liegt, desto mehr Aromen nimmt er über das Holz auf.

„Für den Geburtstagswhisky meines Sohnes verwenden wir ein Fass, in dem zuvor Bourbon-Whisky gelagert wurde“, erzählt Stryewski. Dass Fässer genommen werden, die vorher andere Getränke beherbergt haben, ist üblich, am häufigsten sind es Ex-Bourbon oder Ex-Sherry-Fässer. Oft kommt ein Whisky kurz vor dem Ende der Lagerzeit noch einmal in ein anderes Fass, um eine weitere Geschmacksnuance hinzuzufügen – das soll auch hier der Fall sein. „Nach 17 Jahren lasse ich darüber abstimmen, welches Finish der Whisky bekommt“, sagt Stryewski – zur Wahl könnten dann zum Beispiel ein Ex-Rotwein- oder ein Ex-Cognac-Fass stehen, das sei noch nicht entschieden.

Freunde können sich an dem Fass beteiligen

Abstimmen? Genau: Das Fass „gehört“ nicht alleine Andree Stryewski. Familienmitglieder, Freunde und ausgewählte Kunden konnten sich nämlich Anteile an dem Whisky sichern: Für 240 Euro konnten die das Recht auf etwa sieben Flaschen erwerben, die sie am Ende der 18 Jahre erhalten. „Im Endeffekt wollen wir eine richtige Fassteilung ohne Gewinnabsicht machen, bei der die Kosten eins zu eins umgelegt werden und jeder dann seinen Anteil am Ende erhält“, sagt Stryewski. Ein bisschen ehrfürchtig werde ihm zumute, wenn er sich die Jahreszahl vor Augen führt: „2041! Wie alt wir dann alle sein werden!“.

Am kommenden Samstag wird das Fass feierlich befüllt – und lagert dann die nächsten Jahre unter dem Förderturm der Hertener Zeche. Wenn es auf Flaschen gezogen wird, ist Andree Stryewskis Sohn 18 Jahre alt – und dürfte damit legal Alkohol trinken. Vorausgesetzt, im Jahr 2041 gelten immer noch dieselben Regeln wie heute. Ob der Whisky ihm dann schmeckt – das bezweifelt der Gelsenkirchener. „Ich habe ein paar Jahre mehr gebraucht, bis ich Whisky zu schätzen gelernt habe“, sagt Stryewski. Dass es aber ein Unding ist, guten Single Malt mit Cola zu vermischen: Das wird er seinem Sohn in dieser Zeit wohl beigebracht haben.

Mehr Infos zum Thema „Ruhrpott Whisky“ gibt es im Internet unter ruhrpott-whisky.de.