Gelsenkirchen. Wer eine Sozialwohnung möchte, benötigt einen Wohnberechtigungsschein. Damit ist es aber nicht so einfach, klagt ein Gelsenkirchener Vermieter.

„Die Leute springen mir ab!“ – wenn Privatvermieter Gerhard Samuel Philipzik über die Vermietungen seiner Wohnungen spricht, dann kann der Gelsenkirchener seinen Frust schwer bändigen. Insbesondere für die vereinzelten Sozialwohnungen in seinem Bestand sei es aktuell sehr schwierig. Zum einen, weil es immer mühseliger sei, „vernünftige Leute“ zu finden. „Aber der Hauptverhinderungsgrund“, sagt der 70-Jährige, „der ist, dass man so lange auf die Bearbeitung von Wohnberechtigungsscheinen warten muss.“

Die Scheine, kurz WBS genannt, dienen dazu, den Zugang zu Sozialwohnungen zu regeln. Sie bestätigen, dass eine Person oder ein Haushalt berechtigt ist, eine staatlich subventionierte Wohnung zu mieten, die günstiger ist als die Angebote auf dem allgemeinen Mietwohnungsmarkt. In Gelsenkirchen gibt es nach Angaben der Stadt 10.690 öffentlich geförderte Wohnungen mit Sozialbindung und Mietpreisbegrenzung. Das entspricht etwa zehn Prozent des gesamten Mietwohnungsbestandes in der Stadt.

Bis zu sechs Wochen Wartezeit für den WBS in Gelsenkirchen: „Das ist zu lange!“

Es gibt „allgemeine“ WBS, mit denen Berechtigte die grundsätzliche Möglichkeit erhalten, eine öffentlich geförderte Wohnung zu mieten. Dann gibt es aber auch „gezielte“ WBS, den ein Antragsteller erhält, wenn er eine Vermieterbescheinigung über eine ganz bestimmte Wohnung vorzuweisen hat.

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 Vor einigen Jahren, das sagt Philipzik, hätte er nur wenige Tage warten müssen, bis so ein WBS hätte ausgehändigt werden können „Das ging quasi über Nacht – jetzt muss man sechs Wochen warten“, sagt er. Aus Philipziks Sicht eine viel zu lange Zeit, um ein Mietverhältnis in trockene Tücher zu bringen. In der Zeit würden sich die Interessenten zum Beispiel schon woanders umsehen. „Und was mache ich mit neuen Interessenten, die sich in der Zeit für die Besichtigung melden?“

Jüngst wollte es Philipzik mit ukrainischen Kriegsvertriebenen in einer seiner frisch renovierten Wohnungen an der Wilhelmstraße versuchen. „Wirklich nette Leute“, sagt er. Aber aufgrund der langen Wartezeit sei das Mietverhältnis dann doch nicht zustande gekommen. „Das macht alles kaputt“, sagt er.

Angespannte Personalsituation bei der WBS-Abteilung der Stadt Gelsenkirchen

Bei der Stadtverwaltung gesteht man auf Nachfrage, dass sich die Bearbeitungszeit aufgrund der Personalsituation aktuell in der Tat verlängern könne. In der Abteilung „Wohnungswesen“ im Stadtplanungsreferat, dort, wo die WBS bearbeitet werden, würden aktuell vier Mitarbeiterinnen arbeiten, davon zwei in Teilzeit. „Eine weitere Mitarbeiterin nimmt zusätzlich parallel an einem Verwaltungslehrgang teil“, erläutert Stadtsprecher Martin Schulmann. Und drei Mitarbeiterinnen seien noch nicht so lange im Team beschäftigte. Eine weitere Stelle sei seit März 2024 unbesetzt, im September will man sie neu besetzen. Kurzum: Die Personallage könnte besser sein.

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Aber: Viele Klagen wie die von Gerhard Samuel Philipzik über eine besonders lange Dauer der WBS-Bearbeitung nehme man noch nicht entgegen. „Beschwerden oder Nachfragen von privaten Vermietern kommen kaum vor“, sagt Schulmann. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit betrage aktuell zwei bis vier Wochen – „sofern der Antrag vollständig vorliegt“. Denn wie viel Bearbeitungsaufwand hinter einem WBS-Antrag steckt, das richtige sich ganz deutlich nach dem individuellen Fall.

„Beschwerden oder Nachfragen von privaten Vermietern kommen kaum vor.“

Stadtsprecher Martin Schulmann

Geprüft wird unter anderem die Vollständigkeit der Unterlagen, die Anzahl der Personen, die Höhe und Art des Einkommens (z. B. selbständig oder angestellt). Anschließend erfolgt die Berechnung, ob die Einkommensgrenzen eingehalten sind. Diese betragen 20.420 Euro Jahreseinkommen für einen Ein-Personen-Haushalt, 24.600 Euro bei einem Zwei-Personen-Haushalt, 5660 Euro für jede weitere Person im Haushalt.

Gelsenkirchener Vermieter: „Solche Sachen müssten eigentlich schnell erledigt sein“

„Wird eine Überschreitung der Einkommensgrenze festgestellt, dann wird ein Ablehnungsbescheid nach vorheriger Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller erstellt, auch um zu prüfen, ob dem Antragsteller alternative Zugangsmöglichkeiten zu einer Wohnung ermöglicht werden können“, sagt Stadtsprecher Schulmann. 2023 seien insgesamt 1096 WBS erteilt worden, bis zum 31. Juli dieses Jahres zählt die Stadt bislang 664 erteilte WBS.

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Dass die Anträge, die seine Interessenten einreichen, wirklich lückenlos abgegeben werden, könne Philipzik als Vermieter nicht versichern, betont er. Seinen Interessenten werde aber unabhängig von ihrer individuellen Situation in Aussicht gestellt, dass man lange warten muss. „Direkt am ersten Tag wird ihn vom Amt gesagt, dass es fünf bis sechs Wochen dauern wird“, schildert er seine Erfahrungen. Fatal sei das „in einer Zeit, in der Wohnungen dringend gesucht werden.“ Für den Privatvermieter ist klar: „Solche Sachen müssten eigentlich schnell erledigt sein.“