Gelsenkirchen.

Monatelang klebten alte Zeitungen an den Schaufenstern. Blickdicht war das Ladenlokal an der Hauptstraße 12, in dem viele Wochen offensichtlich ordentlich geschuftet wurde.

Denn seit Dienstag erstrahlen die 110 Quadratmeter in ganz neuem Glanz und sind der ganze Stolz von Güven Dere. Der 26-Jährige hat sich seinen Traum erfüllt. Seinen Traum von einem eigenen Frisör-Salon, der den schmucken Namen „KammHair“ trägt.

"Wie Lotto"

Der Frisör-Geselle ließ Kamm und Schere zuvor als Angestellter in einem Salon an der Arminstraße walten. Der Weg zum eigenen Laden war wohl überlegt. „Ich bin noch jung und habe keine Kinder. Wenn Nachwuchs einmal da ist, dann geht man das Risiko nicht mehr ein. Denn es ist ja schon ein bisschen wie Lotto“, sagt der Existenzgründer. Vor einem halben Jahr hat er den Entschluss gefasst und auch der Schritt in die Hauptstraße war von Dere genau geplant. „Es ist die älteste Einkaufsstraße in Gelsenkirchen, die jetzt neu belebt werden soll. Dabei möchte ich helfen, denn es wäre zu schade, wenn die Hauptstraße sterben würde.“

Damit die alte Straße wieder einen echten Augenfang bekommt, hat sich Dere mächtig abgerackert. Drei Container Holz mussten raus. Die Deckenpaneelen runter, die Wandverkleidung raus. An das alte Oberbekleidungsgeschäft erinnert nichts mehr.

Goldene Säulen und Tapete mit gülden barockem Muster

Modern und klar ist der Laden jetzt. Weiß die Tische, schwarz die Ledersessel und die Halterungen für die großen runden Spiegel. Audrey Hepburn und Marylin Monroe schauen dem Treiben an den acht Frisierplätzen zu. Goldene Säulen und Tapete mit gülden barockem Muster runden das Bild ab. Kurzum: Im Friseursalon ist es richtig schnittig.

Wer es nicht besser weiß, der könnte meinen, er sei in einem neuen Szene-Club gelandet. Aus Lautsprechern schallt Pop- und Elektromusik. Der Salon hat echten Style-Faktor.

„Wir wollen die Kunden ab 20 in unseren Laden locken. Und wir sind Multi-Kulti“, sagt der Chef und darauf legt er gesteigerten Wert. Türkische Zeitschriften? Fehlanzeige. Türkische Musik? Fehlanzeige. „Nein, sowas will ich hier nicht haben. Ich habe Deutsche, Italiener, Türken und Menschen vieler weiterer Nationalitäten als Kunden“, sagt Güven Dere, der seit 1999 in Deutschland lebt.

"Man muss das Land mögen, in dem man lebt und sich anpassen."

Deutsche Tugenden hat er sich längst zu eigen gemacht. „Man muss das Land mögen, in dem man lebt und sich anpassen.“ Pünktlichkeit und Genauigkeit spielen für den 26-Jährigen eine große Rolle und das erwartet er auch von seinen Angestellten. Mit Klaudia Koliqi und Zeynep Kavas haben schon drei Menschen Arbeit im neuen Salon gefunden. Mindestens eine weitere Kraft soll noch hinzukommen.

Beim Verlassen des Salons fällt dann aber doch ein kleiner „Stilbruch“ ins Auge. Über der Tür hängt ein Bild mit goldenem Rahmen. Ein muslimischer Spruch ist auf blauem Grund zu lesen. „Alles beginnt mit einem Gebet“ steht da. „Ein Geschenk“, sagt Dere, lacht und greift schon wieder zur Schere. Es gilt, mit deutscher Pünktlichkeit den nächsten Termin einzuhalten.

Öffnungszeiten

Ganz den deutschen Gewohnheiten entsprechend, hält Güven Dere die Türen seines Frisör-Salons montags geschlossen. Dienstags bis freitags ist dafür aber von 9 bis 19 Uhr geöffnet. Samstag können die Kunden von 9 bis 16 Uhr in den Salon an der Hauptstraße 12 strömen.