Gelsenkirchen. Einen Tiergarten hatte die Stadt schon vor 125 Jahren. Heute vor 65 Jahren öffnete dann der Ruhr Zoo am Rhein-Herne-Kanal in der Grünanlage Bismarckhain. Manch Tier-Oldie in den Gehegen wie Eisbärin Antonia oder Seelöwenbulle Paris machte den Wandel zum Zoom mit.

Rosl, die schwergewichtige Flusspferd-Dame ist Ende April 2012 verschieden. 53 Jahre war sie damals alt – und ein Wahrzeichen für den alten Ruhr Zoo und später für die Zoom Erlebniswelt. Wie andere Oldies auch: Die kurzbeinige Eisbärin Antonia hat schon im Zoo gelebt, als dort die Erlebniswelt Alaska nur kühne Vision war. Oder Seelöwenbulle Paris. Auch er gehört zur alten Belegschaft. Millionen Menschen haben diese Tiere gesehen. Sie stehen für Vergangenheit und Gegenwart im „Bismarckhain“ – der Grünfläche südlich des Rhein-Herne-Kanals, die lokale Zoo-Geschichte schrieb.

Vor 125 Jahren entschloss sich Karl Cofflet, sein Grundstück an dieser Stelle in einen Tiergarten zu verwandeln. Er eröffnete 1889 eine Gastwirtschaft und nutzte die Einnahmen dafür, nach und nach den Besuchern auch recht Exotisches wie Mungos, Schweinsaffen oder Schlangen näher zu bringen.

Erster zoologischer Garten nach dem zweiten Weltkrieg

Den Gründungsbeschluss für den deutschlandweit ersten neuen Zoologischen Garten nach dem Zweiten Weltkrieg fasste die Stadtverwaltung 1948. Sie setzte dabei auf kaufmännisches Engagement. Heute vor 65 Jahren, am 14. April 1949, wurde schließlich der Zoo eröffnet. Die Tierhandelsfirma L. Ruhe hatte durch ihre weltweiten Kontakte mehr als 300 Tiere ins Revier geholt. Bären, Wölfe und Affen, Schafe, Zebras, Kamele und auch ein Elefant gehörten dazu.

Sonderveranstaltungen wie die Afrika Schau gehörten früher zum Zoo-Programm. Und für den Spaß zwischendurch war Onkel Fipsi zuständig.
Sonderveranstaltungen wie die Afrika Schau gehörten früher zum Zoo-Programm. Und für den Spaß zwischendurch war Onkel Fipsi zuständig. © Zoom | Unbekannt

Die Stadt war Eigentümerin des 20 Hektar großen Geländes und der Gebäude, Ruhe übernahm den Betrieb, stellte das Personal und den Tierbestand. Die Kooperation trug bis in die 1990er Jahre.

Rund 20 Mio. Gäste besuchten in den ersten 40 Jahren den Ruhr Zoo und bestaunten manche Neuerung: 1952 wurde das Menschenaffenhaus eröffnet, die ersten Orang Utans zogen ein. 1970 entstand auf 1,4 Hektar die Afrika-Savanne. Eine Geburt bewegt die Gelsenkirchener besonders: Am 26. Juni 1973 kam Rani zur Welt, eine asiatisches Elefantenbaby.

Arena-Späßchen mit Onkel Fipsi

Zum Bild des Zoos gehörten die Elefanten hinterm Beton-Graben, die Papageien am Eingang, das historische Kassengebäude (mittlerweile ein Denkmal), die alten Zoo-Terrassen. Mit Kurzweil im Zoo verband man damals Ponyreiten, wilde Safari-Shows und die Späßchen in der Arena mit Onkel Fipsi, dem Zoo-Clown.

Die Elefanten gehörten zu den Publikumsmagneten im Zoologischen Garten.
Die Elefanten gehörten zu den Publikumsmagneten im Zoologischen Garten. © WAZ | Unbekannt

Doch irgendwann in den 1980er Jahren scheint das alles nicht mehr finanzierbar – und etwas später auch nicht mehr zeitgemäß. Die finanziell angeschlagene Stadt sucht nach einem neuen Investor für ihren Zoo. Die Bevölkerung setzt sich mit Unterschriftenaktionen für den Erhalt und gegen eine Schließung ein. 1987 wird der Zoo-Förderverein gegründet. Doch die Zukunft bleibt ungewiss. 1991 steigen die Stadtwerke ein. Die Firma Ruhe, schließlich im Konkurs, tritt nun ihre verbliebene Drittelbeteiligung am Unternehmen ab.

Was fehlt, sind allerdings neue Konzepte. Die reifen bis 2000. Dann steht der (Finanz)-Plan: Als Investor tritt die GEW, die Gesellschaft für Energie und Wirtschaft an. Mit Unterstützung von Stadt und Land investiert sie 91 Mio. Euro in die konsequent naturnahe Umgestaltung des Zoos auf über 30 Hektar Fläche. Das Afrikanische Dorf und der Grimberger Hof sind jetzt erste Zoom-Elemente. Eröffnet wird schließlich im Sommer 2005: Eine Riesenbaustelle hat sich in Alaska verwandelt. Afrika folgt 2006, Asien 2010.

TierparkFrühes Wochenendvergnügen in Karl Cofflets Tiergarten

Die Anfänge waren bescheidener: „Da zieht der Bergmann und Arbeiter mit Frau und Kind nach Coffletts Tiergarten und zeigt seinen Kleinen die hübschen Vögel und Tierchen, und jauzend sieht die Kinderschar den Sprüngen der Affen zu“ – so beschreibt der Autor A. Hertz die frühen Sehenswürdigkeiten in Karl Cofflets Tiergarten in Gelsenkirchen und stellt auch ungeniert fest: „Während im Restaurant der Becher von schöner Hand gereicht wird, hat im Garten ein Neger die Bedienung übernommen.“

1889 entstand die Anlage mit „allerlei Raubgetier“, Affen, aber auch Hamstern, Ratten, Hühnervögeln und, besonders beachtet, einem „1 m langen Alligator“. Bis zur Geburtsstunde des späteren Ruhrzoos (den Namen beschließt der Stadtrat übrigens erst 1951) sollten von der Gründerzeit an noch Jahrzehnte vergehen.