Gelsenkirchen. Sinan Alkan hält die Filmkultur in seiner Videothek in Gelsenkirchen-Hassel lebendig, wo Klassiker und Neuheiten echte Filmfans anziehen.
Dass ein Ladenlokal wie das von Sinan Alkan so selten ist, dass es fast musealen Wert hat, weiß er selbst. Gab es einst tausende Videotheken in Deutschland, seien es heute weniger als fünfzig. „Salko“ an der Polsumer Straße ist eine davon. Bis heute jedoch ist sie ein lebendiger Ort, an dem echte Filmliebhaber einander begegnen und Tipps austauschen, welchen „Streifen“, der schon längst nur noch eine schillernde Platte ist, man unbedingt sehen muss.
Der Laden lebt von der Liebe des Chefs und auch seines einzigen Mitarbeiters, Achim Backhaus, zum Film. Die bestimmt bei Sinan Alkan schon sein ganzes Leben. „Mit zwölf Jahren hatte ich meinen ersten Job in Vorbergs Videocenter an der Horster Straße. Mein älterer Bruder arbeitete damals im Kino, im KV Theater in Buer. Da kam meine Begeisterung her. Jeden Sonntag durften wir kostenlos ins Kino. Da liefen dann türkische Filme.“
Jede Woche kommen Neuheiten
Im vorderen Bereich des Ladenlokals, das früher einen Supermarkt beheimatete, stehen Filme zum Kauf angeboten. Dahinter kann stöbern, wer sich einen Film ausleihen möchte. Beratung gibt es, falls notwendig, auch. „Wenn jemand zum Beispiel etwas Lustiges sucht, frage ich zuerst, was er bisher lustig fand“, sagt der Hasseler Unternehmer. Dann spreche er Empfehlungen aus. Viele der Filme nämlich hat er selbst gesehen, so filmbegeistert wie er ist. „Anders funktioniert das gar nicht. Ich muss die Filme ja auch bestellen.“
Von rund einhundert Neuheiten im Monat kaufe er etwa vierzig ein. Die Hälfte davon sei im Kino gewesen. Bei der anderen Hälfte braucht es seine Spürnase für erfolgreiche Geschichten. Denn: „Manchmal laufen Filme im Verleih viel besser als im Kino.“ Und so stehen vorne in den ersten Regalen die Neuheiten. Jene gibt es als DVD und Blu ray, manchmal auch im Kinoformat 4 K. „Das gibt es seit zwei, drei Jahren auch für den Heimgebrauch.“
Die „Star Wars“ Filme laufen noch immer gut
Danach folgen Regale mit Film-Klassikern. Zum Teil haben die schon fast 50 Jahre auf dem Buckel – und werden immer noch regelmäßig ausgeliehen. „Das Leben des Brian“ sei dafür ein gutes Beispiel. Und natürlich die „Star Wars“ Filme, denen hier eine eigene Ecke im Regal gewidmet ist. Einige Filme, erzählt Sinan Alkan, müsse er auch noch unbedingt anschauen. Welche? „Girl You Know It’s True. Die Geschichte interessiert mich sehr. Und auch der Film: Priscilla. Der erzählt die Geschichte von Elvis aus ihrer Sicht.“ Es wird deutlich, das Herz des Geschäftsmannes schlägt ebenso für die Musik. „Ja, auf jeden Fall. Am Anfang war ich CD-Ankäufer in einem CD-Verleih. Da begann meine berufliche Laufbahn – aus Leidenschaft. Das ist bis heute so. Ohne Musik geht bei mir nichts. Deswegen läuft auch hier im Laden immer Musik.“
Das habe ihm auch in den schwierigen Zeiten geholfen, als er den Laden gerade eröffnet hatte. Der Branche sei er immer treu geblieben, habe zuletzt bei „Atlantis“ gearbeitet, obwohl er gelernter Schlosser sei. Nach der Schließung der Videothek jedoch sei er aus dem Beruf zu lange raus gewesen. „Und da habe ich gesagt, ich versuche es hier.“ Elf Jahre ist das nun her. „Der Anfang war hart. Ich habe es geschafft, aber ich musste auch einmal kurz durch die Hölle gehen.“
Familienfilme von „Arielle“ bis „Zoomania“
Der Rundgang geht weiter: In der Nähe des Schaufensters gibt es eine riesige Abteilung für kleine Filmfreunde und die ganze Familie. Von „Arielle“ bis „Zoomania“ steht hier alles in den Regalen, was es für ein kuscheliges Wochenende vor dem Fernseher braucht. Hier deutet sich ein Problem an: So richtig gute Geschäfte macht Sinan Alkan besonders bei schlechtem Wetter. Der Sommer ist somit nicht die allerbeste Zeit für ihn.
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Überhaupt: Für viele Menschen scheint der Laden aus der Zeit gefallen. Schließlich kann, wer will, sich alle Filme per Streaming-Dienst ins Haus holen. „Ich habe selbst auch die Streamingdienste“, sagt Alkan. „Aber am Ende schaut man sich doch nur eine kostenlose Alternative an zu dem, was man eigentlich sehen wollte, und schaut dann mehr auf sein Handy als auf den Bildschirm. Wenn ich mir hier einen Film ausleihe, ist das anders.“
So sieht das auch Stammkunde Carsten. „Ausschlaggebend war mal, dass unser Internet so schlecht ist, dass ich keinen ausreichenden Empfang habe. Aber hier gibt es ja noch viel mehr als DVDs: Die Gespräche, die man führt über Filme.“ Es sei ein Treffen von Filmliebhabern. „Die zum Teil auch ganz andere Interessen haben. Dadurch lernt man dann Neues kennen. Hier bekomme ich neutrale, echte Filmempfehlungen.“ Wie oft er hier sei? „Wöchentlich kommen die neuen Filme. Und dann komme ich auch vorbei.“ Dann ergänzt er noch: „Und die Auswahl hier ist gigantisch!“
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Der Rundgang endet im Eingangsbereich, wo es viele Artikel für Filmfans zu kaufen gibt. Originale Filmposter, zum Beispiel. „Die konnte man früher bei Karstadt kaufen“, sagt Sinan Alkan und lacht. Daneben finden sich „Star Wars“-Aufsteller ins Lebensgröße und auch Tassen, Plüschtierchen und sogar die Snacks zum Filmabend. Das alles bietet der Videotheken-Inhaber an, weil der Filmverleih allein für den wirtschaftlichen Betrieb nicht ausreicht. Daneben ist der Laden ein Paket-Shop der DHL und sogar Kopien kann man hier machen.
Die Zukunft sehen Sinan Alkan und Mitarbeiter Achim Backhaus dennoch realistisch. „Es wird bestimmt nicht besser. Die Jugend weiß ja gar nicht mehr, dass es Videotheken überhaupt gibt“, sagt der Angestellte. Deswegen sei der Museumsgedanke gar nicht so weit hergeholt, scherzen beide. Solange jedoch eine solch gute Gemeinschaft hier herrsche, die vielen Kunden kämen, trotze man dem Zeitgeist. Vieles könnten Streaming-Dienste eben auch nicht leisten, sagt Achim Backhaus. „Wichtig ist doch auch der persönliche Kontakt zu den Menschen, das Gespräch über Gott und die Welt.“ Dann lacht er, stützt die Arme auf „seine“ Theke und sagt: „Ich fühle mich hier manchmal wie ein Barkeeper.“